Die Presse treibt einen richtigen “Skandal” durch die Medien. Wie die Meinungsumfrage des Dimap-Instituts herausgefunden hat, suchen 28 Prozent der befragten Unternehmen gezielt im Internet nach Informationen über Bewerber. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit passiert dies im Vorfeld einer Einladung zu Vorstellungsgespräch. Als Quellen werden Karriereportale (welche genau sollen das sein?), aber auch soziale Netzwerke, wie Facebook oder StudiVZ, genutzt.
Und – wen wundert’s – werden hier Partyfotos, unflätige Meinungsbekundungen über Arbeitgeber usw. ins Feld geführt, die als Karrierehindernis das berufliche Fortkommen negativ beeinflussen. Skandälchen, Skandale und negative Nachrichten verkaufen sich natürlich viel besser, als positive.
Man muss ja mal einige Punkte klarstellen. 28 % sind nicht 100 %. Konzerne und größere Firmen mit Bewerbungseingängen im vier- oder fünfstelligen Bereich haben oftmals gar keine Kapazitäten für einen Hintergrundcheck der Bewerbungen im Internet. Gar nicht zur Geltung kommen in den Artikeln übrigens die positiven Effekte aus der Präsenz der Bewerber. Oder wenn jemand durch sein Verhalten in Diskussionen, in sozialen Netzwerken oder durch seine Präsenz selbst sehr positiv auffällt, hat das natürlich keine negativen Effekte zur Folge. Dies könnte doch eher zu einem positiven Stimmungsbild führen und den guten Eindruck der Bewerbungsunterlage verstärken. Wenn jemand gar nicht im Internet gefunden wird – was bedeutet das denn eigentlich? Digitale Askese? Kein geübter Umgang mit moderner Technik oder jemand, der moralisch einwandfreies Verhalten übt?
Im Grunde ist es doch wie im richtigen Leben. Verhalte ich mich saumäßig, spielt es keine Rolle, ob ich dies online oder offline tue. Das Verhalten ist und bleibt saumäßig. Der Vorteil – oder in diesem Fall als böser Nachteil gesehen – des Internets ist die Evidenz und der gefühlt unendliche Zugriff auf unbedachte Äußerungen oder Bilder. Menschen vergessen, das Internet eher selten … Alles in allem ist diese Internethetze schwer nachzuvollziehen. Gute Manieren gibt es eben in beiden Welten. Also alles andere als ein Skandal. Und ein Blick in Google News lässt keinen Zweifel, dass die meisten Zeitungen und Onlinemedien diesen Bericht fast unverändert in dem negativen Duktus abdrucken. Wo bleibt da die journalistische Qualität?
Beste Grüße
Marcus Reif
Ach, schau mal an. Den Gedanken hatte ich auch schon.