Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Menschen mit vielen Jahren Berufserfahrung machen jeden Tag Fehler, die aus ihrer Routine und ihrer Perspektive heraus geschehen. Überzeugungen, Erfahrungen, Werte sind der Dreiklang der Fehleranfälligkeit. Oft sprechen wir im People-Management vom Reifegrad eines Unternehmens. Solche Unternehmen, die noch nicht erwachsen sind, beschreiben wir paradoxerweise nicht als Start-ups. Wir beschreiben damit die Unternehmenskultur, die von toxischen Elementen gekennzeichnet ist: hohe Fluktuation, viel Micromanagement, autoritäre Führung, Management anstelle Leadership, Personalauswahl auf Basis von Noten und Zeugnissen, Bauchgefühl anstelle von Analytics. Oder auch das Festhalten an Büropräsenz und das Ablehnen von Homeoffice. Viele dieser Manager sind durch die Pandemie vielleicht sogar überzeugt, dass zumindest hybride Modelle absolut sinnvoll sind. Die gängigen Absurditäten im Alltag eines People-Managers. Personaler erleben ja täglich Situationen, die eine reale Anschauung des Dunning-Kruger-Effekts erlauben, das Peter-Prinzip verdeutlichen oder die toxische Wirkung von Micromanagern erlebbar machen.

Prüfen Sie Ihre Unternehmenskultur selbst. Schreiben Sie auf ein Blatt Papier drei Spalten: in die Spalte links die Anzahl der E-Mails, die Sie täglich erhalten. Rechts daneben schreiben Sie Anzahl der E-Mails, die direkt an Sie gerichtet sind (Newsletter exkludieren). Wiederrum rechts daneben schreiben Sie die Anzahl der E-Mails, die Sie “FYI” oder in Cc erhalten haben.

Haben Sie ⅔ der Summe in der rechten Spalte, arbeiten Sie in einem nicht erwachsenen Unternehmen mit niedrigem Reifegrad, hohem Anteil an Command & Control und Risikominimierung als Dogma.

Falsche Konfidenz

Menschen entscheiden, auch wenn sie für die Entscheidung nicht ausreichend kompetent sind. Das ist nicht immer schlecht, jedoch absolut schlecht, wenn es sich um Entscheidungen über Potenzial und Talent, Kompetenz oder Eignung dreht. Dieses Vertrauen auf das eigene Bauchgefühl und das unpassende Selbstbewusstsein sind eine kognitive Verzerrung im Selbstverständnis inkompetenter Menschen, das eigene Wissen und Können zu überschätzen.

Sie kennen vielleicht die Situation. Nach einem Interview steht man mit dem Hiring-Manager zusammen und der sagt: “Der Kandidat passt nicht“. Man fragt natürlich nach, weshalb denn nicht. Antwort: “Ich habe ein sehr gutes Menschenbild und bei diesem Kandidaten ein schlechtes Bauchgefühl”. Bitte lassen Sie das so nicht stehen. Sie erleben gerade jemanden, der losgelöst von allen verlässlichen Kriterien eine Entscheidung über eine Einstellung negiert. Fragen Sie doch lieber, welche Kompetenzen denn fehlen, in welchen Kriterien des Kompetenzmodells die Anforderungen nicht getroffen werden. Bleiben Sie hartnäckig, das ist gutes Recruiting und definitiv gute Personalarbeit! Und sorry, wir müssen noch mal ins Recruiting springen mit den Bewerbungsgesprächen:

Bewerbungsgespräche sind eine Scharade

In unstrukturierten Interviews ist die Validität der Aussage zum beruflichen Erfolg nahe an der medizinischen Wirkung von Globuli. Kandidaten sind vorbereitet und wollen, insbesondere bei der Frage nach Stärken und Schwächen, kaum Fläche für Unzulänglichkeiten bieten. Um diese Scharade zu beenden und eine wirklich wertvolle Unterhaltung über die Bedürfnisse, Neigungen und Erwartungen zu führen, helfen auch Brainteaser nicht weiter.

Biografie- und Abschlussorientierung anstelle Talent- und Potenzialorientierung

Der traditionelle akademische Fokus auf Disziplin, Genauigkeit und Erfolg sowie Normativität ist in vielen Fällen nicht mehr zeitgemäß. Denn es gibt gute Gründe, warum gerade Nicht-Musterschüler später die erfolgreicheren Menschen werden. Schauen wir uns nur mal einige dieser Argumente an:

  1. diese Menschen haben Stehvermögen (sie geben nicht auf; scheitern ist keine Option)
  2. sie denken “from the outside in” – was bedeutet, sieht man am Beispiel Steve Jobs. Er entwickelte seine Produkte mit dem Blick auf das, was morgen State of the art sein wird
  3. sie sind führungsstark, können Entscheidungen treffen und dabei andere mitnehmen 
  4. sie lernen jeden Tag und entwickeln sich weiter
  5. sie können in verschiedene Persönlichkeitsmodelle springen und haben eine hohe emotionale Intelligenz 
  6. sie sind keine Micromanager (der Blick auf die perfektionistische Detailebene grenzt zu sehr den Weitblick ein)
  7. sie sind kombinatorisch und können logisch denken 
  8. sie sind kreativ 

Das fixe Idealbild, Stringenzfetisch und der Hang zu Stereotypen hindert uns, Fortschritte bei Diversity, Kultur, Führung und besserer Personalauswahl zu erlangen

– Marcus K. Reif

Auswahlmethode Bauchgefühl ist dysfunktional

Unsere Einstellungsentscheidungen sind zur Hälfte falsch. Manche Studien sagen sogar, dass 80 % aller Einstellungen falsch sind. Und wir managen im Personalwesen und als Führungskraft ab diesem Punkt die Fehlentscheidung durch die Jahre. Viele Studien gehen davon aus, dass sich die Mehrheit aller Neueinstellungen in den ersten 18 Monaten als Fehlentscheidung erweisen. Hören Sie also auf mit der Interview-Scharade, die Kandidaten aufgrund des Bauchgefühls der Hiring-Manager selektiert. 

Mystery-Applying

Machen Sie mal “Mystery-Applying” mit besonders zusammengestellten Lebensläufen, beispielsweise Ihrer Top-Führungskräften und High-Performern. Nehmen Sie deren Biografien, dichten Sie diese um in einen typischen Bewerber im Alter von 20-24 Jahren, damit bewerben Sie sich regulär bei Ihrem eigenen Unternehmen und warten mal ab. Und ich bin sicher, Sie haben nach diesem Live-Test eine andere Sicht auf die Funktionalität Ihrer Personalauswahl. 

Werte und Ideen?

Besser als gute Noten sind doch erfolgreiche Gedanken, oder? Helfen uns nicht die besten Ideen dabei, eine gute Karriere zu machen? Sind nicht Werte, wie Integrität, Loyalität, Zuverlässigkeit und Leidenschaft für den Job die Elemente, die eine gute Karriere ausmachen? Sind das nicht auch die Elemente, die in einem modernen Leistungsbeurteilungsprozess betrachtet werden? Performance-Management ist ja viel mehr in den Dimensionen Entschlossenheit mit Handlungs- und Umsetzungsorientierung, Konfliktbereitschaft und Durchsetzungsfähigkeit; AntriebInteraktionsfähigkeit mit Teamkompetenz, Empathie, emotionaler Intelligenz und Kontaktfreude; Neugierde mit Offenheit und Wissbegierde sowie kognitives Vermögen mit Mindset und Outside-in-Denken aufgehoben. Nicht ausschließlich, aber mindestens in diesen Dimensionen sollte eine Leistung über eine zeitliche Periode hinweg gemessen werden. 

All das sind wieder Dinge, für die man keine Noten in der Schule bekommt, die man weder im Zeugnis, noch im Lebenslauf findet. Weshalb also schauen wir uns so intensiv genau diese Sachen für eine Vorab-Selektion an? Die üblichsten Instrumente der Selektion sind die Analyse der Bewerbungsunterlagen sowie in einem weiteren Schritt das Interview. Die Fehlerquellen anhand unserer Filter, die wir alle im Leben als Routine, Erfahrung, Werte und Überzeugungen nutzen, sind weit beschrieben. Wir verlassen uns bei Personalentscheidung zu sehr auf diese Filter und das sprichwörtliche Bauchgefühl. Das ist nicht im Kern falsch, wir brauchen dennoch einen höheren Grad der Selektionsobjektivierung. 

Potenzial erkenne ich in zwei Minuten … oder weshalb Sie sich für den Falschen entscheiden!

Was ist das eigentlich? Unconscious Bias? Ich will Ihnen gleich die Angst nehmen. Jeder ist konditioniert auf seine Erfahrungen und Routinen. Jeder ist “biased”. Sie sind nicht krank! Sie unterliegen unbewusster Vorannahmen, denn so wird das Phänomen Unconscious Bias bezeichnet. Mehr dazu finden Sie hier: Unconscious Bias: “Ich erkenne Potenzial nach zwei Minuten”

Deshalb meine Empfehlung: rekrutiere Haltung, Persönlichkeit und Charakter – trainiere Fähigkeiten. Das ist ein Erfolgsrezept und kein Geheimnis, wenn es darum geht, Potenzial und Talent zu erkennen, zu fördern und zu heben. Für die Kompetenzvielfalt spielt das sicherlich eine wichtige Rolle! Nichtsdestotrotz ist das eine Abkehr des Gewohnten! Nicht nur die Wirklichkeit der Lebensläufe ist einer der Veränderungsimpulse, sondern auch unterschiedliche Bedürfnisse der Generationen. Schauen wir uns mal nach diesem Rant über die bei Führungskräften populären Entscheidung “aus dem Bauch heraus” die Führung an:

Aufgabe von Führung

Manche Führungskräfte fehlinterpretieren die Führung im Sinne von: “Ich entscheide nun”. Doch weit gefehlt. Führung ist die zielgerichtete Einflussnahme auf andere durch Kommunikation!

Und damit haben Sie den Auftrag. Die Firma hat Ihnen eine Führungsrolle übertragen, um die Geschäftsstrategie zu erfüllen. Dabei führen Sie nicht nur den Prozess innerhalb der Firma, sondern auch Mitarbeiter zur Erfüllung Ihres Wertschöpfungsbereichs. Und bei der Führung können Sie vieles falsch machen. Ich habe in den letzten 20 Jahren sehr oft erlebt, dass Führungskräfte in Interviews den Eindruck vermittelt haben, dass sie so großartig wären, der Kandidat müsste eigentlich noch Geld mitbringen, um für diesen Superstar arbeiten zu dürfen. Skurril bis bizarr ist das.

Hier finden Sie meine Tipps für gutes Verhalten eines Leaders. Das sind Aspekte, die Sie einfach übernehmen können. Oder, falls Sie interessiert daran sind, die tradierten Managementmethoden abzulegen, nehmen Sie sich einen Coach, der Ihnen bei der Adaption hilft.

Tipps für gutes Verhalten eines Leaders

  • seien Sie da (erreichbar, ansprechbar, nehmen Sie sich Zeit)
  • bieten Sie Freiheit und Autonomie
  • lassen Sie die Fachlichkeit los
  • bleiben Sie in Ihrem Verhalten und Ihren Entscheidungen transparent
  • geben Sie Ihrem Umfeld eine Vision
  • bieten Sie positiven Raum für Fehler und etablieren Sie eine Fehlerlernkultur
  • messen Sie nicht mit zweierlei Maß. Bleiben Sie konsequent kongruent
  • Konflikte können Sie nicht ignorieren. Sie müssen Probleme und Konflikte lösen
  • gewinnen Sie Top-Leute für Ihr Team (und geben Sie Ihnen Freiraum, gut zu sein)

Und wissen Sie was wichtig ist? Verständnis für die Situation Ihrer Leute zu haben. Leben Sie Empathie, auch wenn viele Führungskräfte das abtrainiert bekamen. Erfolgreiche Leader wissen, welche Themen ihre Kollegen umtreiben. Sie dürfen sich darin üben, nicht sofort Ihre Meinung rauszuhauen. Hören Sie aufmerksam und aktiv zu. Fragen Sie, was jetzt helfen würde. Sagen Sie auch mal: “Das weiß ich nicht”. Sie müssen als gute Führungskraft nicht auf alle fachlichen Fragen eine Antwort haben. Wenn Sie alleine alle Entscheidungen treffen, muss die Frage gestattet sein, weshalb Ihr Team da ist.

Fehlertoleranz und eine Lernkultur, die tägliches Lernen als Maxime trägt, sind unerlässlich. Ich gönne mir jede Woche ein Wissensnugget. Sprichwörtlich will ich jede Woche was neues hören, ob das eine Konferenz, ein Webinar, Webcasts oder in Pandemiezeiten total en vogue die virtuellen Diskussionsrunden sind. Man lernt viel neues über Agilität, Führung in der Distanz, Selbstreflexion

Und falls Sie interessiert daran sind, mehr über ein modernes Leadership-Modell zu erfahren, dann lesen Sie gerne diesen Beitrag hier:

Beste Grüße 

Ihr Marcus K. Reif

Video-Interview zu toxischer Unternehmenskultur

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