14 Prozent der Beschäftigten in Deutschland, also 5,1 Millionen Menschen, haben innerlich gekündigt und keine emotionale Bindung mehr an ihr Unternehmen.
Viele Menschen haben keine emotionale Bindung zu ihrem Job, fühlen sich ihrem Sportclub, dem Verein oder ihrer Facebook-Community deutlich näher, aber nicht (mehr) ihrem Arbeitgeber. Mehr als fünf Millionen Arbeitnehmer haben bereits innerlich gekündigt. Bei 44,7 Millionen Arbeitnehmern in Deutschland wären das rund 14 %! Diese Ergebnisse gehen auf die aktuellen Ergebnisse der jährlichen Studie der Firma Gallup zurück, der aktuelle „Gallup Engagement Index“ zeigt, dass jeder siebte Mitarbeiter innerlich bereits gekündigt hat.
Für Personaler ist der jährlich wiederkehrende “Employee Survey” Anlass für viele Perspektiven. In manchen Organisationen, in denen Aspekte, wie beispielsweise der “Engagement Index”, stark verzielt sind, gleicht die Analyse einem Spießrutenlauf. Führungskräfte sorgen sich um einen möglichen Abfall des Engagement-Indexes, der einer Abwertung der eigenen Führungsleistung gleich kommt. Und wenn der “EI” Teil der Balanced-Scorecard ist, wird die Entwicklung auch bonusrelevant. Deshalb nehmen viele Organisationen, in denen die jährliche Mitarbeiterbefragung anhand der Gallup-Systematik vorgenommen wird, die Ergebnisse sehr ernst.
Gallup führt aus, dass schlechte Chefs die deutsche Wirtschaft zwischen 77 und rund 103 Milliarden Euro kosten. Hauptgrund: der Chef. „Die Führung, die ich erlebe, motiviert mich, hervorragend Arbeit zu leisten.“ Dieser Aussage stimmte nur jeder fünfte befragte Mitarbeiter zu. Die überwältigende Mehrheit der Mitarbeiter (85 Prozent) fühlt sich emotional wenig oder gar nicht an ihren Arbeitgeber gebunden.
[pmc_quote border_color=”#1e73be” ]Führungskräfte müssen sich bewusst sein, dass sie diejenigen sind, die durch ihr Verhalten einen erheblichen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Denn emotionale Bindung wird im unmittelbaren Arbeitsumfeld erzeugt.
sagt Marco Nink, Regional Lead Research & Analytics EMEA bei Gallup.[/pmc_quote]
Mitarbeiter mit geringer Bindung sind unproduktiver
Mitarbeitermotivation steht über allem. Mitarbeiter, die sich nicht mit ihrem Unternehmen identifizieren können, sind produktiver. Deren Krankheitsstände sind höher, die wechseln häufiger den Job. „Der aktuelle Erfolg der deutschen Wirtschaft lässt Unternehmen träge werden“, sagt Marco Nink, Consultant bei Gallup. Eigentlich kaum überraschend hat Gallup herausgefunden, dass in agilen Unternehmen, die eine moderne Form der Arbeitsgestaltung und Kultur vornehmen, die Angestellten zufriedener mit ihren Chefs sind. Sie können schneller handeln, effizienter arbeiten und seien mutiger, Neues zu wagen.
Wie sorgen Chefs dafür, dass Mitarbeiter schneller und flexibler arbeiten und letztlich zufriedener sind? Laut dem „Engagement Index“ spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle, um Agilität zu fördern:
1. Regelmäßiges Feedback
Führungskräfte in agilen Firmen geben häufiger Feedback: 80 Prozent der Mitarbeiter in solchen Unternehmen gaben an, dass sie täglich oder mehrmals in der Woche Rückmeldung von ihren Chefs erhalten. In Unternehmen mit weniger agilen Arbeitsweisen erhält nur jeder Dritte so oft Feedback – 66 Prozent sogar nur einmal im Jahr oder seltener.
2. Eine offene Fehlerkultur
Nur jeder fünfte Befragte gab an, dass sein Chef ein Arbeitsumfeld schaffe, in dem Mitarbeiter sich ausprobieren und scheitern dürfen und aus Fehlern lernen können. „Wir müssen in Unternehmen mehr Fehler zulassen und brauchen eine Kultur, die Versuch und Irrtum schätzt“, fordert Nink.
Chefs sollten Mitarbeiter bei kleinen Fehlern nicht gleich niedermachen, sondern sie ermutigen, selbst eine Lösung zu finden und aus ihren Fehlern zu lernen. Nink: „Im gesamten Unternehmen müssen wir Zonen der Angst beseitigen, um Innovationen zu fördern und neue Wege zu gehen.“
3. Offener Wissens-, Ideen und Informationsaustausch
Plötzlich steht ist ein neuer Kollege da, der nicht angekündigt wurde. Oder zwei Angestellte arbeiten unabhängig voneinander an der gleichen Präsentation – ohne vom jeweils anderen zu wissen. Wenig ist frustrierender, als Informationen hinterherzurennen. Und doch ist es für viele Angestellte Alltag: Nur jeder vierte Befragte gab an, dass in seinem Unternehmen ein offener Austausch stattfinde.
4. Schnelle Entscheidungen und Eigenverantwortung der Mitarbeiter
Nur jeder dritte Arbeitnehmer gab an: Ihre Führungskräfte trauen denjenigen zu, Entscheidungen zu treffen, die im jeweiligen Gebiet am besten eingearbeitet sind. Dabei erleichtert das die Arbeit von Chefs: Kontrollieren sie ihre Angestellten ständig und nehmen ihnen jede Entscheidung ab, kommen sie nicht mehr zu ihrem eigentlichen Job. Mitarbeitern Verantwortung zu übergeben und sie Entscheidungen treffen zu lassen, ist zudem eine Form der Wertschätzung.
„Wenn Mitarbeiter mehr Eigeninitiative zeigen und größere Verantwortung übernehmen sollen, brauchen wir auch ein Umdenken auf allen Führungsebenen“, sagt Marco Nink. „Führungskräfte müssen sich vom Leistungskontrolleur zum echten Coach ihrer Mitarbeiter entwickeln.“
Demotivierte Mitarbeiter sind ein Energiestaubsauger
„Die Mitarbeiter, die innerlich gekündigt haben, wirken sich wie ein Energiestaubsauger auf die anderen aus. Um einen Mitarbeiter, der innerlich gekündigt hat, auszugleichen, braucht man vier mit Herz, Hand und Verstand“, erklärt Nink. Dabei gibt es nur sehr wenige Mitarbeiter, die schon innerlich gekündigt in ein Unternehmen kommen. Die meisten leiden unter einer schlechten Führungs- und Unternehmenskultur – ein Thema, das in deutschen Unternehmen notorisch zu wenig beachtet würde, klagt Gallup-Manager Nink. „Viele sagen, dass sie sich dem Thema widmen – doch sie gehen das Thema nur halbherzig an.“ Dabei ließe sich in Unternehmen, die ihre komplette Führungskultur umgebaut haben, der Anteil der Mitarbeiter, die mit „Hand, Herz und Verstand“ dabei sind, auf Werte bis zu 70 Prozent steigern.
[pmc_quote border_color=”#8224e3″ ]„Die Mitarbeiter, die innerlich gekündigt haben, wirken wie ein Energiestaubsauger auf die anderen.“[/pmc_quote]
Also für Personaler ist der Gallup-Engagement-Index ein wichtiges Instrument. Und hoffentlich haben wir hierfür ein Ohr bei der Unternehmensführung!
Beste Grüße
Ihr Marcus Reif
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Quelle: Gallup 2018
Hallo Mit-Einander,
der Beitrag hat unbedingt seine Berechtigung und mich macht er nachdenklich.
2021 gehe ich offziell in Rente.
Jahr für Jahr fluteten Angebote aus der Personalentwicklung, dem Coaching, der Managerseminare und dem Führungskräftetraining u.v.am. die Unternehmen und den (Fort- und Weiter-)Bildungsmarkt.
Die Mischung zwischen seriösen und abenteuerlichen Angeboten für Führungskräfte unterschiedlicher Ebenen und Branchen hält bis heute an.
Die Bildungskonsumenten können vielfach Inhalte aus diesen Coachings, Seminaren, Schulungen, Trainings und Ivents widergeben – die Mühen von Persönlichkeitsveränderungen bzw. Verhaltensumstellungen bleiben offensichtlich aus – das Zurückfallen in alte Denk- und Verhaltensmuster ist offensichtlich bequemer – der dynamische und oft konfliktäre Alltag bewahrt vor “Experimenten” und Widerständen trotz besseren Wissens.
Mein Erleben über die viele Zeit ist, dass wir im Bereich Führungskräfteentwicklung und auch Führungskräfteauswahl nur wenig Fortschritte zu verzeichnen hatten/haben – die Erwartungen nicht ausreichend erfüllt wurden und die gleichen Probleme, Schwierigkeiten und Konflikte geblieben sind bzw. sich laufend wiederholen.
Wichtig scheint mir, Bestrebungen dahin gibt es, ein Qualitätsmanagement mit Blick auf Effizienz der Anbieter auszubauen in Einheit mit der Investion in die Führungskräfteentwicklung mit entsprechend ausgelegter Erfolgskontrolle.
Auch hier gilt es, durch ein solches QM die Spreu vom Weizen zu trennen.
Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute für 2021
Freundlichste Grüße aus 71522 Backnang
Peter Johr / Psychagoge und Sachverständiger
Guten Morgen Marcus,
danke für diese schöne Zusammenfassung.
Auch ich habe mir in meinem aktuellen Beitrag Gedanken zum Thema Führungskräfteauswahl und Führungskräfteentwicklung gemacht. Da liegt einiges im Argen. Meine Erklärungsversuche bzw. Hinweise zur Optimierung:
https://persoblogger.de/2018/09/24/wie-unzeitgemaesse-fuehrungskraefteauswahl-dem-employer-branding-schadet/
Viele Grüße und einen guten Start in die neue Woche
Stefan