Der Markt der Arbeitgebersiegel und Arbeitgeberrankings ist unübersichtlich. Gerne habe ich mich in der Vergangenheit an Sinn und Unsinn von Arbeitgebersiegeln abgearbeitet. Ob es Pro und Contra Arbeitgeber-Siegel und Arbeitgeber-Ranking war, die Welt der Arbeitgebersiegel – wichtig, intransparent und deshalb eine Challenge, Arbeitgebersiegel – das ist ein Biotop und nicht zu durchblickender Dschungel, Bedeutung von Arbeitgeber-Rankings und Arbeitgeber-Siegel im Employer-Branding oder mal ein Vergleich: Ranking-Zeit: Trendence- und Universum-Studien 2015 – Vergleich der deutschen, europäischen und weltweiten Ergebnisse. In der Zeit von 2013 bis 2016 habe ich auf meinem Blog viel Raum für die Arbeitgebersiegel und -Rankings eingeräumt und danach ein wenig die Lust daran verloren.
Inflation der Siegel
Arbeitgeber-Rankings und Arbeitgeber-Siegel sind die Währung des Employer-Brandings. Doch ernsthaft zu erkennen, welche Rankings, welche Siegel und welche Verhaltenskodizes welche Relevanz und Güte haben, fällt auch eingefleischten Experten sehr schwer. Was wir wissen, ist, dass wir nicht ganz genau wissen, wie viele Siegel und Rankings alleine in Deutschland verfügbar sind. In der Spitze gab es zwischen 500 und 800 Siegel, Rankings und Awards in Deutschland oder bestimmten Regionen zu ergattern. Keines davon folgte einer logischen Skala oder einer annähernden Vergleichbarkeit, geschweige denn, dass eine Kosten-Nutzen-Korrelation gegeben wäre.
Zwischenfazit
Im Kern ziehe ich gerne ein Fazit aus den letzten zehn Jahren. Viele dieser Arbeitgebersiegel und Arbeitgeberrankings haben eine wichtige innenorientierte Daseinsberechtigung. Die Wirkung auf den externen Arbeitsmarkt und damit auf die wichtigen Zielgruppen potenzieller Bewerberinnen und Bewerber ist allerdings als gering einzustufen. Ich lasse mich auch gerne korrigieren, aber meiner Meinung nach sind viele Personalabteilungen mangels Transparenz oder Wissen auch bewusst den Schritt gegangen, sich ein Siegel oder einen Award zu besorgen, um nach innen eine gewisse Berechtigung für ihr Tun zu erhalten.
Arbeitgebersiegel haben eine hohe Innenorientierung, aber eine zu vernachlässigende Außenwirkung auf potenzielle Bewerberinnen und Bewerber. Sie dienen eher als Argument und Daseinsberechtigung im Recruiting und Employer-Branding Share on XNew Work SE startet New-Work-Arbeitgebersiegel
Sie fragen sich jetzt sicherlich, wieso ausgerechnet jetzt mein Blog wieder über die Arbeitgebersiegel schreiben muss? Das hier ist der Stein des Anstoßes. Die New Work SE, vormals Xing AG, will ein Arbeitgebersiegel auf den Markt bringen. Es soll Firmen honorieren, die ein mitarbeiterorientiertes Arbeitsumfeld schaffen.
#NewWork wird wissenschaftlich messbar! Zusammen mit der @hhlleipzig wurde das #NEWWORKARBEITGEBERSIEGEL entwickelt. Mitarbeiterzufriedenheit & Unternehmenserfolg gehen Hand in Hand, deshalb werden die Bewertungen über @kununu einbezogen. Erfahre mehr:https://t.co/xXaVJ2INKH pic.twitter.com/0HgQAZHeQw
— XING_de (@XING_de) May 13, 2020
Xing aka New Work SE launcht also ein eigenes New-Work-Siegel. Dieses Siegel wurde gemeinsam mit der Handelshochschule Leipzig (HHL) entwickelt. Es honoriert Unternehmen, die ein mitarbeiterorientiertes Arbeitsumfeld schaffen, in dem Beschäftigte eigenverantwortlich zusammenarbeiten und ihre Potenziale frei entfalten können.
Ich bin ein großer Freund mancher Siegel und Rankings. Nehmen wir mal bei den Siegeln Great-place-to-work, Audit Beruf & Familie oder Top-Arbeitgeber. Das sind Siegel, die einen echten hohen internen Aufwand bedeuten, um die Ergebnisse zu erheben. Dem Siegel steht ein periodisch wiederkehrender Aufwand durch die Überprüfung gegenüber. Solche Siegel verbessern die Transparenz und Leistung eines Arbeitgebers im kulturellen und personalpolitischen Wirken. Und das sind die weichen Faktoren, die einen zum „Employer of Choice“ machen. Die prominenten Namen der Arbeitgebersiegel sind Focus/Kununu/Statista, das Top Employers Institute mit dem Siegel „Top Employer“, die Beratung Zeag mit „Top Job“, dazu kommen noch Arbeitgeber-Rankings mit Universum Communications, Potentialpark oder Trendence Institut mit „Top 100 Arbeitgeber Deutschland“ sowie hybride Rankings, wo das “Great Place to Work Institute” mit „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ den Platzhirsch gibt.
Ich bin allerdings gar kein Freund von den anstrengungsfreien Arbeitgebersiegeln. Fair Company ist so ein Ding. Man verpflichtet sich, den Kodex zu befolgen und kann folgen- und überprüfungslos das Logo verwenden. Das sind Siegel, die ich kaufen kann, nur um das Logo in Stellenanzeigen und auf der Internetseite zu verwenden. So einfach sollten wir es uns nicht machen. Da steht kein echter Wert dahinter. Weshalb sollten wir das also tun? Nur um Firmen, wie bspw. Focus, New Work SE, im Umsatzwachstum zu unterstützen ohne jegliche Wirkung auf den potenziellen neuen Kollegen?
Siegel und Rankings
Siegel und Rankings schaffen Vergleichbarkeit und Überblick über Arbeitgeber und deren Leistung für Kultur, Personalpolitik und Employer-Branding. Diesem Vergleich wohnen Chancen inne, insbesondere für sehr gute Arbeitgeber, die allerdings qua Größe, Umsatz oder regionaler Orientierung weniger bekannt sind. Ein gutes Siegel, welches hierfür genannt werden sollte, ist “Great place to work”, das zu den Pionieren der Arbeitgeberzertifizierung gehört das 1991 von dem US-Journalisten Robert Levering gegründete Great Place to Work Institute. Ein Siegel gibt Beleg über die Güte des Arbeitgebers aus qualitativer Sicht. Eine Gruppe an guter Siegel erfordert eine Form der Auditierung, die dem Zertifizierungsprozess vorgeschaltet ist. Ob die Beantwortung von Fragen von zentraler Stelle bis hin zur repräsentativen Befragung aller oder einer Stichprobe weniger Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter reichen diese Auditierungsprozesse. Aus meiner Sicht muss ein Element des Fazits dieses Blogs zu Beginn genannt werden: Arbeitgeber, die kein Siegel vorweisen können und/oder nicht in einem der Rankings auftauchen, sind nicht automatisch schlechte Arbeitgeber. Diese Schlussfolgerung wäre töricht.
Rankings hingegen lassen sich generell in ein Setup der repräsentativen Befragung packen. Ob nun die Platzhirsche, wie Trendence, Universum, Potentialpark und andere, oder kleine, aber feine Analysen mit einem praktischen Bezug – Rankings spiegeln die Welt von außen wieder, während die Siegel zum Teil eine Mischung aus interner und externer Perspektive bis hin zur reinen Innensicht darstellen.
Geschäftsmodelle
Wir sehen zwei Geschäftsmodelle der kommerziellen Anbieter. Die eine Seite erstellt anhand von Befragungen Arbeitgeberrankings und verkauft die statistische Analyse sowie die Verwendung des Rankings als Logo, als Nennung etc. in den eigenen Medien. Die andere Seite wird durch Beratungsinstitute beschickt, die bei Arbeitgebern über einen längeren Zeitraum und eine intensivere Erhebung die Situation auditieren und Handlungsempfehlungen geben, wie das Unterenehmen sich im direkten Benchmark zur eigenen Industrie oder ausgewählten Unternehmen besser stellen kann.
Was ist ein Arbeitgeber-Siegel?
Im Grunde ist der Interpretationsspielraum unendlich. Es gibt keine Norm für Arbeitgeber-Siegel und noch weniger Vorschriften und Regelungen. Somit ist der Markt frei und radikal. Ein Arbeitgeber-Siegel in der Allgemeindefinition misst Qualität, Güte und/oder Engagement eines Arbeitgebers. Je nach Siegel in einem spezifischen Bereich (Unternehmenskultur, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Diversity, Arbeitgeberattraktivität, Social-Media-Engagement usw.). Eine Gruppe an guter Siegel erfordert eine Form der Auditierung, die dem Zertifizierungsprozess vorgeschaltet ist. Ob die Beantwortung von Fragen von zentraler Stelle bis hin zur repräsentativen Befragung aller oder einer Stichprobe weniger Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter reichen diese Auditierungsprozesse. Und es gibt noch den Verhaltenskodex. Man unterschreibt und darf das Logo nutzen.
Was ist ein Arbeitgeber-Ranking?
Rankings hingegen lassen sich generell in ein Setup der repräsentativen Befragung packen. Rankings spiegeln die Welt von außen wieder, während die Siegel eine Mischung aus interner und externer Perspektive bis hin zur reinen Innensicht darstellen. Für eine wirkungsvolle und nachhaltige Pflege der Arbeitgebermarke ist eine Außen- und Innensicht absolut notwendig.
Welche Verfahren gibt es?
Zertifizierung | Befragung | Verhaltenskodex |
---|---|---|
Der Zertifizierung sollte eigentlich immer ein transparentes, objektives Verfahren voraus gehen. Diese Zertifizierungen werden nicht autark erstellt, sondern geschehen in der Regel durch Bewerbung des Unternehmens beim zertifizierenden Institut oder Anbieter. Darauf folgen Fragebögen, ggf. Einzelgespräche mit Stabsfunktionen oder repräsentative Befragungen einer größeren Gruppe von Mitarbeitern. Die Teilnahme an solchen Zertifizierungen sind kostenpflichtig. Diese Zertifizierung kann man nicht kaufen, ohne wirklich kulturell und personalpolitisch die richtige Akzente gesetzt zu haben. | Das sind zumindest die Rankings mit der deutlichsten Wirkung, weil repräsentativ im Ergebnis. Hier werden Absolventen oder Young-Professionals, manchmal sogar Berufserfahrene mit mehr als 5 Jahren relevanter Berufserfahrung befragt über ein Portfolio an vielschichtigen Fragen rund um den Arbeitgeber, den Bewerbungsprozess, die Wirkung der Kultur, den Entwicklungschancen sowie der Perspektive auf die eigenen Bedürfnisse und Erwartungen, Neigungen und Eigenschaften im Kontext der Karriere-Orientierung. Im hiesigen Markt sind die bekanntesten Befragungen Potentialpark, Trendence sowie Universum. | Eines der aus meiner Sicht bekanntesten Siegel ist “Fair Company”. Das Tragen dieses Siegels ist kostenfrei, es geht auch keine umfangreiche Auditierung voraus, der Arbeitgeber muss sich “nur” verpflichten, einen verbindlichen Verhaltenskodex zu wahren. Bei Fair Company ist der Kodex einfach erläutert: Praktikanten fair zu bezahlen und zu beschäftigen, mit ihnen keine Vollzeitstellen zu substituieren sowie den Praktikanten keinen Berufseinstieg bei voller Bezahlung vorzuenthalten zu Gunsten eines deutlich geringer honorierten Praktikums. |
Arbeitgeber, die kein Siegel vorweisen können und/oder nicht in einem der Rankings auftauchen, sind nicht automatisch schlechte Arbeitgeber. Rankings sind eher eine Spielwiese für große Unternehmen, bekannte Marken und hoch rekrutierende Beratungen. Für sie ist das auch zeitgleich eine innenorientierte Berechtigung der kosten- und personalintensiven Recruiting- und Employer-Branding-Einheiten.
Die Schwierigkeiten liegen darin, dass es keine Normung gibt, die Aussagefähigkeit, Validität oder Repräsentativität in den Kontext setzt. Bei einigen Siegeln reicht eine Unterschrift von irgendwem, andere erfordern mehrwöchige Arbeitsgruppen, um die gewünschten Befragungen, Auswertungen etc. überhaupt durchzuführen. Das sorgt natürlich für ein erklärbares Maß an Kritik, denn wer in der Zielgruppe weiß schon, wo genau der Unterschied zwischen Fair Company und Great-place-to-work beispielsweise liegt. Ich würde sogar so weit gehen und die These aufstellen, dass innerhalb der Zielgruppe der heutigen Absolventen die Fair Company bekannter ist als Great-place-to-work. Und alle aus der HR-Familie wissen, wie man sich nach Durchführung beider “Initiativen” fühlt ;)
New-Work-Siegel?
Das neue New-Work-Arbeitgebersiegel ist ein Marketinginstrument des selbsternannten New-Work-Unternehmens. Nun versteht unter New Work jeder irgendwie was anderes oder gerade das, was er am meisten versteht oder gerade umsetzen will. In der COVID-19-Krise ist New-Work synonym für die Remote-Arbeit von zu Hause. Viele feiern sich ab darauf, dass sie nun “plötzlich” zu Hause arbeiten können. Doch das ist weder Homeoffice, noch irgendwas mit New-Work. Das ist Pandemie-Office mit vielen Aufgaben, die man gerne im Büro unter Konzentration erledigt hätte, aber nebenbei noch Homeschooling, Kinderbetreuung, Essensversorgung mit Kocherei für die ganze Bagage, Bespaßung und Freizeitplanung etc. erledigen muss.
Xing aka New Work SE will also weiterhin als Vorreiter für die New-Work-Bewegung sein. Gewiss ist Xing für seine Kultur Respekt zu zollen, die Anerkennung für ihre Maßnahmen rund um moderne und flexible Arbeitsmodelle haben sie sich verdient. Das alleine ist allerdings noch nicht New-Work. Und deshalb muss ich ein wenig kritisch sein, wenn man die Chuzpe hat, sich als das Unternehmen zu gerieren, welches in der Position ist, ein New-Work-Arbeitgebersiegel zu verliehen.
Xing/New Work SE geht einen offenbar einen wissenschaftlichen Ansatz für ihr Siegel an. Auf deren Internetseite ist zu lesen:
Verlassen Sie sich auf wissenschaftliche Expertise der Handelshochschule Leipzig.
Mit dem NEW WORK ARBEITGEBERSIEGEL ist es erstmals möglich, New Work zu messen. Die wissenschaftliche Methodik der Handelshochschule Leipzig liefert fundierte und glaubwürdige Ergebnisse.
Quelle: https://arbeitgebersiegel.new-work.se
Das klingt erst einmal nicht so falsch. Aber einen Absatz weiter liest man Folgendes:
Die Bewertung Ihrer Mitarbeiter auf kununu sowie die Umfrage-Ergebnisse des kununu KulturKompass werden in einer ganzheitlichen Analyse ausgewertet, die die relevanten New Work Aspekte berücksichtigt.
Quelle: https://arbeitgebersiegel.new-work.se
In der Auswahlphase wird das Feedback der Mitarbeiter auf Kununu analysiert und auf Elemente, wie bspw. die individuelle Entfaltungsmöglichkeiten, Transparenz und Wertschätzung sowie Führungsverhalten und Organisation quantitativ beurteilt. Als weitere Dimension lässt die HHL die Haltung des Unternehmens anhand eines Fragebogens qualitativ in die Bewertung einfließen. Ob nun die negativ-orientierte Klagemauer Kununu als Arbeitgeber-Bewertungsportal nun empirisch die richtige Grundlage für eine New-Work-Analyse bietet, bezweifle ich. Die Bewertungsmöglichkeiten für Bewerber/innen und Mitarbeiter/innen haben viel zu wenig Kategorien, um Elemente aus New-Work statistisch sauber zu analysieren. Ich lasse mich gerne begeistern und aufschlauen, wenn es dort eine andere Logik oder Systematik gibt. Arbeitgeber-Bewertungsplattformen bieten schnelle, unkomplizierte, aber leider auch sehr subjektive Einblicke in individuelle Situationen des Unternehmens.
Sollte das die Grundlage sein, kann man das Geld für das New-Work-Arbeitgebersiegel sicherlich in sinnvollere Dinge investieren.
Übersicht der Siegel von Haufe
Beste Grüße
Marcus K. Reif
Wertvoller Beitrag, sehr gut recherchiert. Danke. Ich mag den direkten Stil! Die Siegel sind in Teilen auch ein Commitment nach außen, auf das ein Bewerber seine Fragen zum Unternehmen abstellen kann. Die Nutzer der Siegel müssen sich dessen bewusst sein, dass die Rekrutierungsarbeit viel schneller wieder von vorne anfängt, wenn der neue Mitarbeiter merkt, dass hier nur eine Fassade hochgehalten wurde und er nach kurzer Zeit weiterzieht. Unter diesen Voraussetzungen wird eine HR-Abteilung nie fertig. Auch die Führungskräfte werden nie aufhören, in Auswahlgesprächen auf der Suche nach Bewerbern zu sitzen. Sich schnell ein Siegel zu ziehen ist ein nachvollziehbarer Reflex. Vorab muss das Unternehmen jedoch meist an der Inneren Haltung arbeiten. Das spart viel Geld und Arbeit. Und es macht integer, so dass neue Mitarbeiter auch mal länger bleiben.
Sehr gut geschrieben und recherchiert. Ich mag den direkten Stil
Dankeschön!
“Arbeitgebersiegel haben eine hohe Innenorientierung, aber eine zu vernachlässigende Außenwirkung auf potenzielle Bewerberinnen und Bewerber.” So ist es, Marcus!
Wenn wir ehrlich sind, dienen diese “Siegel” eigentlich nur einem Zweck: Die Taschen der Anbieter zu füllen. ;-) Der Rest ist reine Augenwischerei.
Dankeschön, mein Lieber!