Die aktuelle Pressemeldung der CDU Deutschlands titelt: SPD beschließt Krisenverschärfungsprogramm. So eng würde ich das jetzt nicht betrachten, aber ein Blick auf das, was auf de SPD-Parteitag beschlossen und beklatscht wurde, sollte schon notwendig sein. Tun wir das mal:
KOALITIONEN
- Bündnis mit der Linkspartei schließt die SPD “auf Bundesebene für die gesamte nächste Legislaturperiode” ebenso aus, ebenso wie eine Minderheitsregierung unter Duldung durch Die Linke
- Koalition mit den Grünen ist Präferenz
- Ampelkoalition mit der FDP als Szenario zwei
- große Koalition bleibt Ausnahme
Marcus meint dazu, dass linke Politik und die gleichzeitige Abgrenzung zu der Partei, die linke Politik versinnbildlicht, nicht zusammenpasst. Die SPD hat alleine durch die Programmatik die meisten Schnittstellen mit Die Linke. Fazit: Das apodiktische Ausschließen ist wenig glaubhaft, weil unlogisch. Die SPD sollte dazu stehen, was sie will und mit wem das geht. Wenn das Rot-Rot-Grün ist, ist das zwar meiner Ansicht nach schlecht für Deutschland, aber immer noch ehrlicher, das das Changieren zwischen “so geht’s, aber nicht mit denen”.
„Die Opposition ist Mist, lasst das die anderen machen. Wir wollen regieren.“, meint Steinmeier dazu.
Und um nichts anderes als das geht es derzeit bei der SPD: um die Macht der Macht wegen; um das Regieren des Regierens willen.
STEUERN
- Lohnsteuerbonus von 300 Euro für Alleinstehende (600 Euro für Paare), wenn sie auf eine Steuererklärung verzichten
- Eingangssteuersatz soll von 14 auf zehn Prozent sinken
- Kinderfreibetrag wird 2010 um 200 Euro angehoben
- Spitzensatz der Reichensteuer soll von 45 auf 47 Prozent steigen für Einkommen ab 125.000 Euro (bisher 250.000 Euro). Die Mehreinnahmen fließen als “Bildungssoli” in den Bildungsbereich
- Allgemeiner Spitzensteuersatz von 42 Prozent unverändert
- Zudem soll es eine Umsatzsteuer für Börsengeschäfte geben
Marcus meint dazu, dass diejenigen, die den größten Teil der Einkommenssteuer zahlen, nicht noch zusätzlich durch die so genannte Reichensteuer belastet werden dürfen. Wie gerecht ist es denn, wenn die Leistungsträger ohne großes Murren Einkommenssteuer zahlen und nun durch dieses Unwort Reichensteuer nochmals zur Kasse gebeten werden. Von einem fairen Wettbewerb kann hier ja wohl keine Rede sein. Siehe auch: Steuerprogression ist Raub! Mit ähnlichem Gedanken ist TSG schon hart gelandet.
ARBEIT
- allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde wird als “sinnvolle Orientierungsmarke” genannt
- Lohnlücke zwischen Männern und Frauen soll sich schließen. Für Frauen in Führungspositionen, auch in Aufsichtsräten, soll es eine Frauenquote von 40 Prozent geben
- Die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit soll für sechs Jahre bis 2015 verlängert werden
- Die Deckelung des Altersschonvermögens, das ein Bezieher von Arbeitslosengeld II als Reserve behalten darf, auf 250 Euro pro Lebensjahr wird aufgehoben. Vermögen zur privaten Altersvorsorge wird nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet, wenn es unwiderruflich als Rente ausgezahlt wird
Marcus meint dazu: eine Frauenquote aus dem Blickwinkel der Diversity ist mehr als löblich. Dies zu oktroyieren und vom Leistungsgedanken zu entkoppeln, kann nur aus sozialistischer Feder stammen. Qualität muss der entscheidende Faktor sein. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist stark genug, auch in Aufsichtsräten für die richtige Besetzung zu sorgen. Fazit: blöde Idee.
BILDUNG
- Zahl der etwa 80.000 Schulabbrecher jährlich soll jedes Jahr um mindestens zehn Prozent sinken
- Rechtsanspruch für Kinder auf Betreuungseinrichtung ab dem ersten Geburtstag vom Jahr 2013 an wird ausgeweitet auf ein Recht auf Ganztagsbetreuung. Längerfristig ist das Ziel eine vollständige Gebührenfreiheit in der frühkindlichen Bildung
- Gebührenfreies Erststudium
Marcus meint dazu: welche Maßnahmen werden denn ergriffen, um die Schulabbrecher zu reduzieren? Im sozialdemokratischen Wahlprogramm 2008/2009 wurde dies noch durch das “Haus der Bildung” angedacht mit dem Ergebnis, dass Schulnoten entfallen, Versetzungen garantiert erfolgen und die Schüler in eine leistungsorientierte Welt eintreten, ohne jemals die Konsequenz aus Faulheit kennengelernt zu haben.
Wer zahlt eigentlich den Rechtsanspruch auf Betreuungseinrichtungen? Dies wurde unter dem Stichwort der U-3-Betreuung oder Bambini-Programm auf die Kommunen abgewälzt, die heute mehrheitlich nicht in der Lage sind, die gesetzlichen Quoten zu garantieren, geschweige denn zu finanzieren. Subsidiarität lässt grüßen. Fazit: unfinanzierbar, aber ehrenwert.
UMWELT/ENERGIE
- Bis zum Jahr 2020 500.000 zusätzliche Jobs durch eine “ambitionierte Klimaschutzpolitik”
- Neubau von Kohlekraftwerken nur unter Auflagen
- Öko-Strom aus erneuerbaren Energieträgern soll bis 2030 die Hälfte des Strombedarfs decken
- Bekräftigt wird der Ausstieg aus der Atomenergie bis 2021
- Für die Stromnetze soll es eine Deutsche Netz AG geben, an der eine staatliche Beteiligung vorstellbar ist
Ist Herr Scheer wieder da? ;-)
WIRTSCHAFT
- Anreize für Kapitalinvestitionen in ökologisch verträgliche und zukunftsfähige Projekte
- Aktiengesetz: volles Stimmrecht erhalten Aktionäre erst nach einer Mindesthaltedauer von einem Jahr
Marcus meint dazu: allgemeinkonkret. Auswirkung daraus: nahe null.
VERKEHR
- Börsengang der Deutschen Bahn, auch in Teilen, wird für die nächsten vier Jahre ebenso ausgeschlossen, wie ein Einstieg privater Kapitalgeber bei dem Bundesunternehmen
- Entfernungspauschale für Berufspendler soll so umgebaut werden, dass unabhängig vom Einkommen alle die gleiche Rückerstattung pro Kilometer erhalten
Viel weiter weg von der Sozialen Marktwirtschaft geht es wohl nicht mehr. Wir brauchen weniger Staat und dafür mehr Eigenverantwortung einzelner. Weshalb soll der Staat überall regulierend eingreifen? Wer zahlt diese Bürokratie? Die Reichen mit der Reichensteuer? Wer zahlt, wenn keine so genannten Reichen mehr da sind?
SOZIALES
- Bürgersozialversicherungen, die alle einbeziehen – auch Selbstständige und Beamte
- gesetzliche Rentenversicherung sei ohne Alternative. Dazu gehöre die schrittweise Anhebung des Rentenbeginns auf 67 Jahre bis 2029. Das Rentensystem in Ost und West wird vereinheitlicht
- Steueranteil für die gesetzliche Krankenversicherung soll steigen. Der volle Kassenbeitrag soll wieder je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden. Die Private Krankenversicherung wird in den Gesundheitsfonds einbezogen
- Anspruch von Arbeitnehmern auf eine bezahlte Freistellung für bis zu zehn Tage bei Pflege eines nahen Angehörigen
Marcus meint dazu: mit freier Entfaltung und Recht auf wirtschaftlicher Selbstbestimmung der Unternehmen hat das wenig zu tun. Welche Unternehmer werden dies ohne Murren noch ertragen? Ein Schlag ins Gesicht der Sozialen Marktwirtschaft.
Also, was darf man von einer SPD im Bundestagswahlkampf erwarten? Ein Wahlprogramm vom linken Flügel erstellt, mit einem Bundesvorsitzenden Müntefering und einem Kanzlerkandidaten Steinmeier, die beide für die personifizierte Agenda 2010 stehen, wird das interessant. Die Agenda 2010 war wichtig und bleibt richtig. Nachbesserungen wird es immer geben müssen. Ich glaube, dass ein Teil der SPD das Wahlprogramm für zu links, andere für zu sehr auf die Mitte konzentriert wahrnehmen werden. Trotz aller Geschlossenheit wird der Glaube der Wählerinnen und Wähler in die SPD entscheidend werden. Ich bin gespannt – wie immer ;-)
Marcus Reif