Ihr Buch „Die Orbit Organisation“ ist in aller Munde. Es wurde sogar Finalist beim International Book Award. Was hat Sie und Ihren Mitautor Alex T. Steffen zum Schreiben dieses Buches bewegt?
Wir arbeiten beide schon lange mit vielen Unternehmen an Transformationsvorhaben, einerseits in Richtung HR und Agilisierung, andererseits in Richtung Kundenzentrierung. Dabei ist immer klarer geworden: Punktuelle Aktivitäten bringen nur wenig, solange man den wahren Grund für das Zaudern beim Aufbruch in die Digitalökonomie nicht wirklich anpacken will: das organisationale System, der Bremsklotz Unternehmensstruktur.
Klassische Unternehmen bleiben, visualisiert durch ein übliches Organigramm, einem Organisationsmodell verhaftet, das aus dem tiefsten letzten Jahrhundert stammt. Um aber wirklich fit für die Zukunft zu sein, kommt man um eine Transformation seines organisationalen Systems nicht herum. Die grundsätzliche Einsicht ist in aller Regel auch da, doch bislang fehlte es an einem gesamtheitlichen Umsetzungskonzept.
Und zu diesem Zweck haben Sie das Orbit-Modell entwickelt?
Ja genau. Es propagiert den Übergang von einer aus der Zeit gefallenen pyramidalen zu einer zirkulären, sich ständig weiterentwickelnden Organisationsstruktur und -kultur, die sich zugleich adaptiv und antizipativ auf die Erfordernisse der neuen Zeit einstellen kann. Der Praxisbezug war dabei für uns essenziell. So zeigen wir mit dem Orbit-Modell und seinen neun Aktionsfeldern ganz konkret, wie sich das in der tagtäglichen Arbeit umsetzen lässt. „So sieht das Unternehmensmodell der Zukunft aus“, urteilt das Wirtschaftsmagazin Capital.
Ein besonderer Pluspunkt dabei ist sicher der: Meine langjährigen, unternehmerischen Erfahrungen wurden mit den Impulsen von Alex, 29, verknüpft. Die junge Generation kennt Mittel und Wege zum Ziel, von denen Unternehmen, die die ausgetretenen alten Pfade gehen, keine Ahnung haben.
Solchen Unternehmen kann man nur raten: Machen Sie die hellsten jungen Köpfe zu Ihren engsten Beratern. Lassen Sie sich von jungen Gedanken, frischen Ideen und ganz neuen Vorgehensweisen durch den Wandel lotsen. Die Internetgeneration verändert die Spielregeln in sämtlichen Branchen. Sie definiert unsere Zukunft – und auch den Handlungsspielraum, den die Anbieter darin haben.
Wenn Sie Ihr Buch zusammenfassen, was sind die Kernaussagen für den Leser?
Unternehmen, die die Zukunft erreichen wollen, brauchen einem „Purpose“ im Kern, der ökonomische, ökologische und soziale Aspekte miteinander verbindet. Und sie brauchen eine Kultur, die die Kunden systematisch in den Mittelpunkt stellt. Denn Kundenzentrierung wird zur Nummer eins der künftigen Unternehmensaufgaben.
Wer also durchstarten will, benötigt nicht nur neue Führungskonzepte und agile Strukturen. Er muss sich auch radikal auf die Seite des Kunden schlagen. So ist das Orbit-Modell das erste Organisationsmodell überhaupt, das den Kunden tatsächlich in den Mittelpunkt stellt – und dies auch optisch sichtbar macht.
Es ist zudem das erste Modell, das die zunehmend notwendigen Brückenbauer-Funktionen gezielt integriert. Sie sorgen für ein nahtloses Zusammenspiel zwischen drinnen und draußen sowie zwischen Mensch und Denkmaschine. Sie helfen zudem, Innovationsprojekte miteinander zu verbinden und neuartige Partnerschaften zwischen Alt- und Jungunternehmen zusammenzukoppeln.
Welche konkreten Umsetzungstipps können Sie transformationsinteressierten Unternehmen geben?
Zwar müssen rigide Strukturen und veraltete Mindsets verschwinden, doch der Erneuerungsschalter kann nicht in einem Ruck umgelegt werden. Wer alle Wände gleichzeitig einreißt, dem fällt das Dach auf den Kopf. Eine entscheidende Frage ist vielmehr diese:
Was ist die minimal notwendige Machthierarchie, die minimal notwendige Ordnungsstruktur und die maximal mögliche Form der Selbstorganisation?
Anstatt sich also in einem monströsen Transformationsprojekt zu vertrödeln, das ewig dauert und worauf niemand noch länger warten kann, empfehle ich, mit Trittsteinen rasch zu beginnen. Ohne dass gleich alles komplett über Bord gehen muss, lassen sich viele der im Verlauf unseres Buches vorgestellten Maßnahmen für einen schrittweisen Übergang nutzen.
Unternehmen haben zudem die Aufgabe, eine bessere Grundlage für die Arbeit und das Zusammenleben in einer globalen Welt zu gestalten. Zahlungsstarke Kunden, Toptalente und auch die Gesellschaft verlangen nach einer Vereinbarkeit von Profitstreben und Nachhaltigkeit. Sie wollen wissen, welche ethische Haltung ein Anbieter glaubhaft vertritt, wie er mit seinen Kunden und Mitarbeitern umgeht und welchen Nutzwert er der Welt bietet. Auch hier hat das Buch passende Antworten parat.
Das Buch zum Thema
Anne M. Schüller, Alex T. Steffen: Die Orbit-Organisation In 9 Schritten zum Unternehmensmodell für die digitale Zukunft. Gabal Verlag 2019, 312 Seiten, 34,90 EuroISBN: 978-3869368993Finalist beim International Book Award
Die Autoren
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und von XING zum XING-Spitzenwriter 2018 gekürt. Weitere Infos: www.anneschueller.de
Alex T. Steffen ist Vortragsredner, Leadership-Trainer und Unternehmer. In seiner Zusammenarbeit mit internationalen Unternehmen und Ministerien hilft er, das Digitale und das Menschliche besser zu einen, um die digitale Kompetenz und die unternehmerische Denkweise zu fördern. Weitere Infos: www.alextsteffen.com