Marcus Reif reiste in ein Land, das die Coronavirus-Krise in den Griff bekommen hat
Erst vor einigen Tagen wurde Südkorea als Beispiel dafür genannt, wie die Corona-Krise entscheidend entschärft sowie die Auswirkungen eingedämmt werden konnten. Doch wie ist es dem Land gelungen, so entscheidend gegen das Virus vorzugehen? Diese Frage kann teilweise Marcus Reif beantworten. Der Weilbacher, in Flörsheim als CDU-Stadtverordneter und Fraktionschef bekannt, arbeitet als Personalleiter bei einer südkoreanischen Bank. Zuletzt war er Anfang Februar zu Geschäftsterminen für knapp eine Woche in dem asiatischen Land. Genauer gesagt in Seoul, der Hauptstadt des Landes. Dort hat die Bank ihren europäischen Hauptsitz. Marcus Reif erzählt dieser Zeitung, was er dort erlebt hat mit den Vorkehrungen in den Hotels und Bürogebäuden zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus.
An den Eingängen von öffentlichen Gebäuden sowie von Geschäftsräumen stehen, so berichtet Marcus Reif, überall sogenannte Thermo-Messanlagen, die für die Messung der Körpertemperatur von Passanten beziehungsweise Mitarbeitern eingesetzt werden. Diese Geräte wurden bereits seit Monaten unter anderem am Flughafen an den Bahnhöfen sowie Bus-Stationen eingesetzt. Geht jemand daran vorbei und zeigt das Gerät bei der Person eine erhöhte Temperatur an, wird sie sofort darauf aufmerksam gemacht und die Person zur weiteren Abklärung in eine Klinik gebracht. “Die Thermo-Messgeräte werden dort ganz konsequent überall an den öffentlich zugänglichen Gebäuden eingesetzt”, sagt Marcus Reif. Auf diese Art und Weise finden in dem Land ständige Kontrollen statt. Gleichzeitig gibt es keine Reisebeschränkungen. Auf dem Flughafen wurden, jedenfalls zum Zeitpunkt, als Marcus Reif dort landete, die Passagiere wie sonst üblich abgefertigt. Die Südkoreaner zeichneten nicht nur eine große Arbeitsdisziplin sowie Arbeitseifer aus, erläutert der Personal-Manager. Die Bevölkerung befolge die strikten Vorschriften der Behörden sehr diszipliniert. Außer den Messgeräten gebe es noch ein weiteres auffälliges Merkmal im Straßenbild. “Fast alle Menschen haben einen Mundschutz an. Er soll die anderen Leute von infizierten Personen schützen.” Doch das Tragen von Gesichtsmasken ist für die Bevölkerung in Südkorea nichts Ungewöhnliches. Von China und Nordkorea aus wehen die Luftströme ständig schwarze Staubkörnchen ins Land, die überall sichtbar seien. Aus was die Staubkörnchen bestehen, ist immer noch unklar. Im ganzen Land werden deshalb oft die Gesichtsmasken verwendet.
Doch was ist mit den Hotels und den Restaurants in Südkorea? Schließlich benötigen Reisende und Geschäftsleute nicht nur Übernachtungen, sondern auch Essen und Getränke. “In den Hotels gab es keine geöffneten Restaurants. Es gab Essen zum Mitnehmen. Wir bekamen Lunchpakete vor die Tür gestellt”, berichtet der Personalchef. Auch sind Bars in Seoul wie alle gastronomischen Betriebe ebenso alle geschlossen. Aber alle sonstigen Geschäfte waren geöffnet, sagt Reif. Dass die Maßnahmen erfolgreich waren, kann an den Zahlen abgelesen werden. Die Zahl der Infizierten wachse zwar, aber “nur sehr, sehr langsam”. Und dies ohne Shutdown, also dem völligen Erliegen des öffentlichen Lebens.
Die Corona-Krise hat ebenfalls Auswirkungen auf den Arbeitsalltag bei der Bank, deren Niederlassung in der Frankfurter Innenstadt angesiedelt ist. Fast alle Teams und Abteilungen wurden neu eingeteilt. Denn 85 Prozent des mehrere Hundert umfassenden Mitarbeiter-Pools arbeiten seit einigen Wochen von zu Hause aus. Eine kleine Rumpftruppe arbeitet in den Büros in einem Hochhaus in der Innenstadt. Die Kommunikation musste deshalb auf neue Füße gestellt werden, weil ganze Abteilungen durch das Home Office quasi auseinander-gerissen wurden. Für Markus Reif, der vor einigen Monaten noch Personalleiter im Landratsamt in Hofheim war, steht nach seinen Eindrücken in Seoul fest: “Man kann in Krisenzeiten von jedem Land lernen.” Die südkoreanische Bank expandiert übrigens in Krisenzeiten weiter.
Große Fortschritte, aber noch keine Entwarnung
Ein Vergleich von Südkorea mit Deutschland bietet sich nicht nur wegen der ähnlich modernen Infrastruktur an. Auch die Arbeitsmoral der Südkoreaner sowie die digitale sowie wirtschaftliche Entwicklung in dem asiatischen Land sind durchaus mit den derzeitigen Bedingungen in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar. Südkorea hat rund 52 Millionen Einwohner. Die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen betrug offiziell vor einigen Tagen rund 8500 Fälle. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung haben die Südkoreaner bei der Eindämmung große Fortschritte erzielen können. In China,wo das Virus erstmals ausbrach, sei die Ausbreitung vorerst gebremst, ebenso wie in Südkorea, das nun die aus dem Ausland zurückkehrenden Arbeitskräfte als problematisch einstuft. meh
Quelle: Höchster Kreisblatt vom 30. März 2020