Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Sie kennen den typischen Recruiting-Prozess. Dieser ist meist sehr reaktiv, was heißt, die Recruitingabteilung agiert auf Zuruf aufgrund entstandener Fluktuation oder bei Stellenmehrung. Selten folgt das Recruiting einer festen Personalplanung oder gar einer strategischen Planung. Hand aufs Herz, wie viel der lehrbuchartigen Headcount- oder FTE-Planung aus quantitative Personalplanung, welche die Anzahl der benötigten Ressourcen sicherstellt, der qualitative Personalplanung, zeitliche Personalplanung und Personalplanung nach Standort haben Sie etabliert? Wir agieren doch auf Sicht und wirklich nur in seltenen Fällen aufgrund einer verlässlichen Langfrist-Recruitingplanung. Und das ist Kern des Problems.

Unsere Recruiting-Abteilungen haben sich ein Stück weit aus dem tradierten “Post & Pray”-Ansatz gelöst, also dem Schalten einer Anzeige und dem Beten, dass sich darauf jemand Qualifiziertes bewirbt. Die hiesigen Recruiting-Abteilungen folgen alle der gleichen Logik. Mit viel Aufwand wird ein Mix an Personalmarketing-Instrumenten bespielt, die zum Eingang vieler Bewerbungen führt. Zum Teil wird neben den Bespielen der passiven Sourcingkanäle noch auf aktive zugegriffen, bspw. durch die Direktansprache im eigenen Team oder der Nutzung externer Dienstleister oder Personalberatungen. Die eingehenden Bewerbungen werden dann in einem mehr oder weniger strukturierten Prozess bearbeitet. Die Fachbereiche und Hiring-Manager legen Wert auf eine bestimmte Menge an Kandidaten, aus denen man dann mittels des Interviewprozesses den “besten” auswählt.

Positiv-Auswahl mit Negativ-Selektion

Negativ-Selektion oder auch Negativauslese beschreibt, dass in der ersten Sichtung anhand von Ausschlusskriterien Bewerberinnen und Bewerber aussortiert werden, ergo eine Absage erhalten. Über die Fehlerimmanenz dieses Prozesses schreibe ich oft hier, zuletzt unter In den meisten Unternehmen wäre Würfeln treffsicherer als der aktuelle Recruiting-Prozess. Problematisch ist, dass aufgrund von rein biografischen Daten keinerlei Erkenntnis über die Passung oder Eignung eines Kandidaten entschieden werden kann, weshalb die Gefahr besteht, geeignete Kandidaten fälschlicherweise abzulehnen (sog. Falsch-Negativ-Selektion) oder nicht geeignete einzustellen (sog. Falsch-Positiv-Selektion). Aber darauf möchte ich gar nicht hinaus. Für mich steht eine Frage ganz wesentlich im Raum: Wie lange trägt ein Prozess, der auf die Quantität eingehender Bewerbungen ausgerichtet ist, um daraus nach idealerweise objektivierbaren Qualitätskriterien eine Einstellungsentscheidung zu treffen, während wir überall einen nachhaltigen Arbeitskräftemangel erleben? Kurzum: nicht lange.

Ich hatte die wunderbare Gelegenheit zu einem QUEB-Podcast mit Bernd Schmitz und Jan Schüttler von Bayer. Die beiden betreuen ein Projekt bei ihrem Arbeitgeber Bayer zur Integration einer künstlichen Intelligenz des Anbieters Eightfold im HR-Kernsystem Successfactors. Eightfold wirbt mit der catchy Überschrift “Bayer Hiring for Skills, Not Jobs“. Und genau darum geht es. Die Digitalisierung bringt uns überall große Schritte voran, so auch im Recruiting, wo wir uns eigentlich von dem Ansatz “Stellenanzeige > Bewerbung > Interview > Vertrag” verabschieden können. Viel besser ist es, wir vertrauen auf die künstliche Intelligenz und den Perfect-Match zu Vakanzen im Unternehmen.

Bei Bayer wurde die KI-Lösung mit 1,2 Mrd. Lebensläufen und 1,5 Mio. Skills trainiert. Nicht nur wird durch diese KI die Personalauswahl als solches kompetenzorientiert aufgestellt, was einem Gamechanger gleichkommt, sondern auch die Time-to-fill beschleunigt, die Auswahl mit Fokus auf Vielfalt und Diskriminierungsprävention aufgestellt, auch wird die transparente Auswahlentscheidung hiermit verbessert. Wir kommen damit ein großes Stück in unserem Wertschöpfungsbeitrag nach vorne.

Die Funktion “Talent Acquisition” evolutioniert auf eine andere Ebene des Reifegrads. Wir sind nicht mehr die “CV pusher”, sondern können viel besser mit den eingehenden Bewerbungen arbeiten, weil wir auch zielgerichtet auf die Hotjobs bzw. die Engpassvakanzen fokussieren können. Dabei können die Kompetenzen der Mitarbeiter eine viel entscheidendere Rolle spielen beim Matching der Bewerbungen zu den skillbasiert relevanten Vakanzen im Unternehmen.

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Was erkennen wir?

Recruiting muss sich wandeln vom tradierten CV einsammeln und durch die Interview-Reihen schieben hin zum Talentattrahierungsdienstleister, der die richtigen Kompetenzen und Skills für die Vakanz findet.

Das ist eine Abkehr vom liebgewonnenen Sichten eingegangener Lebensläufe und ein Zuwenden auf die Fähigkeiten, Kompetenzen im Sinne von Hardskills und Softskills. Die künstliche Intelligenz, Automatisierung und Digitalisierung werden uns im Recruiting auf eine neue Ebene heben. Vielleicht hebt das auch beim Rest von HR die Lust darauf, endlich in Kompetenzmodellen zu denken.

Recruiting findet den passenden, KI im Recruiting den besten Kandidaten! 

Ihre Bewerbung muss zuerst das ATS überzeugen, dann erst den Recruiter! Doch viele schreiben Ihren Lebenslauf nur für den Recruiter. Der Mensch kommt nicht an erster Stelle bei ATS-orientierten Bewerbungsprozessen.

Und dazu passt auch ein anderer Beitrag von mir, der die Maschinenlesbarkeit von Lebensläufen aus Kandidatensicht thematisiert:

Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit!

Beste Grüße

Ihr Marcus K. Reif

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