Die Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung am Dienstag, dem 21. Juni 2011, hatte ein wesentliches Thema – die Erhöhung der Steuersätze, rückwirkend zum Jahresanfang.
In der Haushaltsgenehmigung hatte der Landrat als Kommunalaufsicht die Erhöhung der Grundsteuer B angeordnet sowie eine generelle Einsparung in Höhe von 1 Mio. EUR.
1. Nachtragshaushalt 2011. Beratung und Beschlussfassung – Drucksache XVII/0025-D –
Das Abstimmungsergebnis im Punkt Gewerbesteuererhöhung:
20 Stimmen durch SPD und GALF
17 Stimmen durch CDU, dfb und FDP
Die Erhöhung der Grundsteuer A und B erfolgte einvernehmlich.
Hier meine Rede im Wortlaut:
Von der Kommunalaufsicht wurde die Erhöhung der Grundsteuer B verlangt. In diesem Rutsch gleich Grundsteuer A und Gewerbesteuer zu erhöhen, ist kein gutes Zeichen an Unternehmen und Unternehmer sowie unsere Bürger hier vor Ort. Derzeit liegen folgende Anträge vor:
- Erhöhung der Grundsteuer A und B von 220 auf 280
- das sind satte 27 % Erhöhung
- Erhöhung der Gewerbesteuer von 300 auf 330 (gemeinsamer Antrag von GALF und SPD)
- das sind satte 10 %
Viele jahrelang treue Flörsheimer Unternehmer sind doch nicht endlos zur Kasse zu bitten. Ein Flörsheimer Gewerbetreibender zahlt Grund- und Gewerbesteuer! Auch die Grundeigentümer wird die Erhöhung der Grundsteuer hart treffen.
Wir haben im aktuellen Haushalt folgende Steuereinnahmen:
- Grundsteuer A: 30.800,- EUR, erhöht sich theoretisch nach Steueranpassung auf rund 36.000,- EUR
- Grundsteuer B: 1.500.000,- EUR, erhöht sich theoretisch nach Steueranpassung auf ca. 1.750.000,- EUR
- Gewerbesteuer: 5.300.000,- EUR, erhöht sich theoretisch nach Steueranpassung auf ca. 5.800.000,- EUR
Theoretisch sind das Mehr-Steuereinnahmen von 750.000,- EUR. So einfach ist die Rechnung aber nicht, denn heute ist die Stadt Flörsheim bei der Ansiedelung von Gewerbe im Wesentlichen erfolgreich mit Unternehmen, die überdurchschnittlich flächenintensiv sind, eine sehr kleine Relation zwischen Arbeitsplätzen und Gewerbesteuer und eine noch kleinere Relation zwischen Fläche und Gewerbesteuer haben. Und dazu produzieren diese Unternehmen noch Verkehr, der für ihre wirtschaftliche Tätigkeit selbstverständlich ist.
Dies alles sind kleine Aspekte, die zu unseren Problemchen dazukommen. Mit einer strategischen Standortpolitik nach dieser Güte werden wir weitere flächenintensive Gewerbetreibende nach Flörsheim bekommen. Und mal die Frage in den Raum gestellt: wenn ein großer Verteilspediteur für Supermärkte nach Flörsheim kommen möchte, der viele Tausend Quadratmeter Fläche beansprucht, können wir in unserer Lage zur Ansiedlung nein sagen? Können wir überhaupt Nein sagen zu neuem Gewerbe? Wir bekommen dadurch mehr Verkehr und der komplette Verkehr fließt nicht über die Opelbrücke auf die A3 ab, sondern verteilt sich auf die gesamte Stadt. Das ist Verkehr, der noch zu dem kommt, der schon da ist und die Menschen belastet. Das sind hausgemachte Probleme!
Bei der letzten HFA-Sitzung hatten wir schon ein paar Worte dazu verloren. Wir stehen im unmittelbaren Wettbewerb in einer multipolaren Welt. Bei der Standortentscheidung wird jeder Kilometer einfache Wegstrecke in die Wirtschaftlichkeitsberechnung mit aufgenommen. Natürlich wird es einen Unterschied machen, ob eine Ansiedlung in Flörsheim sinnvoll ist und die Zu- und Ablieferverkehr dazu 15-20 km weiter fahren muss. Die Gewerbesteuerhöhe macht hier den Unterschied. Wir müssen uns mit Städten und Gemeinden in unserer unmittelbaren Nachbarschaft messen. Wir haben Sulzbach mit 290 %, Liederbach mit 295 %, wir haben Hattersheim mit 310 % und wir haben Hochheim mit 310 % Gewerbesteuer. Südlich des Mains haben wir Rüsselsheim mit 390 % und Raunheim mit 380 %. Wir stehen im Wettbewerb als Wirtschaftsstandort und wer davon ausgeht, dass Flörsheim mit seiner regionalen Lage mit Rüsselsheim und Raunheim konkurriert, zeigt, dass er von Wirtschaft keine Ahnung hat.
Wir müssen doch auch daran denken, dass wir für die jungen Flörsheimer Arbeitsplätze vor Ort schaffen! Arbeitsplätze, die attraktiv sind. Für gering, normal und auch höher Qualifizierte. Flächenintensive Betriebe sind allerdings recht homogen in der Vielfalt der Arbeitsplätze.
Ich bin überzeugt, dass treue und sicherlich viele Flörsheimer Unternehmer ihren Beitrag zur Stabilisierung der Finanzen gerne leisten, damit sich die Stadt die hohen Standards bei Kinder- und Jugend sowie Sozialem und bei unserem Schulangebot leisten kann. Aber eins ist auch klar – wir überdrehen sehr mit dieser Erhöhung!
Wir verlangen in Summe 11 % mehr Steuern! Von Bürgern und Unternehmen. 750.000,- EUR müssen doch von den Unternehmern erst mal verdient werden. Von den Grundeigentümern ganz abgesehen, die eine extreme Erhöhung zu schultern haben.
Wir greifen zu alten sozialdemokratischen Mitteln: wenn die Kohle nicht mehr reicht, greif in die Taschen anderer. Die Erhöhung der Grundsteuern tragen wir mit, die Erhöhung der Gewerbesteuer auf 310 Punkte trügen wir ebenfalls mit, aber lehnen die Gewerbesteuererhöhung auf 330 Punkte definitiv ab und bitten, dies auch ins Protokoll aufzunehmen.
Wir appellieren eindringlich, diese strategischen Fehlentscheidung nicht zu begehen. Uns sollte Flörsheim am Herzen liegen!
Marcus K. Reif
Partei- und Fraktionsvorsitzender
CDU Flörsheim am Main