Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

In Deutschland ist in der Fläche das Modell des HR-Generalisten etabliert, bei dem die volle Wertschöpfungskette der Personalarbeit von diesen Kollegen übernommen wird. Dazu gehört auch die Einstellung von neuen Kollegen. Natürlich ist dieses Modell für viele Unternehmen qua ihrer Größe und nötiger (oder eben nicht nötiger) Skalierung bestens geeignet. Dennoch bleiben die Herausforderungen dabei meist auf der Strecke, wie man vorurteilsfrei Mitarbeiter selektiert. Oder weiter vorne angefangen, wie macht man eine Sourcing-Strategie, wie eine Zielgruppenanalyse, wie segmentiert man diese, mit welchen Instrumenten erreiche ich diese. In Ermangelung dieser Vertiefung steckt die halbe Welt noch in der Methodik “post & pray” – wir schalten eine Anzeige und beten, dass sich jemand bewirbt. Und dann kommen wir wieder ins Arbeiten.

“Wann hat Noah die Arche gebaut?” – “Vor der Sintflut”. Die beste Empfehlung ist aus meiner Sicht frei nach Noah:

Stellen Sie eine starke Recruiterin/einen starken Recruiter ein, bevor Sie glauben, sie bräuchten einen!

Recruiterinnen und Recruiter, bleiben wir einfach beim englischen Job-Begriff “Recruiter”, sind flächendeckend Einstiegspositionen in den klassischen HR-Abteilungen. Die meisten Recruiter arbeiten dort für zwei oder drei Jahre und springen dann in andere Bereiche. Wenige bleiben der Profession erhalten und gehen über Team- und Abteilungsleiter die Karriere innerhalb des Recruitings weiter. Wir haben in der Recruiter-Karriere offenbar noch ein Problem mehr, nämlich das der Anerkennung für die Wertschöpfung und die Wirksamkeit dieser Funktion.

Ich habe es oft erlebt, dass die Auslegung “Recruiting ist eine Einstiegsfunktion” sich so massiv manifestiert hatte, dass natürlich auch die Wertschätzung der Fachbereiche für das Recruiting nicht sonderlich höher war. Man erlaubte kaum Mitsprache durch die Recruiter, versuchte mit Bypässen, die Einbindung der Recruiter in die Personalauswahl zu umgehen. Das alles führt doch am Ende zu gar nichts. Dieses innengerichtete Powerplay in den Unternehmen hindert uns daran, die besten Talente für uns zu gewinnen.

Der Talentemangel ist evident und geschäftserfolgskritisch. Gute Recruiterinnen und Recruiter sind sehr hart zu finden. Der Markt ist durch die Talenteknappheit sowieso eng geworden, gute Arbeitskräfte zu finden ist schwierig. Und die Personalauswahl neigt immer öfter dazu, Konzessionsentscheidungen für Kandidaten zu treffen, die vor einigen Jahren vermutlich nicht ins Vorstellungsgespräch gekommen wären. Sie suchen nach einem Weg, dies besser zu machen? Stellen Sie starke Recruiter ein!

Recruiting ist mehr als Bauchgefühl

Heute steht mehr als nur das Betreuen von “post & pray”-Sourcingmaßnahmen in der Stellenbeschreibung eines Recruiters. Wir sind Seismografen für einen notwendigen Wandel unserer Kultur und Führung, der Organisation und der Definition der Karriere in den Unternehmen. Der größte Einfluss auf das Recruiting von außen ist die Digitalisierung. Nach innen ist es die Professionalisierung und Qualifizierung der Personalauswahl und damit des Recruitings. Wir müssen weiter in die Handlungsorientierung und Wirksamkeit der Recruiter investieren. Wie funktioniert verlässliche Personalauswahl ohne Filter? Und wie gewinnen wir die besten Kandidaten mit einer Attitüde „wir bewerben uns bei den Bewerbern“ mit der besten Candidate Experience?

Wir dürfen auch nicht den Kulturwandel vergessen. Meist sind die dienenden Prozesse sehr innengerichtet, auf die Fachbereiche ausgerichtet. Das geht in diesen Zeiten des absoluten Arbeitskräftemangels nicht mehr. Unsere Prozesse müssen auf die Kunden ausgerichtet sein. Und vermutlich ist das keine neue Info, die Kunden des Recruitings sind primär die Kandidaten, sekundär die Fachbereiche.

Unsere Herausforderungen sind groß. Sei es der Arbeitskräftemangel, zu altbackene Kultur, Führung aus den Achtzigern, mangelnde Diversity, unzureichende Personal- und Führungskräfteentwicklung sowie fehlende Kompetenzmodelle. Recruiting funktioniert wie ein Seismograf für notwendige Modernisierungen in unseren Unternehmen. Das ist eine echte Chance, rauszukommen aus den kulturellen Monokulturen aus den Achtzigern. Die Bewerber von heute haben klare Wünsche und Erwartungen an ihre Karriere.

Zukunft des Recruitings

Die Zukunft des Recruitings wird aus meiner Sicht in einer deutlich stärkeren Ausprägung auf die Menschen stattfinden. Wir nehmen die Bewerberin und den Bewerber wieder mehr als Individuum wahr anstelle als Application-ID. Neigungen und Eigenschaften spielen in der Passung eine große Rolle, die Sicht der Fachbereiche auf den Idealkandidaten sind ebenso überholt, wie die Attitüde der Fachbereiche, wenn der Kandidat nicht durch jeden Reifen springt, dass eine Einstellung nicht lohnt. Wir haben eine massive Entwicklung hin zu einem konzentrischen Arbeitnehmermarkt. Die Wünsche der Fachbereiche können da nicht mehr gleichrangig sein.

  • Kandidaten im Zentrum: voller Fokus auf die Kandidaten mit Kommunikation als Schwerpunkt
  • Empathie: weg vom “process pushing”, hin zur Person auf Augenhöhe
  • Digital-Affinität: Umgang mit Daten und Analytics sowie Instrumenten hierfür
  • Business-Orientierung: mit unseren internen Kunden auf Augenhöhe
Zukunft des Recruitings ist praktizierte Amidextrie, Kandidaten im Zentrum, hohes Maß an Empathie, ausgesprochene Digital- und Daten-Affinität sowie eine Business-Orientierung, gepaart mit Kommunikationskompetenz Klick um zu Tweeten

Wir brauchen wieder mehr Zeit, um uns um Talente zu kümmern. In einem hart umkämpften Arbeitsmarkt gilt es, sich wieder intensiv um die Talente zu bemühen. Sie wollen “attrahiert” werden. Wir werden wieder zu einer Einheit, die nicht die Wünsche der Fachbereiche bedient, sondern mit einer vorbildlichen Candidate-Experience die Talente für uns gewinnt! Kampf um gutes Personal: Wandel von der Employer-Experience zur Candidate-Experience. Und natürlich müssen wir uns auch mit Methoden und Instrumenten auseinander setzen, die heute vielleicht ein Nischendasein fristen: Eignungsdiagnostik. Und zwar eine vernünftige. Weitere Erfolgsfaktoren Im Recruiting-Prozess sind Business Acumen – also das Verständnis für unsere internen Kunden -, Digitalkompetenz und Kommunikationsleidenschaft.

Recruiting schaut auf Fachlichkeit, Persönlichkeit, sozio-kulturelle Passung, kognitives Leistungspotenzial, kommunikative Kompetenz, analytische Kompetenz und gegebenenfalls noch Umfeld-Kompatibilität.

Engpassvakanzen: Das Ende von Post & Pray

Umgang mit Daten ist so wichtig. Viele Einstellungsprozesse fußen immer noch auf dem sehr reaktiven Post & Pray. Doch heute leben wir in einer Welt der Talenteknappheit. Die Zeit, in der 90 % der Einstellungen locker abliefen und nur weniger als 10 % unserer Arbeit auf Engpassvakanzen entfielen, sind auch vorbei. Heute ist der Anteil der Engpassvakanzen sehr hoch. Deshalb können wir nicht mehr den tradierten reaktiven Weg des Recruitings gehen. Fachbereich meldet eine Kündigung, wir machen uns auf den Weg, schalten eine Anzeige und beten, dass sich jemand mit der richtigen Qualifikation bewirbt. Das ist reaktives Recruiting.

Heute wissen wir doch schon bei der Analyse der Vakanz mit dem Anforderungsprofil, dass ich mir die typische passive Stellenanzeige schenken kann. Baue ich nicht auf technische Möglichkeiten der Aktivierung dieser, um über Google-Werbung, Profildatenbanken, Social-Media oder weitere Jobbörsen meine Zielgruppe zu attrahieren, scheitere ich und damit mein Arbeitgeber. Und am Ende bleibt für so wichtige Themen, wie Active Sourcing, Steuerung externer Recruiting-Dienstleister viel zu wenig Zeit. Die Sourcing-Strategie und die Sourcing-Taktik sind bei jeder Stellenbesetzung unentbehrlich. Geben Sie den potenziellen Recruitern das Gefühl, dass sie bei Ihnen “top notch” arbeiten können.

Wie gewinnen Sie die Top-Recruiter für Ihr Unternehmen?

Sie brauchen eine Botschaft, welchen Handlungsspielraum Ihre Recruiter genießen, welchen hohen Stellenwert, direkten Zugang zur Unternehmensführung sie haben werden. Und ich denke, wenn Sie Ihren aktuellen Status quo betrachten – die Zukunft wird mit dem Faktor 10 zu multiplizieren sein!

Schaffen Sie ein neues Job-Profil. Ihre Recruiter brauchen neue Spielregeln. Losgelöst von der tradierten Hierarchie zeichnet sie eine hohe Handlungsorientierung, Spielräume dafür, direkten Zugang zur Unternehmensführung und Budget für besondere Maßnahmen aus. Die Recruiter müssen Ihre Zielgruppe spiegeln. Rekrutieren diese Berufserfahrene, können Sie nicht ernsthaft Berufseinsteiger an die Aufgabe setzen.

Mit welcher Story gehen die Recruiter an die Arbeit? Wohin geht Ihre Reise, wieso kommt da jemand mit? Was wollen Sie erreichen, was ist Ihr Beitrag zur Gesellschaft, was haben Ihre Mitarbeiter davon? Die Fragestellungen, um heute Kandidaten zu gewinnen, sind komplex geworden. Letztlich müssen Sie sich mit der “Pitching Story” beschäftigen. Ihre Recruiter brauchen eine Employer-Value-Proposition und Ihre Kandidaten erwarten diese auch!

Geben Sie Recruitern Freiraum. Sie sind nicht nur die Process-Pusher in Ihrer Personalabteilung, sondern – wie oben beschrieben – Ihre Arbeitgeberbotschafter, sie erzählen Ihre Story, sie managen die Wünsche und Erwartungen der Fachbereiche, halten die Kosten in der Kontrolle, beraten über die sinnvollen Personalauswahlinstrumente, sie attrahieren latent suchende Kandidaten und wandeln sie in echte Bewerber, sie achten auf den passenden Fit der Bewerberinnen und Bewerber.

Sorgen Sie für einen Prozess, wo der Recruiter auf Augenhöhe und gleichberechtigt mit dem Hiring-Manager ein Tandem zur Gewinnung potenzieller Mitarbeiter bilden. Der Kandidat im Fokus, keine innengerichteten Abläufe mehr. So kann es gelingen! Viel Erfolg dabei.

Beste Grüße

Ihr Marcus K. Reif

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