Ein Interview aus der aktuellen Cosmopolitan mit mir: Marcus Reif ist Leiter Recruiting und Employer Branding bei der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – ein Profi, wenn es darum geht, die besten Bewerber zu finden
Herr Reif, Sie sind Experte bei der Besetzung interessanter Positionen. Was können Frauen tun, um voran zu kommen?
Sie müssen es ganz bewusst fordern. Frauen warten leider noch viel zu häufig auf eine Beförderung statt selbst aktiv zu werden und sie anzusprechen. Ganz im Gegensatz zu Männern, die ihre Ziele viel öfter und deutlicher kommunizieren.
Und wie sollten Frauen es vortragen, wenn sie an einem neuen Job oder einer besseren Position interessiert sind?
Sie müssen eine Relevanz herstellen zu der Rolle, auf die sie sich bewerben. Das funktioniert am besten über Storytelling, also indem die Bewerberin eine Geschichte über sich erzählt und darin die Brücke zum Job schlägt: Warum ist gerade sie bestens geeignet für diese Aufgabe? Über welche Passion und Leidenschaft verfügt sie, die sie für diese Posten prädestiniert?
Frauen fällt es aber oft schwer, sich anzupreisen und für sich selbst zu werben. Was raten Sie Bewerberinnen?
In erster Linie authentisch zu bleiben und eine souveräne, innere Haltung aufzubauen. Sie müssen sich bewusst sein, wie gut sie ausgebildet sind, dass sie die gleichen Chancen haben wie männliche Bewerber und dürfen sich selbst nicht als Randgruppe sehen. Das gilt besonders für Mütter – die sind die gleichen Personen wie vor der Geburt des Kindes. Sie sollten sich nicht schon vorab für ihre Rolle entschuldigen, sonst kommen sie in eine Rechtfertigungshaltung, mit der sie sich selbst schwächen – völlig zu unrecht. Das gilt auch für ihre Empathie, ein riesiger Pluspunkt von Frauen. Seien Sie sich dessen bewusst.
„Erzählen Sie, warum genau Sie die beste Wahl sind.“ Share on XInteressant. Gibt es denn außer diesen soft skills etwas, mit dem man im Auswahlverfahren besonders punkten kann?
Ja. Sachen machen, die andere nicht tun – und darüber sprechen. Wenn Sie etwa einen Blog zu einem für den Job passenden Thema führen, sollten Sie das unbedingt erwähnen. Und wenn Sie sogar ein Buch dazu geschrieben haben, bringen Sie es am besten gleich mit, damit sich Chefs und Personaler ein besseres Bild von ihnen machen können.
Und das wirkt nicht übertrieben oder gar anbiedernd?
Nein, ganz im Gegenteil. Sie müssen doch auf sich aufmerksam machen, auch außerhalb von konkreten Bewerbungsprozessen. Wenn Sie Themen haben, die Ihnen wichtig sind, sollten Sie diese auch verbreiten. Treffen Sie etwa einen einflussreichen Kollegen im Fahrstuhl, fragen Sie, ob Sie ihm fünf Minuten beim Kaffee von Ihrer neuen Idee erzählen dürfen. Sonst erfahren andere doch nie davon!
Eine unserer aufgeführten Strategien lautet, sich etwas von erfolgreichen Leuten abzuschauen. Stimmen Sie zu?
Natürlich, wir alle brauchen Vorbilder! Ohne Role-Models gibt es kein Umdenken in der Gesellschaft. Frauen sollten sich etwa bei anderen abgucken, sich gegen Männer zu behaupten und den Wettbewerb mit ihnen annehmen.
Quelle: Cosmopolitan, Ausgabe 2/16; Februar 2016
“Und wie sollten Frauen es vortragen, wenn sie an einem neuen Job oder einer besseren Position interessiert sind?
Und das wirkt nicht übertrieben oder gar anbiedernd? …
Bei den Fragen, die gestellt wurden, frage ich mich wiederum, ob es bei vielen Frauen wirklich immer noch so in den Köpfen aussieht? Warum ist der erste Gedanke gleich, dass man sich anbiedert oder verkauft?
Schön ist allerdings zu beobachten, dass es immer mehr Frauen und Netzwerke gibt, die zeigen, dass es auch anders geht!
Ich bin optimistisch und freue mich auf viele engagierte und ehrgeizige Bewerberinnen in Zukunft zu treffen!
Viele Grüße aus Leipzig
Aline (blog.nicht-streiten.de)