Lernen in der Unternehmensberatung
Gerade in der Unternehmensberatung sticht der Aspekt hervor, dass man eine sehr steile und schnelle Lernkurve genießen kann. Das ist auch einer der wesentlichen Aspekte für eine Karriere in der Unternehmensberatung, die schon immer ein Ort war für Menschen, die gerne strategisch denken, schnell und smart agieren, kombinieren und interagieren können. Viele bleiben der Unternehmensberatung nicht ein Leben lang treu, was auch im Trend der Gen Y und Gen Z sowieso selten zu finden ist. Das Prä der Karriere in der Unternehmensberatung sind die komplexen Aufgabenstellungen, die Herausforderungen, die Kunden ohne externe Hilfe nicht lösen können, sowie die Methodiken und Instrumente. Nach fünf oder sechs Jahren in der Unternehmensberatung hebt man sich schon ab von seiner Peergroup, die eine Karriere außerhalb der Beratung wählte. Gerade die analytische Kompetenz und der Fokus auf das Finden guter und umsetzbarer Lösungen sind oft zu beobachtende Stärken von ehemaligen Unternehmensberatern.
Die Welt in der Beratung heute ist gekennzeichnet von einem soliden Generationenmix, der in einer flachen Pyramide zu beobachten ist. Meist eine höhere Population an Absolventen und Young Professionals arbeiten gemeinsam mit senioren Experten und Führungskräften in Projekten für Kunden aus allen Branchen. Das kontinuierliche Lernen steht da natürlich im Vordergrund. Und nicht nur “on the job”, wie es gerne genannt wird, sondern eben mit professionellen Trainings zur persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung. Führung ist hierbei ein wesentlicher Aspekt. Denn in generationenübergreifenden Teams, die meist durch Vielfalt im Denken und Handeln gekennzeichnet sind, werden die besten Ergebnisse erzielt. Führung ist der Schlüssel für den Erfolg, denn ohne eine gute, teamorientierte Führung könnten diese Teams die Vielfalt vermutlich nicht so konzentriert zur Lösung der Herausforderung einsetzen.
In meiner Zeit bei EY konnte ich genau das kennenlernen. Inspirierende Führungskräfte, die auch für eine neue Sicht offen sind und zugänglich für Neues. Gerade als vor 10 Jahren die Zeitungen stark über die Gen Y zu berichten anfingen, war das für viele Partner ein interessanter Aspekt. Mit den Trainings, die auch Generationen als Perspektive beinhalteten, halfen wir der Organisation, mit der Entwicklung der Kultur und der Bedürfnisse der Generationen Schritt zu halten, gleichwohl die Wichtigkeit von Arbeit und Leistung nicht aus dem Blick zu verlieren.
Eine Perspektive auf gute Führung verschiedener Generationen zeige ich hier auf:
Generation Z ist der Trend, Generation Y die Realität!
Wir führen heutzutage schon bis zu vier Generationen, die fünfte steht quasi vor den Toren. Wenn man also erklären möchte, weshalb alles im Wandel ist, hilft es doch sehr, die Bedürfnisse und pauschalen Mottos der Generationen heranzuziehen. Generationen sind Pauschalierungen. Jeder kennt die pauschalen Attribute der 1968er. Die Stereotype und die Attribute der 68er, die auch Sie beim Lesen nun vor Ihrem geistigen Auge haben. Und jeder kennt auch Beispiele in seiner Familie, im Bekannten- und Freundeskreis von Menschen der gleichen Generation 68er, die aber ganz anders sind als das Bild. Generationen-Forschung lebt von Stereotypen und eben der Gewissheit, dass dies immer nur eine Klammer um beobachtbare Attribute sein kann. Dass sich Auffassungen zu Generationen ändern, ebenfalls. Und das ist auch gut so, wenn ständig der Realitäts-Check gemacht wird. Das hilft dabei, bei diesen Themen nicht zu weit theoretisch unterwegs zu sein.
Meine Großeltern sind dort in Rente gegangen, wo sie ihren Job begannen. Meine Eltern hatten zwei bis drei Arbeitgeber. Meine Generationen statistisch gesehen acht Arbeitgeber. Die Generation Y wird wohl bei statistisch 12 Arbeitgebern liegen. Und die Gen Z? Diese Generationen drehen diese Logik um. Sie wollen beim Arbeiten leben und beim Leben arbeiten. Es ist eine Balance mit sehr fließenden Übergängen. Und mit diesen Generationen ändern sich natürlich auch einige Leitbilder und Erfahrungen, bspw. dass Arbeit nicht mehr ein Unternehmen ist, sondern sich wandelt zu einer Fokussierung hin zur eigenen Expertise und Kompetenz. Oder kurz: vom Arbeitgeber zum Arbeiterbringer. Vor Jahren hatte Kai Deininger mal vom „Job-Nomadentum“ gesprochen. Arbeit ist mehr sinnstiftende Projektarbeit und weniger eine Lebensaufgabe. Auf jeden Fall wird die Generation Z ihre eigenen Fähigkeiten viel stärker auf dem Arbeitsmarkt kapitalisieren. Das Ergebnis wird weiter steigende Fluktuation sein, weil im Arbeitgeberwechsel die größte Kapitalisierungswahrscheinlichkeit vermutet wird. Dies ist eine Entwicklung, die ganze Arbeits- und Organisationsmodelle etablierter deutscher Unternehmen auf den Kopf stellen wird. Hinzu kommen noch die Trends aus der Globalisierung, der Digitalisierung und der technologischen Entwicklung, wo sogar kleine Handwerker und regionale Mittelständler einen weltweiten Absatzmarkt bearbeiten. Das ist großartig, bleibt aber nicht einseitig ohne Konsequenz und Implikation.
Die Generationen im Überblick
Paradigmenwechsel in den Unternehmen zwingend – Kultur entscheidet
Heutige Führungskräfte in der Unternehmensberatung sind gemischt aus den Generationen Y, X und wenige Baby-Boomer. In der Wirtschaft und Industrie hingegen gehören sie mehrheitlich der Generation Baby-Boomer an, immer mehr aus der Generation X folgen. Über Jahre hinweg erprobte Führungsprinzipien, wie Präsenz, harte Arbeit, viele Stunden investieren sind nicht ohne Spuren geblieben. Die harte Babyboomer-Kombination aus harter Arbeit, der katholischen Leidensethik mit 12-Stunden-Tage sind nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen uns lösen von der leidensfähigen Maximierung der Arbeitszeit. Wir sind in einer nicht-linearen Ökonomie unterwegs, in der Wendigkeit und Flexibilität deutlich mehr zählt. Wir leben mit den Vorteilen der Asynchronität. Mitarbeiter dürfen mit Freiraum gestalten. Das ist für die Führungskräfte der Gen X und der älteren Gen Y keine große Herausforderung mehr, sie schätzen die Wünsche der jüngeren Generationen ebenfalls.
Bei der ganzen Digitalisierung wird verkannt, dass nun der Moment für moderne und gute Führung gekommen ist. Die Interaktion zwischen Menschen gewinnt Bedeutung. Menschen umgeben sich gerne mit ähnlichen Menschen. Das Führungsprinzip Ähnlichkeit ist sehr weit verbreitet in der Kohorte älterer Führungskräfte. Und seit viele Experten immer stärker auf eine gesunde Vielfalt Wert legen, kommt kaum ein Unternehmen am Kulturwandel durch u. a. „Diversity“ vorbei. Vielfalt ist keine Geschlechterklassifizierung, Vielfalt ist eine Einstellungssache. Hier geht es um Sichtweisen, um Herangehensweisen, um Überzeugungen. Das Loslassen von lieb gewonnenen Routinen und das Ablegen von Filtern, die uns in dicht getakteten Alltagen natürlich gut helfen, schnell Situationen zu beurteilen und Entscheidungen zu treffen. Die Gegenwart überzeugt mit motivierten Kollegen, die in Teams mit unterschiedlichen Überzeugungen und Sichtweisen um das beste Resultat ringen. Führung mit der Basta-Attitüde kann hier nicht mehr wirkungsvoll agieren.
Aus Fehlern lernen
Heute wird Führung populär, die sich Fehler eingesteht. Führung heute ist mehr Coaching, Inspiration, Motivation und Begleitung als die reine Ansage, der Mangel an Vertrauen, das Führen durch Druck oder Angst. Der Begriff Leadership kommt aus dem angelsächsischen Raum und ist auf Deutsch vermutlich am besten mit „Menschenführung“ zu übersetzen. Führung als zielgerichtete Einflussnahme auf andere durch Kommunikation! Der Austausch, die Moderationsfähigkeit und die kommunikative Kompetenz stehen im Leadership ganz vorne. Und zwar überwiegend geprägt vom Diskutieren und einem Miteinander.
So sind Führungskräfte also im Idealfall nicht mehr nur „die da oben“, sondern Teil eines Teams, inspirierend und motivierend zugleich. Moderne Leader können für Transparenz sorgen, geben Freiraum und führen mit klaren Zielvorgaben, ohne den Weg dorthin zu micromanagen. Moderne Leader sind geprägt von Kommunikations- und Entscheidungsfähigkeit, können analytisch sein und zuhören. Und sie scheuen sich auch nicht davor mal „ich weiß es nicht“ zu sagen. Probieren Sie es aus: „Ich bin offen für eure Meinung. Lasst uns gemeinsam einen Weg finden“.
Der Arbeitsmarkt wird enger und die Talente, Fach- und Führungskräfte werden deutlich knapper. Wie lautet die strategische Antwort auf diese Entwicklung? Produktivitätszunahme, Effizienzgewinn, Zuwanderung, Förderung von Teilzeit-Jobs und verstärkte Integration von Eltern (weiblich und männlich) zurück in den Job, Inklusion und zielgerichtete Bildungsstrategie? Unternehmen müssen vor allem Antworten finden, wie die nicht gesetzlich bestimmte Frauenquote, die Flexibilisierung in einer modernen Unternehmenskultur mit Souveränität des Individuums über die eigene Arbeitswelt umsetzen können. Ferner müssen Mitarbeiter mehr in die Pflicht genommen werden, sich am Erfolg (und Misserfolg) zu partizipieren. Das ist zwar heute schon Usus in einigen Branchen und wird sich verstetigen. Das Bewusstsein hierfür muss jedoch noch erweitert werden.
Die Frage, wie und vor allem wo denn Arbeit im Einklang mit der Digitalisierung stattfinden wird, ist eine sehr spannende Frage. Arbeitszeit- und Arbeitsortflexibilisierung werden ein wichtiger Teil davon sein. Darauf müssen sich alle Unternehmen heute schon einrichten und insbesondere ihre Führung darauf ausrichten. Führung ist ein erheblicher Teil des notwendigen Wandels und der Transformation der Märkte.
Beste Grüße
Marcus K. Reif