Da zieht die Schiedsbarkeit der NRW-SPD Wolfgang Clement unter dem Applaus von der linken Seite aufs Schaffott. Dieser Rauswurf ist nichts anderes als die frühzeitige Insolvenz politischen Anstands. Was hat Clement denn getan? Ihm wird „schweren Solidaritätsverstoß“ zur Last gelegt. Mal die Situation gegen das Licht halten: hat Clement gegen die Grundsätze der SPD opponiert? Nö, nicht zu erkennen. Hat Clement gegen die SPD per se opponiert? Nö, ebenfalls nicht. Was hat er getan? Bisschen sehr laut rumgenörgelt an einer – und das ist der eigentliche Casus – umstrittenen Landeschefin, die in der heutigen Ausgabe der WELT oder der gestrigen Frankfurter Allgemeine Zeitung als „Belastung für die SPD“ bezeichnet wird. Hier muss man konstatieren, dass mitnichten eine Fundamentalkritik an der SPD selbst vorgenommen wurde, sondern eine offen vorgetragene Kritik an einem Energiekonzept in Hessen mitten im Landtagswahlkampf. Gut, dass ist nicht förderlich für die Hessen-SPD gewesen. Eine Rüge hätte bei einem derart honorigen und bedeutenden Politiker sicherlich eine ausreichende Wirkung gehabt. Wieso dort jetzt eine öffentliche Hinrichtung zelebriert wird, weiß wohl keiner so genau. Das schafft kein Vertrauen und wird auch nicht zur raketengleichen Verdopplung der Umfrageergebnisse führen. Da hat Schily mit seiner Aussage: „Ihn aus der SPD zu verbannen, hat suizidalen Charakter“ schon recht treffend formuliert.
Und zweierlei Maß hat es deswegen, weil Ministerpräsident Koch im hessischen Landtagswahlkampf selbst für eingefleischte CDUler recht ruppig argumentierte. Auch hier gab es den einen oder anderen dissonanten Ton aus sehr und deutlich unbekannten CDU-Politiker-Mündern zu vernehmen. Gab es da eigentlich öffentliche Rügen? Parteiausschlussverfahren? Nein!
Marcus Reif