Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Paradedisziplin Hochschulmarketing

Das Hochschulmarketing ist mit allem Fug und Recht die Paradedisziplin des modernen Employer-Brandings. Alles andere als kurzfristig, sondern als eine rein strategische Maßnahme mit mittel- bis langfristigem Scope ist das Hochschulmarketing eher für die Langstrecke der Arbeitgeberattraktivität.

423 Hochschulen in Deutschland

Aktuell haben wir 423 Hochschulen in Deutschland. Es ist faktisch unmöglich, alle gleichermaßen zu bedienen. Alle diese 423 Hochschulen bilden derzeit rund 2,6 Mio. Studierende (2013/2014) aus, denen man vermutlich die rund 413.000 Absolventen des Jahres 2012 ergänzend an die Seite stellen könnte. Statistisch nicht ganz sauber, aber das Verhältnis dient ganz anschaulich. Hinzu kommen noch 4.600 gymnasiale Zweige im Schülermarketing, aber das wird ein gesondertes Thema. 

Herausforderungen für Unternehmen

Doch was sind die Herausforderungen? Die Megatrends sind evident: 

  • Demografischer Wandel
  • verändertes Werteverständnis der Workforce
  • technologische Entwicklung

Über die wesentliche Herausforderung zur Zukunftsfähigkeit von Unternehmen schreibe ich hier ja alle paar Tage – ich meine den Kulturwandel! Gerade in diesen Tagen wird wieder viel geschrieben über eine Generation, die unmutig, risikoavers und sicherheitsbewusst, spießig oder überbehütet ist. In diesen Chor stimme ich hier jetzt nicht ein. Doch die Schlagwörter “Generation Biedermeier” oder “Egotaktiker” machen natürlich neugierig. Greife ich vielleicht gesondert auf. 

Zurück zu den Hochschulen. Wie agiert man aus Unternehmenssicht? Reicht es, einfach nur an den Hochschulen aktiv zu sein? Und genau da fangen die Schwierigkeiten an. Eine der Kerntaktiken im Employer-Branding ist die frühzeitige Attrahierung der Zielgruppe. Also unterstreicht dies auf jeden Fall einen Ausbau des Engagements an Hochschulen und weiterführenden Schulen. Aber an welchen? 

Wir wissen, dass an 423 Hochschulen rund 2,6 Mio. Studentinnen und Studenten gelehrt werden. Das sind – und ich bemühe keine statistisch geglättete Erhebung – 6.150 Studierende je Hochschule im einfachen Mittel. Klar, es gibt sehr große und viele kleine Hochschulen und etliche Unterschiede in der Dimensionierung der Universitäten im Vergleich zu Fachhochschulen oder privaten Business-Schools. Geschenkt, darum geht es mir nicht. Mir zeigen diese Zahlen, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern – USA, England, Frankreich beispielsweise – deutlich vielschichtiger und breiter in den Regionen aufgestellt ist. Deshalb ist Hochschulmarketing auch komplex und ein Engagement dort aufwändiger und kostenintensiver sein muss im globalen Vergleich.

Aber diese Zahl zeigt doch eindeutig, dass man nicht wahl- und ziellos auf Hochschulen zugehen sollte. Die zentralen Fragen sind: 

  • wer sind meine Zielgruppen? Und zwar nach Fakultät und in wirtschaftswissenschaftlichen, technischen oder naturwissenschaftlichen Studiengängen etc.
  • wo studiert diese Zielgruppe? Und zwar segmentiert nach Fachbereichen, Standorten und Hochschulen? 
  • wann graduiert meine Zielgruppe und in welcher Anzahl? 
  • wie viele Einstellungen benötige ich in den nächsten fünf Jahren? 
  • wann benötige ich welche Einstellungen? 
  • wo benötige ich welche Einstellungen? 

Je nach Recruiting-, Employer-Branding- und Geschäfts-Strategie lässt sich die eben erwähnte Liste kürzen oder ergänzen. Zumindest liegt es nahe, dass die Geschäftsstrategie und die Employer-Branding-Strategie “connected” sind. Das aufeinander Abstimmen der Handlungsstränge sowie der Personalmarketing-Taktiken, wie eben das Hochschulmarketing, ist ein Muss. Ohne die Abstimmung und Harmonisierung wird mit ziemlicher Sicherheit ein konfliktärer Zustand entstehen, der weder der einen noch der anderen Zielsetzung gerecht wird. 

Bleiben wir wieder bei der Frage:

wie viele Hochschulen nimmt man in die Hochschulmarketing-Strategie auf? 

Die Antwort lautet: zwischen 1 und 423 deutsche Hochschulen! OK, haben Sie erwartet ;).

Tatsächlicher Rekrutierungsbedarf

Nehmen wir an Sie vertreten ein lokal in Frankfurt agierendes Unternehmen mit 500 Mitarbeitern, einer moderaten Fluktuation von 5 % pro Jahr und einer Wachstumsstrategie, aus der heraus die Mitarbeiterschaft um 2 % jährlich wachsen sollte. Und das gewünschte Wachstum erfolgt rein aus einer akademischen Zielgruppe der Berufseinsteiger heraus. Wir wissen, Sie brauchen in den nächsten fünf Jahren 52 akademische Absolventen für das Wachstum von 5 % pro Jahr. Und Sie verlieren rund 158 Mitarbeiter im gleichen Zeitraum. Das führt Sie zu einem tatsächlichen Rekrutierungsbedarf in Höhe von 210 neuen Kolleginnen und Kollegen innerhalb der folgenden fünf Geschäftsjahre. 

Jedes Unternehmen erbringt eine gewisse Rendite aus Ihrer Bewerbungspipeline. Im Mittel gönnen wir dem Musterunternehmen von eben ein Yield von 5 %. Ergo brauchen Sie 4.200 qualifizierte Bewerbungen aus Ihrer Zielgruppe innerhalb von fünf Jahren, um die 210 Einstellungen zu generieren.

Um den Aufbau einer verlässlichen und stabilen Absolventen-Bewerbungspipeline zu erreichen, legen Sie nun Ihre Zielhochschulen fest. Und zwar gemessen an Ihrem “fair share” der Absolventen je Fakultät, Hochschule und Region. Sie haben ja selbst etliche Empirie, die Sie hierfür bemühen können. Die Berechnung oberhalb dürfen Sie als Beispiel werten. So kommen Sie schon deutlich näher an die Wahrheit. 

Die Empirie gibt Ihnen ja heute schon etliche valide Informationen. Schauen Sie zum einen Ihre aktuelle Workforce an. Die studierten Mitarbeiter haben ja irgendwo studiert. Ihre akademischen Bewerberinnen und Bewerber ebenfalls. Schon haben Sie sehr belastbare Zahlen, von welchen Hochschulen Sie bisher erfolgreich einstellen konnten. Das beantwortet noch nicht die Frage, von welchen Hochschulen Sie künftig einstellen wollen! 

Career-Center der Hochschulen

Viele Hochschulen etablierten bereits die so genannten Career-Center, um die Arbeit in Richtung der Unternehmen aber auch von Unternehmen hin zu den Fachbereichen und Lehrstühlen strukturierter darzustellen. Also der Wille ist da, das ist gut. Das Portfolio der Karrierezentren ist breit. Sie helfen Studierenden bei der Bewerbungen, Vorbereitung für Bewerbungsgespräche und Auswahltage, bieten Trainings und Seminare an. All das dient der Vorbereitung fürs Arbeitsleben. Vermutlich müssen wir Personaler die Schuld bei uns suchen, denn die Hochschulen kamen offensichtlich zu der Überzeugung, dass die Studierenden dies alles bräuchten, um bei uns eine letztlich erfolgreiche Bewerbung zu platzieren. Ich für mich, meinen Weg und meinen Arbeitgeber kann beteuern: brauchen Sie nicht! 

Entscheidend ist, dass Bewerberinnen und Bewerber ihre Biografie in einen relevanten Kontext zum Unternehmen setzen, also etwas über ihren eigenen Karrieremehrwert erzählen können. Zeigen Sie schon in der Bewerbung, was Sie auszeichnet. Meist überzeugt Engagement, Projekte und auch außeruniversitäre Themen mehr als Top-Noten. 

Für Unternehmen ist es schon eine Herausforderung, an allen deutschen Hochschulen ein Plakat aufhängen zu lassen. Wenn man an solch trivialer Aufgabe schon scheitert, wie soll man erst über eine nachhaltige und wirkungsvolle Hochschulmarketing-Aktivität diskutieren? Oder auch – wenn es umfangreicher sein soll – der Versuch, mit einem mobilen Messestand mal zwei Tage auf dem Campus präsent zu sein. Die Karrierezentren sind dort nicht oft hilfreich. Aber genau das wäre der Schlüsseleffekt für alle hochschulmarketingtreibenden Unternehmen!

Werfen wir nochmals einen Blick auf Zahlen, Daten und Fakten der Hochschulen in Deutschland:

Fakten rund um die Hochschulen 

  • 423 Hochschulen, 
  • davon 106 Universitäten 
  • 17.000 Studiengänge 
  • 2,6 Mio. Studierende, 
  • davon 799.000 in Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 
  • sowie 1.670.244 an Universitäten 
  • Studienberechtigtenquote: 49 %
  • 39 % aller Schulabsolventen mit Studienberechtigung beginnen ein Studium 
  • Anzahl Erstabsolventen: 294.881 (im Jahre 2010) 

Was wir wissen, ist, dass derzeit ein Hoch bei der Anzahl der Studierenden zu vermelden ist. Dies liegt im Wesentlichen in den Doppeljahrgängen begründet, nicht durch eine gestiegene Geburtenrate. Deshalb ist es wichtig, die vielen Pressemeldungen zu diesem Thema – Stichwort: Akademiker-Schwemme – ins rechte Licht zu rücken. Mein “Licht” bezieht sich auf meine Profession. Ich beschäftige mich beruflich mit Strategien rund um den Arbeitsmarkt – sowie deren Umsetzung und Operationalisierung – und wie ich für meinen Arbeitgeber eine solide, ernsthafte und nachhaltige Arbeitgeberstrategie aufbauen kann, um daraus mit einem modernen, qualitätsorientierten und überzeugenden Rekrutierungsprozess neue Kolleginnen und Kollegen für unser Haus zu gewinnen. Und aus diesem Licht heraus betrachtet sind wir rein statistisch betrachtet seit 1964 in einem stets enger werdenden Fach- und Führungskräftemarkt.

Die letzten Vertreter der Generation Baby-Boomer feiern dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. Die 1964 Geborenen gehören zum letzten Jahrgang vor dem Pillenknick und sind der letzte Jahrgang, bei dem mehr neue Kräfte in den Arbeitsmarkt einstiegen, als verdiente Mitarbeiter in Rente gingen. Im Jahr 1964 Jahren wurden noch 1,3 Millionen Menschen geboren, im vergangenen Jahr waren es lediglich 600.000 Geburten. Statistisch gesehen verzeichnet Deutschland also seit 50 Jahren einen stetig zunehmenden Fach- und Führungskräftemangel. In diesen Tagen werden in einigen Branchen die Auswirkungen daraus so frappierend, dass diesem Thema die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird. 

Studierendenzahl steigt an

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte im Dezember 2012 eine Pressemeldung: 

Die Zahl der Studierenden in Deutschland steigt immer mehr an. Waren
im Jahr 2001 noch 1,9 Millionen Studentinnen und Studenten an deutschen
Hochschulen eingeschrieben, erhöhte sich ihre Zahl innerhalb von zehn Jahren um 27 %
auf 2,4 Millionen im Jahr 2011. „Nach vorläufigen Daten hat sich die Zahl der
Studierenden zum Wintersemester 2012/2013 weiter auf 2,5 Millionen erhöht. Damit
wurde ein neuer Höchststand erreicht“, sagte Roderich Egeler, Präsident des
Statistischen Bundesamtes, heute auf einer Pressekonferenz in Berlin zur Situation des
Hochschulstandorts Deutschland. […] 

Quelle: destatis.de/…/pm_hochschule_PDF.pdf?__blob=publicationFile

Wir wissen also, dass von 2001 auf 2012 die Anzahl der Studierenden um 27 % gestiegen ist. 

Eine tolle Zahl, doch ist sie nicht nachhaltig, denn sie resultiert nicht aus einer in gleichermaßen sich entwickelnden Geburtenrate. Schauen wir uns mal weitere Fakten rund um die Hochschul- und Studierendenlandschaft. 

Schauen wir uns mal die Abschlüsse an:

Fakten der Abschlüsse

Fakten Diplom Uni Diplom FH Bachelor Master Promotion Lehramt Summe
Studierende 80.290 25.804 183.169 58.560 26.807 38.708 413.338
Durchschnittsalter 28,2 29,2 25,7 28,0 32,5 27,1
Frauenanteil  41.707 10.228 90.385 26.736 12.179 28.456 209.691
52% 40% 49% 46% 45% 74% 51%

Ein weiterer lohnenswerter Blick führt uns zu den Hochschularten. Von 416 Hochschulen im Jahr 2010 landen wir nun nach einem Zwischenhoch von 428 Hochschulen nun bei 423 Hochschulen in Summe, davon 106 Universitäten und 212 Fachhochschulen. 

Hochschularten

Bereich 2011/2012 2012/2013 2013/20141
 Quelle: destatis.de
Hochschulen insgesamt 421 428 423
Universitäten 108 108 106
Pädagogische Hochschulen 6 6 6
Theologische Hochschulen 16 17 17
Kunsthochschulen 52 52 53
Fachhochschulen
(ohne Verwaltungsfachhochschulen)
210 216 212
Verwaltungsfachhochschulen 29 29 29

Die Anzahl der Studierenden hat sich ebenfalls – aus vorgenannten Gründen – nach oben entwickelt. Insgesamt studieren 2.613.168 angehende Akademiker in Deutschland, davon 1.670.244 Studierende an Universitäten. Beide Werte reflektieren das Wintersemester 2013/2014. Der Anteil der Studierenden an Fachhochschulen liegt gemessen an den 847.223 Studierenden an dieser Hochschulart bei 32,4 %. Dieser Anteil wuchs vom WS11/12 um 1,2 %-Punkte von damals 31,2 %. Gleichzeitig reduzierte sich der Anteil der Studierenden an Universitäten von 65,6 % auf 63,9 % Anteil im gleichen Betrachtungszeitraum. 

Studierende

Hochschulart Wintersemester
2011/2012 2012/2013 2013/2014
 Quelle: destatis.de
Universitäten 1 546 136 1 611 664 1 670 244
Pädagogische Hochschulen 23 221 24 735 24 899
Theologische Hochschulen 2 475 2 557 2 491
Kunsthochschulen 33 569 34 719 35 255
Fachhochschulen 743 447 792 837 847 233
Verwaltungsfachhochschulen 32 126 32 897 33 046
Insgesamt 2 380 974 2 499 409 2 613 168

Nominell wuchs der Bereich Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften um 72.000 Studenten, aber anteilig nur von 30,5 % auf 30,6 % eher marginal. 

Fächergruppe Wintersemester
2011/2012 2012/2013 2013/20141
Quelle: destatis.de
Sprach- und Kulturwissenschaften 457 464 476 958 489 266
Sport 27 392 27 367 28 023
Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 726 195 759 610 798 861
Mathematik, Naturwissenschaften 423 100 449 758 471 087
Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften 131 688 139 422 146 989
Veterinärmedizin 8 236 8 230 8 109
Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften 45 554 47 766 50 001
Ingenieurwissenschaften 472 590 499 419 525 929
Kunst, Kunstwissenschaft 85 951 88 329 90 562
Sonstige Fächer und ungeklärt 2 804 2 550 4 341
Insgesamt 2 380 974 2 499 409 2 613 168

Hier noch eine Grafik zur den Fächergruppenanteilen:

StudentenFaechergruppen

Absolventen

Zusammengefasste Abschlussprüfungen Prüfungsjahr
2010 2011 2012

Quelle: destatis.de

Universitärer Abschluss (ohne Lehramtsprüfungen, Bachelor- und Masterabschlüsse)1 103 413 94 018 80 290
Frauen 54 086 48 460 41 707
Ausländer 11 344 10 130 8 622
Durchschnittsalter 28,0 28,1 28,2
Promotionen 25 629 26 981 26 807
Frauen 11 301 12 105 12 179
Ausländer 3 831 4 064 4 126
Durchschnittsalter 32,7 32,7 32,5
Lehramtsprüfungen2 37 577 38 758 38 708
Frauen 27 707 28 348 28 456
Ausländer 664 746 725
Durchschnittsalter 27,2 27,2 27,1
Fachhochschulabschluss3 56 248 38 638 25 804
Frauen 23 124 15 407 10 228
Ausländer 4 292 3 245 2 210
Durchschnittsalter 28,2 28,6 29,2
Bachelor 112 108 152 484 183 169
Frauen 57 326 76 176 90 385
Ausländer 7 783 10 571 12 142
Durchschnittsalter 25,5 25,5 25,7
Master 26 722 41 292 58 560
Frauen 12 225 18 241 26 736
Ausländer 7 558 9 576 11 753
Durchschnittsalter 29,7 29,1 28,5

Hoffe, der kleine Beitrag gibt für die Paradedisziplin Hochschulmarketing einen ersten nutzbaren Einblick. 

Beste Grüße 

Marcus Reif 

Verweis: alle Tabellen entnommen von Destatis.de

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