Um ehrlich zu sein, dachte ich einige Jahre, dass wir weiter sind. Durch die Krise seit dem Ukraine-Krieg, der gestiegenen Heiz- und Allgemeinkosten, der Inflation und der zunehmenden Aktivitäten beim Personalabbau zweifle ich. Wir kommen wieder zurück in tradierte Verhaltensmuster. Hiring/Firing auf der einen Seite, erzwungene Präsenz in den Büros auf der anderen, dabei erlebe ich eine Renaissance der Micromanager in Führungsrollen. Auf einmal zählt wieder das Führungsprinzip „Command & Control“, vom Empowerment und der Selbststeuerung der Mitarbeiter bleibt immer weniger übrig.
Persönlich beobachte ich einen eklatanten Rückfall in alte Muster. Vermutlich liegt es am mangelnden Vertrauen und dem Bedürfnis, alles zu kontrollieren, weil der Druck von oben vom Top-Management, Aufsichtsrat und Gesellschaftern hoch ist. Auf einmal wollen Top-Führungskräfte wieder Entscheidungen über Tagesgeschäft treffen. Einstellungsentscheidungen werden aufwärts delegiert, Budgetausgaben gemicromanagt, Investitionen aufgeschoben und vieles weitere mehr. Führungskräfte ziehen Entscheidungen über transaktionale und operative Themen zu sich ran. Einstellungsentscheidungen werden verzögert, Nachbesetzungen geschoben und all das muss kontrolliert werden.
All das ist keine Performance. Zumindest keine aus der Perspektive des Jahres 2024, wenn wir noch Begriffe wie Führungswirksamkeit, New Work und vertrauensbasierte Führung in einer “Purpose driven Culture” als ernsthaft betrachten wollen. Und stellen wir uns mal die Frage: was sind die Kriterien für die Leistungsbeurteilung, wenn Micromanagement wieder vorherrscht? “Ich bin die beste Arbeitsdrohne”? Wir glauben doch nicht, dass jemand abends zu seinem Partner sagt: “Mensch, wie geil bin ich heute wieder gemicromanagt worden”.
Wo sind denn alle Bestrebungen geblieben, dass wir die besten Menschen für uns gewinnen, ihnen Freiräume geben zur Entfaltung und zur Entwicklung, Verantwortung delegieren, Selbststeuerung ermöglichen und das Maximum an Potenzial unserer Kollegen heben? Es zählt wieder die Führungskraft der Marke „Büroklammer“. Es wird gejammert über Mitarbeiter im Homeoffice, die nicht arbeiten. Die Kultur des Rumhockens in Büropräsenz hat wieder Kultur. Furchtbar, was geschieht. Der Micromanager ist wieder da!
Und wir lassen es geschehen. Personaler, steht auf! Wenn die Konjunktur dreht und es auffällt, dass keine guten Mitarbeiter mehr da sind, sind die Probleme kaum lösbar groß geworden. Und wir baden es aus!
Beste Grüße
Ihr Marcus K. Reif