Ende 2009 schauen alle auf das zurückliegende Jahr und auf das kommende. 2008 war gekennzeichnet durch eine Finanzkrise, bei der das eine oder andere Finanzinstitut von der Unternehmenslandkarte gefegt wurde. 2009 war das Rezessionsjahr. Die Rezession wurde erstaunlich schnell überwunden. Sämtliche Signale stehen auf Aufschwung. Das Jahr 2010 – so sagen es viele Ökonomen – wird von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit gekennzeichnet sein. Nachhaltige Belebung also erst 2011. Da Deutschlands Wirtschaftskraft knapp zur Hälfte am Export hängt, ist Deutschland in hohem Maße von der Weltwirtschaftsbelebung abhängig. Sollte es aufgrund kluger politischer Entscheidungen nur in diesem Land nach einer Abfederung zur Wirtschaftsbelebung führen, wird das die Kuh nicht vom Eis holen.
Man kann nur hoffen, dass die Vorhersagen heute genauso unpräzise und fatalistisch sind, wie sie das vor zwei Jahren waren, als von extremen Entwicklungen und tiefer Rezession die Sprache war. Alles in allem ging diese rezessive Phase sehr schnell und im Grunde ohne große Öffentlichkeit über die Bühne. Ich habe noch gut die Unterhaltungen im Ohr, wo von neuen Suppenküchen an der Straßenecke die Rede war.
Was hat Deutschland denn so vernünftig durch die Krise geführt? John Maynard Keynes war es! Er nicht persönlich, dafür ist er schon über 60 Jahre lang tot. Aber seine Wirtschaftstheorie. Kurz zusammengefasst lässt sich der Keynesianismus als John Maynard Keynes’ wirtschaftlichswissenschaftliche Grundposition in einem Satz zusammenfassen: der Staat muss in der Krise Geld ausgeben, um die Auswirkungen und die Krise selbst abzufedern.
Der Keynesianismus ist bei Volks- und Wirtschaftswissenschaftlern nicht sonderlich beliebt, da wenig liberal. Aber er hat in den Jahren 2008 und 2009 funktioniert. Zum Beispiel das Konjunkturpaket II des Bundes und des Landes Hessen (mit nochmals 1,6 Mrd. EUR) erreicht seinen direkten Effekt erst Ende 2009 und im Jahre 2010, da nachgelagert und eine Mehrzahl auf Aufträgen für Baumaßnahmen erst Ende 2009 erteilt wurden. So gesehen ist der Scheitelpunkt des staatlich verordneten Konjunkturpakets noch vor uns. Ein großer Effekt dieses Pakets ist eine nachhaltige Neuverschuldung in dreistelliger Milliardenhöhe in Euro.
Viele werden fragen, ob sich diese Investition gelohnt hat. Da man nur vermuten kann, was ohne diese Maßnahme geschehen wäre, ist es rein hypothetisch. Ökonomen vermuten, ohne diese staatliche Konjunkturstabilisierungshilfe wäre die Arbeitslosigkeit innerhalb weniger Monate von 3,4 auf 5,5 Mio. Menschen angestiegen. Viele Großbanken wären in große Schwierigkeiten gekommen, ggf. insolvent gegangen. Die Kreditvergabe – eine wichtige wirtschaftspolitische Steuerungsmaßnahme – ist derzeit sowieso nicht großartig ausgeprägt, wäre vermutlich zum Erliegen gekommen, da die Risikoabwägung in den meisten Fällen negativ gewesen wäre. Die Kosten dieser wenigen Beispiele – 100.000 Arbeitssuchende = 1 Mrd. Euro Sozialleistungen – hätten die Finanzhaushalte der Körperschaften vermutlich in gleichem, wenn nicht höherem Maße belastet. Die Phase der Wirtschaftserholung hätte sicherlich länger gedauert. Die Kurzarbeit hat vermutlich einen Arbeitslosigkeitsanstieg um 1,5 Mio. Menschen verhindert.
Einiges steht noch vor uns: Island ist schon pleite, Griechenland ist auf bestem Weg dorthin, mögliche Kreditausfälle treiben Deutschlands Finanzinstituten den Schweiß auf die Stirn. Noch ist die Krise nicht vorüber. Das Jahr 2010 ist ein Schlüsseljahr. Ohne Wirtschaftsbelebung und damit Wachstum ist die Gefahr groß, dass der bundesdeutsche Keynesianismus verpufft. Mit Wachstum und ordentlicher Nachfrage aus dem Ausland wird der deutsche Export wieder Rückgrat sein und unser Wohlstandsniveau erhalten.
Wer Interesse hat an John Maynard Keynes: http://de.wikipedia.org/wiki/John_Maynard_Keynes
Beste Grüße
Marcus Reif
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