Führung entwickelt sich weiter
Führung ist seit Dekaden in Bewegung. Viele der Führungskräfte aus der Generation Baby Boomer definieren die Aufgabe von Führung als einen wichtigen Schritt auf der Bedürfnispyramide. Sie sind sozialisiert in dem Gedanken, dass nur stetiges nach vorne kommen und mehr Verantwortung erhalten eine dauerhafte Karriere rechtfertigt. Teil dieser Entwicklung sind Mechanismen, die sozialisiert und domestiziert sind. Diese Führungskräfte haben gelernt, dass eine gute Planung der Grundstein für den künftigen Erfolg darstellt. Manche kennen noch die Floskel von “Planung ersetzt den Zufall”, was einige Führungsstile mit einem hohen Maß an Kontrollbedürfnis, Weisungsorientierung und Top-down-Attitüde entwickeln lies. Doch ist es wirklich Planung? Oder ist es vielmehr eine Form von Kontrolle?
Nun ist der Effekt des Micromanagements nicht eine Gruppe an Mitarbeitern, die mit den Attributen selbstbewusst, zielorientiert, motiviert, loyal und mitdenkend gekennzeichnet wird. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben über diese Form der Führung zu einer Risikominimierung in allen Lagen beigetragen. Mitarbeiter treffen keine Entscheidungen. Entscheidungen werden nach oben delegiert. Führungskräfte werden durch das selbst gewählte Micromanagement selbst unter großen Druck gesetzt. Entscheidungen und Antworten werden erfragt, sie werden zum Flaschenhals für das Tagesgeschäft. Und nicht nur das. Sie bekommen das Gefühl, für die Prozesse und Projekte der eigenen Teams unersetzbar zu sein. Diese Führungskräfte arbeiten deshalb härter, länger und gehen zuweilen auch sträflich mit ihrer Gesundheit um. Sehr ungesunder Stress ist ein Aspekt aus dieser Form von Führung. Was tun ihre Mitarbeiter? Sie schauen sich das Verhalten ab!
Micromanagement führt zu Kontrolle, Weisung, Druck und Top-down. Führung scheitert so Share on XFührungskräfte haben den Glauben, dass ihre Mitarbeiter nur unter guter Kontrolle ihr Maximum liefern. Weisung, Planung und Ziele sind dafür aus Sicht dieser Führungskräfte probate Instrumente. Das sind die nötigen Anreize, einhergehend mit einer Menge an Reportings, Berichten, Kontrollen, sinnfreien Meetings ohne nennenswerten Wertbeitrag, Präsenzorientierung und viel Input-Denke. Ihre Mitarbeiter bringen viel Energie auf, um ihre eigene Leistung zu rechtfertigen. Parallel-Themen werden aufgebaut, eine starke Wettbewerbsorientierung als Nebenschauplatz entsteht, die allerdings nichts mit dem eigentlichen Ziel zu tun hat. Eine solche Kultur erkennt man meist daran, dass der Engagement-Index – also die durch Mitarbeiterbefragungen erhobene Zufriedenheit – recht niedrig, die Wechselbereitschaft auf gleichwertige Rollen recht hoch ist. Und dabei sprechen wir nicht mal von Offerten, die einen Karrieresprung verheißen. Die Kultur ist sehr operativ, wenig strategisch, der Mut fehlt, Kontrolle ersetzt das Vertrauen – etliche Richtlinien kennzeichnen sie. Das Gros der Mitarbeiter ist der Meinung, dass sie gut planen können. Budgets werden genau gemanagt, nicht, um das Beste zu erzielen, sondern am Ende des Jahres die Budgettreue beklatschen zu lassen. Planung entsteht aus einem kruden innenorientierten System, welches Prädiktionen, Variablen und KPIs zu einer validen Prognose völlig außen vor lassen. Analytics werden ignoriert, weil “gute Führung” und “Bauchgefühl” doch deutlich besser sind. Wir planen so dermaßen weit weg von der Realität, doch brüsten sich diese Führungskräfte weiterhin mit ihrer Exzellenz und Fachlichkeit.
Was bringt denn nun eigentlich Planung, wenn wir eine Kultur entwickelt haben, die gar nicht ordentlich planen kann? Wir schätzen doch eher aufgrund des Bauchgefühls und haben wenig gute Antworten auf anstehende Entwicklungen. Wie oft wird eine kurzfristige, mittelfristige oder auch langfristige Planung novelliert? Monatlich? Quartärlich? Halbjährlich? Wenn Sie in diesem Kreislauf stecken, trifft vorgenannte Kulturbeschreibung auch auf Ihr Unternehmen zu. Wir brauchen eine moderne Kultur!
Was ist denn der wichtige Faktor für moderne Kultur?
Eine moderne Führung muss den Mitarbeiter mit all seinen Fähigkeiten, mit seinem Talent und seinem Potenzial in den Mittelpunkt stellen. Das Fördern und Fordern ist immanent, was nicht bedeutet, dass wir einen Streichelzoo aufbauen sollen. Mitarbeiter müssen ab und an aus ihrer Komfortzone geschubst werden, aber nicht dauerhaft. Das ist für eine Steigerung der persönlichen und fachlichen Kompetenz und der Weiterentwicklung unabdingbar. Wir brauchen einen Kulturwandel und damit eine neue Form von Führung.
Mitarbeiter sind von Grund auf neugierig, natürlich hoch motiviert und mit Feuer und Flamme dabei. Nahezu jeder beginnt genau so seine Episode bei seinem neuen Arbeitgeber. Führung sorgt dafür, dass ein Teil dessen versiegt. Gute Führung hebt das Potenzial der Mitarbeiter und sorgt für eine gute Weiterentwicklung. Das Niveau der eigenen Performance wird durch gute Führung, Coaching und Zusammenarbeit kontinuierlich gesteigert. Und sind wir mal ehrlich: was ist das beste Employer-Branding? Gute Führungskräfte! Diese ziehen mit der modernen Kultur genau den Typus Mitarbeiter an, die genau darauf Wert legen.
Führung ist wie der Mais in der Pfanne. Manche werden Popcorn, andere bleiben Share on XUnd um den Mitarbeiter geht es. Die Zeiten, wo der Stereotyp des hart arbeitenden Managers eine gern genommene Blaupause für nachfolgende Karrieren war, sind vorbei. Heute gilt es umso mehr, mit Achtsamkeit Menschen zu führen! Diese Art von Führung zeigt sich im Typus des neuen Leaders, der mit starken Mitarbeitern an seiner Seite auch Feedback annimmt, andere Meinungen hört und gelten lässt. Dabei in aller Offenheit sich und sein Ansinnen hinterfragen lässt. Die Mitarbeiter müssen das Gefühl erhalten, dass ihre Meinung wichtig ist. Sie an dem Resultat aktiv mitwirken, einen Beitrag leisten müssen. Den Unterschied zwischen richtig und falsch erkennen und aktiv dranbleiben.
Achtsamkeit
Der Mensch im Mittelpunkt der Führung. Das bedeutet auch, die dauerhafte Beschäftigungsfähigkeit im Auge zu behalten. Das gelingt durch ein Gleichgewicht aus Arbeitszeit und Freizeit, einem guten Gesundheitsmanagement, dem bewussten Ausbauen der Residenz gegen Stress, dem Vorbeugen von Erschöpfungszuständen und einer Flexibilität genau für diese Dinge – wie bspw. Arbeitszeit und Arbeitsort zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich erlebe nicht nur am eigenen Beispiel, dass eine sehr bewusste Entscheidung für mehr Zeit höher priorisiert wird als beispielsweise tradierte Statussymbole, wie großes Auto, Rolex etc.
Führung bedeutet auch, dauerhafte Beschäftigungsfähigkeit im Auge zu behalten Share on XAchtsamkeit ist ein Agreement zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Natürlich muss für jede Karriere viel und hart gearbeitet werden. Aber eben nicht dauerhaft. Wer noch nicht verstanden hat, dass alleine aus hormoneller Sicht Meetings um 21 Uhr abends völlig sinnfrei sind, braucht dringend eine Schulung über “New Work” und allem, was mit moderner Arbeit und Führung einher geht. Wie können wir mit Achtsamkeit besser umgehen?
Wir müssen mit Belastungssituationen umgehen lernen, um Stress zu vermeiden oder besser zu managen. Stress ist punktuell nicht grundsätzlich schlecht, aber eben dauerhaft. Also treffen Sie bewusst Vereinbarungen, wie Ihre Mitarbeiter selbstbestimmt ihre Erholungspausen nehmen – und damit meine ich explizit nicht eine Stunde am Mittag, sondern tage- oder wochenweise abschalten. Smartphone und Notebook bleiben aus! Ihre Mitarbeiter werden Ihnen das danken!
Agieren Sie immer aus der Perspektive Ihrer Mitarbeiter. Stellen Sie sich die Frage, was braucht es, um Kollege X, Y oder Z auf einem hohen Motivationsniveau zu halten. Loslassen ist da oftmals besser als Klammern durch Weisung, Kontrolle, neue Aufgaben und Projekte.
Ich wünsche Ihnen viel Leidenschaft bei der Verwirklichung Ihrer Führungsziele! Wir brauchen diese, um erfolgreich zu sein.
Beste Grüße
Ihr Marcus Reif
Dieser Beitrag ist auch in Print-Medien erscheinen, hier die Ausgabe der Südtiroler Wirtschaftsnachrichten:
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