Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Ich habe mich auf den weiten Weg ins schöne Frankfurt gemacht, um Daniel Nerlich zu treffen. Wir kennen uns schon seit dem Jahr 2007 und lernten uns über ein Suchmandat kennen bei meinem alten Arbeitgeber Accenture. Er auf der Seite des Tisches “Headhunter” und ich auf der anderen Seite “HR”. Und wie so oft im Leben bleiben manche Kontakte konstant bestehen. Daniel Nerlich ist heute Partner bei der weltweit renommierten Personalberatung Odgers Berndtson und leitet in Deutschland den Bereich Professional Services. Darüber hinaus schreibt er einen Blog über das Consulting, gibt regelmäßig eine Studie – den Consulting-Monitor – heraus und gründete die Consultant Career Lounge.

Der Grund des Treffens lag in meiner Neugierde. Daniel Nerlich fällt auf durch Feingeist und den Blick nach vorne, der gelegentlich sehr weit in die Zukunft schweift. Neben den aktuellen Megatrends taucht ab und an die Mär auf, dass die Digitalisierung auch das Modell der Headhunter disruptieren wird. Meine Meinung dazu ist diametral. Ich bin der festen Überzeugung, dass gleich welchen wirtschaftlichen Zyklus wir genießen, der Mangel an Arbeitskräften nachhaltig sein wird. Ergo werden die Unternehmen die Anstrengungen, die besten Fach- und Führungskräfte für sich zu gewinnen, sehr hochhalten müssen.

Der Vorteil erfolgreicher Personalberater ist, dass sie erfolgreich sind. Und zwar im Sinne des Kunden. Der Kunde wendet sich an den Headhunter, weil er einen neuen Kollegen sucht. Ob Führungskraft, Spezialist, Experte oder sogar ein Team – der Headhunter wird nur alle Rechnungen schreiben können, wenn er im Sinne des Auftraggebers erfolgreich platziert hat. Dafür braucht es ein gutes Netzwerk, die empathische Fähigkeit, Menschen zum Zuhören zu begeistern und sie zu motivieren, über ihre Karriere zu sprechen.


Zukunft der Headhunter

der TaunusTurm, Heimat vieler Unternehmen, Sitz von Odgers Berndtson

Meine Frage: Gibt es eine Koexistenz der Headhunter in der Digitalisierung?

Daniel Nerlich: Gute Frage, aus meiner Sicht wird die Entwicklung der Personalberatung eng mit der Frage verbunden sein, womit wir Klienten und Kandidaten Mehrwert leisten können. Über Jahrzehnte hinweg hat der Personalberater mehr oder weniger sein Adressbuch verkauft, in dem mancher Kontakt gegebenenfalls exklusiv war. Dieses Modell hat sich mit den sozialen Medien jedoch überlebt und disruptiert weiter, denn viele Kandidaten sind heute schon gar nicht mehr auf Xing und Linkedin vertreten. 

Wir erleben heute eine „Kakophonie der Stimmen“ über alle verfügbaren Kommunikationskanäle hinweg. In diesem Grundrauschen verlieren Kandidaten leicht den Überblick, wissen Relevantes kaum noch von Irrelevantem zu unterscheiden. Studien zeigen, dass Online-Medien kaum noch aktiv gelesen, eher überflogen werden und der Inhalt der Texte schon nach wenigen Stunden nicht mehr erinnert wird, weil kognitiv keine tiefere Speicherung der Inhalte erfolgte. Vergleichbare Tendenzen lassen sich auch im Kontext von Rekrutierung finden. 

Wie kommt man also zukünftig in ein echtes, fundiertes Gespräch mit Kandidaten, die heute ein Zielgehalt von 150.000 oder 300.000 Euro und mehr erzielen? Ist es nur der Austausch über ein konkretes Suchmandat eines Klienten, also eher transaktional und eventuell über eine digitale Plattform? Oder geht es nicht vielmehr um den längerfristigen, vertrauensvollen Kontakt, damit man eher strategisch miteinander an der Karriereentwicklung arbeiten kann -also Menschen persönlich kennenlernen, weiterentwickeln und auf ihrem Weg als Berater begleiten. 

Der Mehrwert von Personalberatern liegt meines Erachtens im Aufbau und der Pflege von vertrauensbasierten Netzwerken mit interessanten Menschen auf Kandidaten- und Klientenseite, welches man über den intensiven persönlichen Kontakt leben und pflegen muss. Erst dann kann man verlässlich Klienten bedienen, die auf höchster Ebene neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen. Das persönliche Beratungsgespräch und das eignungsdiagnostische Urteil über Kompetenzen und Potenziale sind auch mittelfristig nicht durch Digitalisierung zu ersetzen. Digitale Tools und künstliche Intelligenz kommen aber sehr wohl überall dort zunehmend zum Einsatz, wenn es darum geht, monotone und wiederkehrende Prozessschritte zu automatisieren. 


Meine Frage: Was ist aus Ihrer Sicht der Unterschied zwischen Active-Sourcing und Executive-Search?

Daniel Nerlich, Odgers Berndtson

Daniel Nerlich: Legal-juristisch gibt es natürlich Unterschiede: Wer darf wen wann ansprechen, um gegebenenfalls abzuwerben? Aus meiner Sicht ist jedoch ein Punkt von deutlich größerer Relevanz: Active Sourcing Teams sprechen Kandidaten mit der klaren Absicht an, diese für ein Gespräch mit dem eigenen Arbeitgeber zu begeistern. Dies kann gelingen, wenn das Unternehmen ohnehin auf dem Wunschzettel des Kandidaten oder der Kandidatin stand. Aber was passiert, wenn dies nicht der Fall ist?

Executive Search kommt idealerweise als neutraler Dritter ins Spiel, tastet die grundsätzliche Veränderungsmotivation ab, nimmt eine intensive Vorabqualifikation und -selektion vor und kann Erklärungsbedürftiges auf Basis eines Vertrauensverhältnisses vermitteln. Als Karrierebegleiter und -berater moderieren wir zwischen den Kandidaten und ihrer gewünschten Karriereentwicklung auf der einen Seite sowie den Unternehmen auf der anderen. Diese Art von Gespräch kann aus meiner Sicht nur ein neutraler Intermediär führen, der von außen mit zielgerichteten Tipps zwischen beiden Seiten moderiert.


Meine Frage: Was ist für die nächsten 5 Jahre der größte USP für Personalberater?

Daniel Nerlich: Der Zeitraum von 5 Jahren ist noch vergleichsweise überschaubar, weshalb ich eine klare Aussage treffe: Der Charakter der Tätigkeit im Executive Search wird sich nicht im Wesentlichen ändern. Wir werden immer noch Menschen von A nach B begleiten. Wir lösen durch unsere Kontakte die Herausforderung, die Unternehmen bei der Stellenbesetzung, bei der Nachbesetzung oder dem Wachstum haben. 

Mit einer feinen, erlesenen Shortlist von in der Regel 5 bis 8 Kandidaten arbeiten wir daran, die Vakanz bei unseren Kunden bestmöglich zu besetzen. Dabei geht es um den perfekten Match des Kandidaten zum gesuchten Profil, aber auch um die Minimierung des Fehlbesetzungsrisikos – dies gelingt durch eine klare und saubere Analyse der Persönlichkeiten auf Kunden- wie auch auf Kandidatenseite.

Personalberatungen, die ihren Fokus auf mittlere und untere Senioritäts- oder Gehaltslevels gelegt haben, werden es hingegen zunehmend schwer haben, ihren Mehrwert gegenüber digitalen Vermittlungsplattformen herauszustellen.

Und was die Zeit nach 2025 betrifft: Auch wir sind bereits heute darauf ausgerichtet, was Klienten und Kandidaten künftig umtreiben wird und wie wir in diesem Zusammenhang agieren sollten. Wir bei Odgers Berndtson haben eigens einen „Future Incubator“ gegründet, der sich mit diesem Thema befasst. Eines steht für mich fest: Personalberatungen, die die Zukunft mit klarer Vision und Strategie angehen, werden auch in Zukunft einen erheblichen Mehrwert leisten können und glänzende Marktaussichten haben.

Vielen Dank, lieber Herr Nerlich!


Sie erreichen Daniel Nerlich über seine Kontaktseite bei Odgers Berndtson:

Beste Grüße

Ihr Marcus Reif

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