Employer Branding ist Außen- und Innenperspektive!
Ich hatte letzte Woche für eine Studienarbeit ein Interview zur Bedeutung und Wirksamkeit von Arbeitgebersiegeln. Das bringt mich nach gut einem Jahr nach dem letzten Beitrag zu einem Update desgleichen. Viel beschäftigt uns Employer-Brander das Thema Studien. Ob die Außensicht auf das Unternehmen anhand der Studien von Universum und Trendence oder auch Potentialpark, Best Recruiter und vielen anderen, beschäftigt uns natürlich zunehmend aufgrund der wichtiger werdenden Kulturveränderung innerhalb der Unternehmen die Innensicht. Die Innensicht ist aus dem Employer-Branding nicht mehr wegzudenken, die sieht man sehr gut über eigene Befragungen, wie Kenexas Global-People-Survey, externe, wie bspw. Top-Arbeitgeber vom CRF oder Great-Place-to-Work, als eigenständige Benchmark. Ich bin überzeugt, dass für eine wirkungsvolle und nachhaltige Pflege der Arbeitgebermarke man ohne die Außen- und Innensicht kein vollständiges Bild bekommen. Schön, wenn alle sehen, wie die Fassade ausschaut, aber von drinnen durch die Scheiben zu schauen ist elementar und eben näher an der Realität als alles Bunte aus unserer Feder.
Unsere Zielgruppe überprüft doch sehr schnell, ob sich die Leistungsversprechen aus dem Personalmarketing in der Unternehmens- und Führungskultur widerspiegeln. Ist dem nicht so und die Diskrepanz zwischen Versprechen und Realität zu groß, messen wir dies am Ergebnis der Fluktuation und insbesondere der Früh-Fluktuation.
Mehr als 200 Arbeitgeber-Siegel? Ernsthaft?
Mich hat es auch überrascht. Eine aktuelle und wirklich vollständige Übersicht aller in Deutschland verfügbaren Arbeitgebersiegel habe ich bisher nicht gefunden, aber zahlreiche Quellen sprechen von 200 und mehr verschiedenen Siegeln, Auszeichnungen und Awards in diesem Land. Die Arbeitgebersiegel verbessern die Transparenz und Leistung eines Arbeitgebers im kulturellen und personalpolitischen Wirken. Sind die Siegel, Awards und Zertifizierungen doch die Währung des Employer-Brandings. Und sie bieten – und das halte ich für die primäre Daseinsberechtigung – die nötige Relevanz und Rückenwind für Veränderungen in den Unternehmen. Die Wirkung auf die Studierenden und Absolventen erachte ich nachrangig dazu. Insbesondere, weil die Mehrheit der Bewerberinnen und Bewerber die populären Rankings von Universum und Trendence sowie die renommierten Awards, Siegel und Auszeichnungen in der Breite gar nicht kennt. Nur wenige erreichen einen Bekanntheitsgrad mit Vertrauen und Glaubwürdigkeit der Zielgruppe. Eines davon ist zweifelsohne Great-Place-To-Work.
Arbeitgeber-Bewertungsportale, wie Glasdoor oder Kununu, spielen natürlich auch eine Rolle bei der Orientierung der Bewerber. Schnelle, unkomplizierte, aber leider auch sehr subjektive Einblicke bieten die Arbeitgeber-Bewertungsportale in individuelle Situationen des Unternehmens. Siegel und Rankings objektivieren deutlich besser und geben eine Benchmark-fähige Sicht auf eine Branche, ein Segment oder Region bestimmter Arbeitgeber und Arbeitgeber-Gruppen. Dies gilt natürlich im Besonderen für Siegel, die aufgrund einer Mitarbeiterbefragung stattfinden. Also nicht aus der Antwort einer Zentraleinheit des Unternehmens in einem strukturierten Fragebogen entstanden sind. Denn dies sind in der Regel nicht belastbare Kriterien, sondern eher die Perspektive auf die Wünsche der Strategie-treibenden Zentraleinheiten.
Ein gutes Beispiel für eine repräsentative und innengerichtete Befragung ist hier Great-Place-to-Work. Bewerberinnen und Bewerbern helfen diese Siegel bei der Orientierung für oder zu einem Arbeitgeber, sie geben verlässliche und belastbare Eindrücke von unabhängiger Seite über die Leistungsfähigkeit einer modernen betrieblichen Gesellschaft. Und sie zeigen, welche Richtung und Maßnahmen des Unternehmens “on strategy” ist, während Kommentare auf Kununu und anderen Plattformen doch weitestgehend reale Beispiele für “off strategy” beinhalten.
Mich juckt es schon mal in den Fingern, wenn man die vielen Artikel über Arbeitgeber-Rankings und Arbeitgeber-Siegel im Employer-Branding liest. Was wir wissen, ist, dass wir nicht ganz genau wissen, wie viele Siegel und Rankings alleine in Deutschland verfügbar sind. Younect zählte im November 2013 ganze 178 Stück. Was wir noch nicht wissen, ist, welche Bedeutung haben diese Rankings und Siegel für die tatsächliche Bewerber-Entscheidung, eine Bewerbung zu platzieren, sowie für die Entscheidung, einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben hat. Also auf dem gesamten Trichter hinweg ist es unklar, welche Rolle welches Siegel, welcher Award oder welches Ranking spielt und an welchen Punkten solche Siegel treiben. Gibt Universum eine Indikation auf der Ebene Attract? Wie ist die Konversion von der Longlist auf die Shortlist und spielt das CRF-Institut dort eine Rolle? Verlässliche Antworten kenne ich nicht.
Wie und inwieweit wirkt denn eine Marke implizit auf die Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber? Und vorgeschaltet: welchen Einfluss auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität haben Siegel und Rankings für den potenziellen Bewerber oder einfach den geneigten Arbeitsmarktteilnehmer, der eine Marke bewertet? Wenn jemand hierüber eine Abschlussarbeit schreiben möchte – Angebot und Nachricht gerne direkt an mich!
Schauen wir uns mal die Siegel an:
Hier mal eine wirklich zufällige und nicht gewichtete Auswahl der aus meiner Sicht populären und relevanten Arbeitgebersiegel.
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Siegel |
Kategorie |
beruf und familie | Auditierung | |
Top-Arbeitgeber Deutschland | Strukturierte Befragung, inkl. Interviews | |
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Fair Company | Selbstverpflichtung |
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Great-Place-to-Work | Auditierung, inkl. umfassender zweistufiger Befragung einer Teilmitarbeitergruppe |
Inflation der Siegel
Aus meiner Sicht sind Siegel, Awards und Audits mittlerweile unverzichtbar für die personalpolitische Agenda und das Employer-Branding.
Die Schwierigkeiten liegen darin, dass es keine Normung gibt, die Aussagefähigkeit, Validität oder Repräsentativität in den Kontext setzt. Bei einigen Siegeln reicht eine Unterschrift von irgendwem, andere erfordern mehrwöchige Arbeitsgruppen, um die gewünschten Befragungen, Auswertungen etc. überhaupt durchzuführen. Das sorgt natürlich für ein erklärbares Maß an Kritik, denn wer in der Zielgruppe weiß schon, wo genau der Unterschied zwischen Fair Company und Great-place-to-work beispielsweise liegt. Ich würde sogar so weit gehen und die These aufstellen, dass innerhalb der Zielgruppe der heutigen Absolventen die Fair Company bekannter ist als Great-place-to-work. Und alle aus der HR-Familie wissen, wie man sich nach Durchführung beider “Initiativen” fühlt ;)
Beste Grüße
Marcus Reif
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