Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Abfindungen gehören zur täglichen Arbeit im People-Management. Hierbei gibt es eine gewisse Unklarheit. Ich möchte meine berufliche Expertise gerne auch für dieses Thema zur Verfügung stellen. Zum Hintergrund: Ein Großteil der Kündigungen verstoßen gegen das Kündigungsschutzgesetz. Auch aus diesem Grund heraus reichen viele der Gekündigten eine Kündigungsschutzklage bei dem zuständigen Arbeitsgericht ein. Die Frist hierfür liegt innerhalb von 3 Wochen nach Kündigung. In der Realität sind solche Arbeitsverhältnisse nach einer Kündigung zerrüttet, weshalb die Parteien im Güteverfahren zu einer einvernehmlichen Lösung streben, die in der Zahlung einer Abfindung resultiert. Eine Wiedereinstellung erfolgt in den wenigsten Fällen, da beide Seiten kaum ernsthaftes Interesse daran haben dürften.

Abfindung

Folgende Themen möchte ich gemeinsam mit Ihnen beleuchten:

  • Rechtsanspruch auf Abfindung
  • kalkulatorische Höhe der Abfindung
  • Sprinterklausel
  • Besteuerung

Was ist eigentlich eine Abfindung?

Eine Abfindung ist eine einmalige und außerordentliche Zahlung. Sie wird als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses seitens des Arbeitgebers gewährt. Sie ist entweder Gegenstand der betriebsbedingten Kündigung, Teil eines Aufhebungsvertrags oder einer gütlichen Einigung im Rahmen der Güteverhandlung der Kündigungsschutzklage.

Gibt es einen Rechtsanspruch auf Abfindung?

Es gibt keinen Rechtsanspruch auf eine Abfindung. Allerdings mag es Ausnahmen für Abfindungszahlungen geben, die bspw. in Sozialplänen, Tarifverträgen, Geschäftsführerverträgen oder individuell in den Arbeitsverträgen geregelt sind.

Sie finden im §1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) eine gesetzliche Regelung bei betriebsbedingter Kündigung:

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung

– Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
§1a Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung

Wieso werden doch relativ viele Abfindungen gezahlt?

Die Mehrzahl aller Abfindungen werden im Rahmen eines Vergleichs vereinbart. Viele Arbeitnehmer sind nicht bereit, eine Aufhebungsvereinbarung zu unterzeichnen. Die Rechtsfolge wäre, dass Ansprüche auf mögliche Zahlung des Arbeitslosengeldes für drei Monate gesperrt werden. Deshalb ist die Abfolge meist beginnend mit der Info, dass man keine gemeinsame Zukunft mehr sieht. Dabei wird ein Aufhebungsvertrag angeboten, der eine Abfindung beinhaltet. Hilfsweise oder als nächste Handlung seitens des Arbeitgebers wird eine Kündigung ausgesprochen. Auf diese reagiert der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage.

Der Zeitpunkt der Info, dass man sich trennen möchte, trifft natürlich viele Arbeitnehmer und Angestellte meist überraschend. Ergo vermeidet man jegliches finanzielle Risiko. Und natürlich unterschreiben die wenigsten den angebotenen Aufhebungsvertrag. Auf die darauf folgende Kündigung reicht der Arbeitnehmer über seinen Fachanwalt eine Kündigungsschutzklage ein. Dem darauf folgenden Güteverfahren eröffnen sich meist die Spielräume für eine Einigung. Und durch die Klage seitens des Arbeitnehmers wird das Arbeitslosengeld auch nicht gesperrt. Der Arbeitgeber will das Risiko eines Gerichtsprozesses reduzieren und erhöht den Spielraum für eine gütliche Einigung. Das Ergebnis ist die Abfindung sowie weitere Modalitäten.

Wie berechnet sich die Abfindung?

Zur Kalkulation der Abfindungen brauchen Sie zunächst drei Variablen:

  1. monatliches Bruttogehalt (bspw. 5.000 Euro)
  2. Dauer der Beschäftigung in Jahren (5,6 Jahre)
  3. Faktor

monatliches Bruttogehalt

Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit (die individuelle Arbeitszeit) in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachbezügen zusteht. Viele berücksichtigen allerdings nicht das tatsächliche Gehalt, sondern nur den reinen monatlichen Verdienst (5.000 Euro hier im Beispiel). Deshalb sollte man das realistische Jahresgehalt, inkl. Zulagen, Bonus, Gratifikationen, Urlaubsgelder und sonstige Sachbezüge, nehmen und durch 12 Monate teilen. So erhält man am einfachsten das durchschnittliche Monatsgehalt. Nehmen wir hier 5.400 Euro an.

1. Variable | Monatsgehalt: 5.400 Euro

Dauer der Beschäftigung

Sie berechnen die Differenz aus Eintritt und Austritt, also erster und nach Kündigung letzter Arbeitstag. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden. Ist die Beschäftigung also 5,6 Jahre, wird als Variable 6 genutzt.

2. Variable | Dauer der Beschäftigung: 6 Jahre

Faktor

Bei der Berechnung der Abfindung ziehen die beiden Parteien einen Faktor hinzu. Das ist quasi eine qualitative Adjustierung der Abfindungshöhe, die im Wesentlichen von den Erfolgsaussichten der Klage oder einer potenziellen Klage abhängt. Ergo, je wahrscheinlicher die Unwirksamkeit der Kündigung, desto höher ist der Faktor. Die Grundlage des Faktors wird meist mit 0,5 angesetzt, d. h. die Abfindung beträgt ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Der Faktor ist allerdings nicht verbindlich und kann frei verhandelt werden. Üblicherweise bewegt sich der Faktor in einem Korridor zwischen 0,5 und 1,0. Natürlich gibt es Ausnahmen mit höheren Faktoren, die eng mit der Erfolgswahrscheinlichkeit der Kündigungsschutzklage korrelieren. Nehmen wir für unser Beispiel einen Faktor in der Mitte mit 0,75.

3. Variable | Faktor 0,75

Formel

5.400 Euro x 6 Jahre x Faktor 0,75 = 24.300 Euro

Sprinterklausel

Bei Arbeitsverhältnissen mit einer langen Kündigungsfrist, bspw. drei oder sechs Monate zum Quartalsende bzw. sechs Monate zum Monatsende, entstehen Verweilzeiten für gekündigte Arbeitsverhältnisse von mitunter bis zu 9 Monaten. Diese Zeit ist lange, besonders, weil hier üblicherweise mit Arbeitsfreistellungen gearbeitet wird. Die Person sitzt also auf der Payroll, leistet aber keinen Wertbeitrag mehr. Um eine frühzeitigere Beendigung zu intensivieren, arbeitet man mit Speed- oder Sprinterklauseln. Diese regeln nur, sollte das Arbeitsverhältnis früher als vereinbart beendigt werden, erhält der Arbeitnehmer i. d. R. 50 % des eingesparten Gehalts für jeden Monat, den er früher aus dem Arbeitsvertrag ausscheidet. Beispielsweise ist eine Person zum September gekündigt, findet im Rahmen seiner aktiven Suche einen neuen Job und möchte diesen zum Juli beginnen, verkürzt sich das aktuelle Arbeitsverhältnis um drei Monate. Bei unserem Beispiel mit einem kalkulatorischen Monatsgehalt von 5.000 Euro (in drei Monaten = 15.000 Euro) entspräche dies einer Sprinterzahlung in Höhe von 7.500 Euro. Bonuszahlungen sind getrennt davon zu betrachten.

Besteuerung

Abfindungen sind einkommenssteuerpflichtig. Eine zusätzlich gezahlte Abfindung, die dieser Sprinterklausel entspricht, ist ermäßigt zu besteuern.

Wird eine zusätzliche Abfindung gezahlt, so muss diese ebenfalls ermäßigt besteuert werden. Das urteilte das Hessische Finanzgericht ([…] auch der weitere Abfindungsbetrag sei gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und § 24 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz ermäßigt zu besteuern […]). Die einvernehmliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses erfolgt regelmäßig (auch) im Interesse des Arbeitgebers. Eine im Gegenzug gezahlte Abfindung ist daher in der Regel als Entschädigung ermäßigt zu besteuern.

Weitere Modalitäten

Viele Arbeitnehmer nutzen die Spielräume, um neben der Abfindung und der Sprinterklausel noch weitere Aspekte zu verhandeln. Diese können u. a. die Übernahme von Equipment oder des Dienstwagens zum Buchwert sein, ein späterer Ausstiegstermin aus dem Vertrag, um Sicherheit zu haben und vieles weitere mehr. Kreative Lösungen sorgen auch für eine gute Trennungskultur. Nicht jede Trennung muss eklig sein. Gute Trennungen finden auf Augenhöhe statt.

Kurzum (tl;dnr)

  • es gibt keinen Rechtsanspruch auf Abfindungen
  • Abfindungen werden vereinbart, um einvernehmliche Lösungen einer Trennung zu ermöglichen
  • Abfindungen errechnen sich auf Bruttomonatsgehalt mal Dauer der Zugehörigkeit mal Faktor
  • Sprinterklauseln ermöglichen eine kostenreduzierende Art, früher aus dem Arbeitsverhältnis auszusteigen
  • Besteuerung der Abfindungen sind ermäßigt

Ich wünsche Ihnen stets ein auf die Mitarbeiter orientiertes Verhalten, gerade auch in diesen schwierigen Momenten einer Trennung. Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.

Beste Grüße

Ihr Marcus K. Reif

Hinweis: Dies ist ein Beitrag von einem Personaler für Personaler und keine Rechtsberatung. In Rechtsfragen wenden Sie sich gerne an einen Arbeitsrechtsanwalt Ihres Vertrauens.

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