Hatte vor drei Wochen die Gelegenheit, bei einem Unternehmerstammtisch etwas länger mit Thorsten Schäfer-Gümbel zu sprechen. Der Name mit seinem Klang bleibt einem eigentlich im Gedächtsnis, aber für die weniger kundigen in der Polit- und Parteienlandschaft – das ist der hessische Landesvorsitzende der SPD sowie Fraktionsvorsitzende der SPD im hessischen Landtag.
Heute vor einem Jahr am 3. November 2008 stand Andrea Ypsilanti kurz davor, einen epochalen Schritt zu tun – die hessische Regierungsbildung der SPD mit den Grünen unter Tolerierung der Partei Die Linke. Das Ausmaß ist mehr als bekannt.
Die Auslegung der Krise der Volkspartei SPD ist vielfältig und so richtig einheitsinterpretiert ist sie immer noch nicht. Manche gehen davon aus, dass der Wortbruch – vorher wurde gesagt “niemals mit Die Linke” – ausschlaggebend für das fatale Ergebnis in Hessen, bei der Europawahl und nun auch nach fast einem Jahr danach bei der Bundestagswahl gewesen ist. Vieles spricht dafür, dass dies so sein kann. Doch wage ich zu bezweifeln, dass eine törichte, provinzell babbelnde Ministerpräsidentinkandidatin mit ihrem Wortbruch einen entscheidenden Anteil am Niedergang der SPD hat. Und da kommen wir zum zweiten Punkt, was ursächlich ist: Die Linke!
Die Partei Die Linke hat in unglaublich kurzer Zeit dazu beigetragen, dass das Wählerklientel und die Attraktivität der Volkspartei SPD nachhaltig erodiert ist. Die SPD heute als Volkspartei zu bezeichnen, ist gewagt. Die CDU steht zwar auf einem höheren Niveau, doch die Entwicklung ist in manchen Bereichen vergleichbar. Das Verhältnis der SPD zur Linkspartei ist vordergründig zerrissen. Schaut man mal in die Wahlprogramme, so sind mehr als Zweidrittel der Punkte deckungsgleich oder sehr nah beieinander. Wenn man das als Hypothese auslegen würde, wäre eine Koalition zwischen den beiden mehr als naheliegend. Und das ist das Problem, der zentrale Kern der Schwierigkeiten. Oskar Lafontaine hat gemeinsam mit der SED-Nachfolgepartei PDS und der damaligen WASG eine Partei geschaffen, die vor der Modernisierung der Volkspartei SPD von einem sehr großen Teil der Bundesbürger als Heimat gesehen wurde und nun durch die Anpassungen der SPD an die aktuelle Welt und den sich gebietenden Realismus Heimat geworden ist. Und das ist menschlich, weil Wähler wählen nach Bauchgefühl. Bauchgefühl, oder richtigerweise Intuition genannt, entscheidet selten nach Vernunft und Notwendigkeiten des Jahres 2009, sondern nach zum Teil Wunschdenken, der guten alten Zeit, nach Solidarität und Gerechtigkeit. Vieles ist heute schneller geworden, unbequemer, das Profitstreben für viele nicht mehr nachzuvollziehen. Dass man lieber warme Suppe, als kalten Wind genießt, ist klar.
Das Problem was damals vor einem Jahr Jürgen Walter artikulierte, zeigt, dass er ein dem Realismus und Anforderungen an die Gegenwart geschuldete Politik vertreten hat, die viele Menschen und Parteimitglieder angesprochen hat. Die vier von der Presse fälschlicherweise Abweichler genannten Abgeordneten haben dem Machterhaltungstrieb von Frau Ypsilanti und ihrer Entourage Einhalt geboten und dadurch ihre politische Existenz geopfert und sicherlich viele Beleidigungen und Diskreditierungen ertragen müssen. Letztlich war es eine Gewissensentscheidung von Abgeordneten.
Wie subtil das wirkt, wenn gerade in diesen Tagen Ypsilanti und ihr Adlatus Scheer als Heilsbringer der SPD beklatscht werden … Wie schlimm muss es denn noch kommen, damit die Fehler erkannt werden.
TSG twitterte heute:
“#Haben unsere Lektion gelernt, deshalb Neuaufbau. #Ende autoritaerer Politikbilder dauert aber noch lange”.
Wenn er sich deutlich von seiner Vorgängerin abgrenzt und ihr weitere Einwürfe versagt, wäre das für alle Demokratieliebenden ein großer Vorteil!
Beste Grüße
Marcus Reif
Wer vier charakterlose Karrierepolitiker als Helden verkaufen will und sich mit ihnen solidarisiert, hat entweder ein Realit?tsproblem, oder er hat denselben miesen Charakter wie diese Abweichler.
Wenn man bei allen vorherigen Fraktionssitzungen die Vorgehensweise von Andrea Ypsilanti mitgetragen hat und bei allen Abstimmungen mit Zustimmung votierte, und praktisch in letzter Minute pl?tzlich Gewissensbisse reklamiert, weil man, wie J?rgen Walter, f?r den erw?nschten Posten nicht vorgesehen wurde, ist man ein Charakterlump.
Wenn die SPD konsequent nach Parteistatut reagiert h?tte und die Schiedskommission nicht selbst zum rechten Fl?gel z?hlen w?rde, h?tte man diese vier Abweichler aus der Partei ausschlie?en m?ssen.
Kurz: Unreif.
Vergeuden sie ihre Zeit nicht in einer Endlosschleife, und gehen sie in die Introspektive. Dem System Koch muss die hessische CDU in den kommenden drei Jahren entrinnen, sonst waren die 12 Prozentpunkte nur ein Vorbeben. Mir fehlen Analyse der und Konsequenzen aus dem Desaster der letzten beiden Landtagswahlen. Bei so vielen uneinsichtigen alten M?nnern muss es doch auch ein paar junge Leute geben, fernab dieser uns?glichen Speichellecker von der “Jungen” Union, die dem Establishment Paroli bieten.