In gewisser Weise ist Hessen, gemeinsam mit Bremerhaven, einzigartig. Diese beiden sehr ungleichen Bundesländer – Bremerhaven dazu bildet als kreisfreie Stadt zusammen mit Bremen das Land Freie Hansestadt Bremen – betreiben ein recht seltenes Landesgesetz. In Hessen ist die Hessische Gemeindeordnung – kurz HGO genannt – die Magistratsverfassung, die als Gemeindeordnung die Geschäfte der kommunalen Gebietskörperschaften regelt. In Deutschland liegt die Zuständigkeit zur Regelung der Gemeindeverfassung nach Art. 70 des Grundgesetzes bei den Ländern, was natürlich einige Unterschiede mit sich bringt.
Die Hessische Gemeindeordnung basiert auf der von 1810 stammenden preußischen Städteordnung. Sehr stolz berichten Kommunalpolitiker von Freiherr vom Stein, der sehr reformorientiert für seine Zeit diese heute noch gültige Magistratsverfassung schuf. Hessische Kommunalpolitiker greifen oft zu den HGO-Kommentaren in Buchform, um ihr ehrenamtliches Geschäft zu ordnen. Sei es die Regelung von Zuständigkeiten oder von Rechten bei der Mitwirkung.
An der HGO wird seid Jahren Kritik geübt, dass die Gewaltenteilung zwar strikt, aber das Recht des in einer Ur-Wahl für die Dauer von sechs Jahren direkt gewählte Bürgermeisters nicht so exponiert ist, wie dies in der süddeutschen Ratsverfassung ist. Die Stadtverordnetenversammlung auf der einen und der Gemeindevorstand auf der anderen Seite. Die Trennung ist so strikt, dass Stadtverordnete nicht gleichzeitig Mitglied im Magistrat sein dürfen. Aus meiner Sicht von sechs Jahren Kommunalpolitik ist das eine bewährte Trennung. Der Bürgermeister sitzt dem Gemeindevorstand – in Städten Magistrat genannt – vor, der Magistrat ist allerdings ein Kollegialorgan. Das heißt, dass der Bürgermeister sich im Magistrat abzustimmen hat, also keine Entscheidungen oktroyieren kann. Aus meiner Sicht eine sinnvolle Maßnahme, dient sie doch dazu, Entscheidungen vorzubereiten, sie zu diskutieren und im Konsens zu beschließen.
Mit der Änderung, dass seit 1992 der Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landrat direkt gewählt wird, wurde verpasst, der durch die Direktwahl bekundete Mehrheitswille zur Übernahme von Verantwortung auch eine Stärkung der Rolle im Magistrat zuteil werden zu lassen. Das wäre folgerichtig gewesen, ist allerdings nicht so. Weiterhin ist der direkt gewählte Bürgermeister Vorsitzender des Kollegialorgans. Bei Stimmengleichheit entscheidet allerdings seine Stimme zu seinen Gunsten. Früher wurde der Bürgermeister von der regierenden Mehrheit gewählt. Bei kontinuierlich niedrigen bis sinkenden Wahlbeteiligungen bei Direktwahlen darf man allerdings die Frage stellen, ob die Demokratie hier noch ein Interesse daran hat. Das Ziel, durch die Direktwahl Partizipation und direkte Demokratie zu erhöhen, ist aus Sicht Vieler nicht erreicht worden.
Link: Hessische Gemeindeordnung in der Fassung von 2005
Beste Grüße
Marcus Reif
Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Magistratsverfassung und http://de.wikipedia.org/wiki/Hessische_Gemeindeordnung