Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Nicht wenige HRler und HR-Medien diskutieren darüber, ob es den HR-Business-Partner noch braucht. Sicherlich ist die Kritik an der fehlenden unternehmerischen Ausrichtung des Personalwesens bekannt und wir äußern sie immer wieder. Und zurecht! HR liefert nicht den Wertbeitrag, den das Unternehmen braucht, um innovativ zu sein. Wir haben es uns in unserer Expertenrolle zu bequem gemacht und ärgern uns manchmal laut, manchmal still darüber, dass wir nicht mit am Tisch sitzen, wenn über die Organisation, die Business-Strategie oder Personelles gesprochen wird.

Darüber hinaus wird uns HRlern oftmals ein Minderwertigkeitskomplex unterstellt. Was angesichts der Professionsuntergangsdystopien nicht falsch ist. Selten hat sich eine Zunft so kritisch mit sich selbst und ihrem eigenen Ende beschäftigt. Wir können festhalten, dass die Unzufriedenheit der Fachbereiche und der Unternehmensleitung ob dem Wertbeitrag des Dave-Ulrich-Modells groß ist. Aber wie kommen wir wieder auf die Sonnenseite der Wertschöpfung?

Die Mehrheit der Personalbereiche haben sich ein Organisationsmodell gegeben, welches an Dave Ulrich irgendwie angelehnt ist. Es gibt eine interne Kundenfunktion mit dem HR-Business-Partner, in eine zentrale Services-Produktionseinheit für die transaktionalen Teile der Aufgaben und mit dem Center of Expertise eine Experteneinheit für Konzepte, Projekte und Prozessdesigns rund um den Mitarbeiter-Lebenszyklus.

Ihre HR-Transformation scheitert, wenn Sie nur auf Effizienzgewinne ausgerichtet ist

Weitere Gründe für eine geringere Wirksamkeit des DU-Modells: die HR-Transformationen fokussieren oft zu sehr das Erreichen von Effizienzgewinnen und Kostenreduktion. Diese werden somit vom Sekundärziel zum Primärziel, dabei fällt der strategische Aspekt des Modells oftmals vollständig von der Agenda. Wir beobachten diesen Fehler im Scoping nahezu überall! Die statische Umsetzung des Drei-Säulen-Modells nach Prof. Ulrich führt in vielen Fällen zur Siloisierung, diese wiederum führt zu Hierarchie und diese befördert Trägheit. Und für diese Trägheit, Prinzipien- und Richtlinientreue, auffällig geringe Flexibilitätsbereitschaft und langsame Reaktionszeit ist HR doch bekannt. Wir sind in den HR-Organisationen derzeit sehr starr, viel zu wenig flexibel und reagieren nur langsam, evtl. zu langsam, auf sich wandelnde Anforderungen.

Braucht es noch HR Business Partner?

Ist das HR-Business-Partner-Modell noch zeitgemäß? Aus meiner Beobachtung und langjähriger HR-Transformationserfahrung sage ich ganz klar: es kommt darauf an 😆. Die Schwierigkeit liegt darin, dass kaum ein Unternehmen die Reinform dieses Dave-Ulrich-Modells eingeführt hat. Mit all den unternehmensspezifischen Anpassungen in der Transformation litt natürlich die Wirksamkeit des Modells. Die Rollen wurden zu komplex, die Verantwortlichkeiten erodierten, vieles wurde zu unklar.

Dave hat eine Reihe an zum Teil ganz unterschiedlicher Modelle entwickelt. Wir verwenden den Begriff “Dave-Ulrich-Modell” synonym zu dem populären 3-Säulen-Modell, welches aus Centers of Expertise, einem Shared-Service-Center und den HR-Business-Partner-Rollen besteht. Es gibt noch andere, artverwandte Modelle, bspw. 3-Säulen-Plus – mit strategischer Steuerung für größere Personaleinheiten – oder das 4-Säulen-Modell – mit Field-HR, welches zu Beginn dieses Jahrhunderts öfter zum Einsatz kam, allerdings heute kaum noch Beachtung findet. Die Problematik liegt auf der Hand. Im Grunde haben wir bei den HR-Transformationen den HR-Generalisten umetikettiert zum HR-Business-Partner. Der Wunsch nach strategischer Begleitung und Steuerung der Fachbereiche aus HR-Sicht blieb in der Routine der ehemaligen Generalisten zurück.

Operative Arbeitsdrohne

HR-Business-Partner sollten beraten, im Alltag betreuen wir aber. Das ist das falsche Dogma im richtigen System. Wir haben also nur neue Farbe auf die Wand gemalt, dem Generalisten eine neue Visitenkarte als HR-BP gegeben. Geblieben ist die operative Arbeitsdrohne. Das ist das potemkinsche Dorf “HR”, welches wir erschufen. Wir haben nicht über das geänderte Kompetenzmodell, die neue strategische Ausrichtung, neu einzuführende und anzuwendende Methoden oder eine neue Attitüde gesprochen. Und deshalb verliert die Wirkung einer Transformation relativ schnell an Schwung. Die neuen HR-Business-Partner wissen nicht, was sie anders machen sollen und arbeiten im Kleidchen des HRBP als ehemalige Personalreferent einfach weiter als operative Arbeitsdrohne. 

People Company?

Die People-Company ist die Idee vom Unternehmen im Unternehmen. Der Sinn des Entrepreneurships kommt auf anderen Unternehmensbereichen nun auch zu uns. Eigenverantwortung, Business-Orientierung, unternehmerischen Prinzipien und Steuerungselemente kennzeichnen diesen Ansatz.

Bietet die People Company bessere Perspektiven? Sicherlich können wir HRler an Selbstverständnis noch gewinnen und eine bessere Steuerung der HR-Bereiche erzielen. Haben wir als HR-Verantwortlicher einen unternehmerischen Anspruch oder verstehen wir uns weiterhin “nur” als Experten? Gegenwärtig stellen wir uns eher wie eine Expertenorganisation auf und nicht wie eine Business-Einheit. Ob das Denken in internen Verrechnungssätzen für unsere Leistung uns zu dem gewünschten Ziel bringt, kann ich nicht abschätzen.

Kienbaum’sche Diamant

Diamond Model verknüpft den Säulen-Ansatz mit Ambidextrie

Kienbaum kombiniert die bewährten Rollensegmentierung nach Dave Ulrich mit den Ambidextriedimensionen, woraus sich formal eine 6-Felder-Organisation ergibt. Grade die Schärfung einer operativen HR-Partnerrolle mit People-Faktoren-Fokus und einer strategischen Partnerrolle mit ausschließlichem Business-Fokus nimmt der jahrelangen Diskussion um die Machbarkeit des klassischen HR-Business-Partners die Schärfe.

Dilemma des administrativen HR-Experten

Wir passen uns nicht flexibel genug unseren Kunden, deren Realität, den Märkten und unseren Zielgruppen an. Die Personalfunktion leidet am Klischee von „zu bürokratisch, zu langsam, keine Ahnung vom Geschäft“. Wir haben keine Business-Kompetenz. 2/3 unserer Arbeit besteht aus rein personaladministrativen Prozessen, deshalb können wir nicht strategisch wahrgenommen werden. 

Die Rolle des HR-Business-Partners steht und fällt mit ihrer Interaktionsfähigkeit und mit dem Verständnis für das Business!

Reaktive Personalarbeit braucht keinen HR-Business-Partner 

Das Erbe von HR ist die operative Ebene

Das inkonsequente Design dieser HR-Organisationen ist Kern des Fehlers. Wieso eigentlich? HR wird traditionell geschätzt für das Minimieren von Risiken, Einhalten von Regeln (Gesetzen, Verordnungen, Vereinbarungen), schneller Reaktionszeit und der Zufriedenheit unserer internen und in vielen Fällen auch externen Kunden. Das flexible Reagieren auf Zuruf ist ebenfalls in unserer DNA und somit in der Wertschätzung unserer Kunden weit oben. Wir haben diese Komfortzone nie richtig verlassen. Das ist die DNA der Personalerwelt und neue Kollegen wurden stets schnell damit sozialisiert. Auch ein für manche Personaler abstraktes neues Organisationsmodell wurde schnell weggeatmet, weil das Business dies auch schwerlich akzeptierte. Der Bereichsleiter konnte immer bei “seiner” HR-Referentin anrufen und Themen dort abladen. Und nun gibt es aus seiner Sicht komplexe Strukturen, kein “one face to the customer”, Abläufe, die man nicht mehr beeinflussen kann, eine Standardisierung, für die das eigene Verständnis gering ist. Und damit überlebt der alte HR-Generalist im Kleid des HR-Business-Partners bis heute. Mal ehrlich, Hand aufs Herz: welcher HR-Business-Partner hat rein strategische Themen auf dem Tisch? Sie stecken doch knietief im operativen Alltag.

Was wird wirklich helfen?

Ich werfe mal die These in den Raum, dass nur ein Organisationsmodell oder nur ein neues HR-Betriebssystem nicht helfen wird. Wir brauchen ein Wertegerüst und klare Definition, welchen Wertbeitrag wir als HR, People & Culture oder wie auch immer wir genannt werden wollen leisten. Dabei gilt natürlich auch, dass wir nicht die auf Richtlinien pochenden Nervensägen sind, nicht die, die anklagend uns darüber mokieren, dass der Prozess nicht richtig gemacht wurde. Wir sind doch die, die den richtigen Prozess einfordern müssen!

Wir müssen das Unternehmen ganzheitlich betrachten und eben auch ganzheitlich beraten. Wir müssen uns freimachen von der Idee, dass nur die qualitativ gute Erbringung der operativen Themen automatisch zum Resultat “gute HR-Arbeit” führt. Wir müssen strategisch denken und strategisch handeln, dabei die Standards im Griff haben, den Blick auf Effizienz, Kosten und Effektivität des gesamten Personalkörpers ebenso im Blick haben, wie die vielen kleinen Unzulänglichkeiten, die sich in Führung und Kultur so einschleichen. Mitarbeiter gewinnen ist heute schon erfolgskritisch. Die Mitarbeiter zu halten, weiterzuentwickeln und dabei Talente und Kompetenzen so einzusetzen, damit die Unternehmensziele wie auch die Zufriedenheit und Entwicklung der Mitarbeiter gleichermaßen gelingen.

Trennung in “Run” und “Change”

Wie bringen wir die HR-Funktion “up to speed”?

Das Modell von Prof. Dave Ulrich sollte dem Enablement der Organisation dienen und die Wandlungs- und Modernisierungsfähigkeit fördern. Der Fokus lag mehr auf dem Veränderungsmanagement und damit auf “Change the Business”, als auf die typischen transaktionalen Elemente im Alltag eines HR-Generalisten, die noch heute typisch sind. 

Der Ansatz ist heute noch modern und lohnt einer genaueren Betrachtung. Wenn Sie Ihr Personalwesen in transaktionalen und transformationalen Themen aufstellen, gelingt Ihnen das Liefern der Standards in hoher Qualität sowie der Fokus auf die notwendige Initiierung und Begleitung von Veränderungen und des Wandels.

Aspekte, zur Ausrichtung Ihres Personalwesens

Wenn Sie sich die Frage stellen, wie Sie Ihr Personalwesens neu aufstellen, neu adjustieren oder wieder ertüchtigen, dreht es sich aus meiner festen Überzeugung nicht primär um das Organisationsmodell, sondern um das Mindset der Kollegen und das Dogma des Bereichs. Gute Dogmen sind u. a. vollständiger Abbau von lähmender Bürokratie, komplette Ausrichtung auf die internen und externen Kunden mit Candidate-Experience und Employee-Centricity.

Ich bin sicher, dass Sie über diese Aspekte nachdenken müssen:

  • Mindset Ihrer Kollegen der Personalfunktion (Entrepreneurship des People-Company-Modells)
  • ideales Setting der internen Betreuungs- und Beratungsfunktion
  • Service-Einheit für die transaktionalen Standards, die 80 % der Tätigkeiten ausmachen
  • Experteneinheit, die sich um Konzepte, Projekte, Ertüchtigungen auf dem Mitarbeiter-Lebenszyklus kümmert
  • individuelle Schwerpunkte, bspw. Recruiting, dort wo die Personalgewinnung für das Geschäftsmodell essenziell ist

Wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Ertüchtigung!

Beste Grüße

Ihr Marcus K. Reif

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