Im Performance-Management geht es um die Steuerung bzw. die Einflussnahme auf die Leistung der Mitarbeiter. Diese hängt maßgeblich von der Kultur und den Führungskräften ab. Sie als Personalverantwortliche können und sollten den Rahmen hierfür geben. Doch schlecht gemacht verkommt das Leistungsbeurteilungsgespräch immer mehr zum Long-Face-Day. Ihre Mitarbeiter werden nur noch zynisch und sarkastisch darüber sprechen. Der Tag mit dem Verkünden der Leistungsbeurteilungen verkommt zum Tag der langen Gesichter. Sie berauben sich einem wichtigen Momentum der Personalentwicklung!
Jeder Chef will High Performer. Die sind immer motiviert und gut fürs Geschäft. Doch was begünstigt eigentlich High Performance? Geld? Mitnichten. Es ist Wertschätzung, Führung und das Eingebunden sein in ein Netzwerk, in ein Team, mit dem Gefühl, etwas bewegen zu können. In einer Formel ausgedrückt:
Performance = Fähigkeiten x Engagement x Kontext.
Damit sich Mitarbeiter engagieren, muss also einiges zusammenkommen: Einsatz nach Fähigkeiten und Neigungen, eine produktive Arbeitskultur und Führung qua Sinnstiftung (wofür machen wir das eigentlich?).
Kultur: alte versus neue Welt
In den meisten Unternehmen in Deutschland wird Performance-Management als System zur Zielvereinbarung verstanden, oft verbunden mit variabler Vergütung.
Dabei sind die Ziele sehr quantitativ, also Umsatz oder Stückzahl (in der Produktion) getrieben. Es gibt wenig weiche Ziele; Performance-Management hat demzufolge zu wenig zu tun mit persönlicher Entwicklung des Menschen. Darum muss es aber gehen: eine Kultur, die den Mitarbeiter ins Zentrum rückt; eine Personalabteilung, die das versteht und den Führungskräften klarmacht: Nur wenn Mitarbeiter sich persönlich und professionell entfalten können, bringen Sie Bestleistung – und gute Ergebnisse.
Aber leisten wir das auch im Performance-Management-Prozess?
Kommunikation muss das ganze Jahr stattfinden
Was sich in den 80/90 er Jahren etabliert hat, ist noch heute weit verbreitet: Entwicklungsgespräche finden ein bis zweimal im Jahr statt. Das ergibt wenig Sinn, denn welches Geschäftsmodell kann auf 12 Monate akkurat planen? Keines, daher ist das Instrument Performance-Management heute dysfunktional.
Zudem: Niemand kann in einem Gespräch die Leistung von 12 Monaten messen; die kognitive Leistungsfähigkeit endet bei 2-4 Monaten. Heißt: Weder der Mitarbeiter, noch die Führungskraft erinnern sich über diese 4 Monate hinaus, was gut, was nicht so gut lief, welche Erfolgserlebnisse oder Probleme es gab.
Plädieren Sie dafür, Feedback zur Zielerreichung in kleinere Stücke zu packen. Das können im Jahr 30-40 verschiedene sein, die sowohl qualitative als auch quantitative Ziele beinhalten. Beispiel: Ein Mitarbeiter hat gerade ein Projekt als Projektverantwortlicher abgeschlossen. Danach könnte die Führungskraft ein Feedbackgespräch führen und gemeinsam evaluieren: Was lief gut, was weniger gut? Wo kann/soll sich der Mitarbeiter im Projektmanagement verbessern?
Das wird dokumentiert und gemessen (etwa in einem späteren Gespräch, in dem der Mitarbeiter über die neu erworbenen Kompetenzen spricht). In einer digitalen Welt, die sich ständig verändert und laufend neue Kompetenzen verlangt, muss sich auch der Performance Management Prozess danach richten. Jedes Projekt, jede Interaktion kann bewertet werden.
Performance Management ist ein Führungsthema
“People join companies and leave managers“. So bekannt, so wahr. Wenn die Mitarbeiterzufriedenheit niedrig, Fluktuation und Krankenstand hoch sind, kurzfristig Trainings abgesagt werden, dann liegt zweierlei vor: ein kulturelles und führungskulturelles Problem.
Die Leute, die für Geld bleiben, die gehen auch für Geld. Wo ist da die Bindung?
HR sollte diesen Zusammenhang a) erkennen und b) auch den Führungskräften klarmachen. Denn die denken oft, es läge am Geld, nicht an schlechter Führung, wenn Mitarbeiter kündigen. Studien belegen das Gegenteil. Herausfinden können Sie das über professionelle Exit-Gespräche oder Mitarbeiterbefragungen. Die ergeben in der Regel: Wertschätzung und individuelle Entfaltung motivieren und binden.
Wie kann die Personalabteilung guter Führung den Weg bereiten? Indem sie zuvorderst erkennt: Wer den Menschen nicht zugeneigt ist, kann keine Führungskraft werden. Der fachlich Beste interessiert sich nicht immer für Menschen, ist kein guter Kommunikator. Vielleicht ist er eher ein Mann fürs Operative. Das kann ein Problem werden.
Die Rolle der Vergütung
Weg von der einmaligen Betrachtung hin zu kontinuierlichem Austausch, das ist eine Maxime für zeitgemäßes Performance-Management. Die andere ist: Entkoppeln Sie die variable Vergütung von der Leistungsbeurteilung im Performance-Management-Prozess. Denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Häufig ist es doch so: Führungskräfte ordnen Mitarbeiter in einem Lenkungs- und Abschlussgespräch unterschiedlichen Kategorien zu – von High- zu Low-Performern. Entsprechend werden Vergütungsbudgets dahinter gesetzt. Da es nur einen gewissen Budget-Topf gibt, muss das Geld aufgeteilt werden. Am Ende gehen 50 % der Mitarbeiter mit der Botschaft nach Hause: Du hast nicht mehr erreicht als ‘alles ist ok’. Das ist in der Leistungsorientierung eine schwierige Botschaft – und führt zu Verdruss beim Mitarbeiter. Lassen Sie die Bell-Curve und die Forced-Distribution fallen!
Der Mensch im Mittelpunkt
Für Führungskräfte sind Feedbackgespräche eine (weitere) Last. So zumindest die Wahrnehmung. Was diese Gespräche oft sind: Anlässe zu einer kritischen Rückschau. Dabei sollte es um zielgerichtete Weiterentwicklung gehen. Das motiviert am Ende beide: den Mitarbeiter, weil er sich ernst genommen und wertgeschätzt fühlt, die Führungskraft, weil sie Einfluss nehmen kann auf eine positive Entwicklung des Kollegen.
Es geht nicht um vergangene Leistung, sondern um zukünftige Entwicklung.
Es geht beim Performance-Management eher um Personal- und Persönlichkeitsentwicklung, die gut mit der fachlichen Entwicklung verbunden werden muss. Eine Führungskraft sollte mit dem Mitarbeiter nicht Ziele für das (Halb-)Jahresende festlegen, sondern Meilensteine, die auch auf die Person abzielen: Welche Fähigkeiten will der Mitarbeiter noch erwerben, um sich breiter oder tiefer aufzustellen? Gibt es Ambitionen, wie das Erlernen neuer Kompetenzen, einer neuen Fremdsprache oder den Wunsch, etwas völlig Neues zu lernen? All das sollte berücksichtigt werden und in die Ziele einfließen.
Was kann ich als Personaler machen?
Groß denken! Seien Sie disruptiv, wenn Sie Ihren Performance-Management-Prozess aufsetzen oder überarbeiten. Bauen Sie HR-Instrumente nicht nur um bestehende Strukturen herum, sondern wagen Sie sich bei Themen, die voll in Linie mit den Geschäftszielen sind, auch an größere Veränderungen heran. Sind Mitarbeiter, die 100 % ihres Leistungsvermögens abrufen, wichtig für Ihr Unternehmen? Dann ist es auch Performance-Management. Das wird auch ihr Geschäftsführer so sehen. Jeder Mitarbeiter, der geht oder sein Potenzial nicht voll entfaltet, ist ein Kostenfaktor, den er sich nicht leisten möchte.
Wenn Sie sich an dieser Stelle einig sind, dann haben Sie auch die Rückendeckung, die Sie brauchen, um Ihr Performance Management erfolgreich umzukrempeln und eine Kultur zu schaffen, in der sich Mitarbeiter entfalten und Ergebnisse liefern, die das Unternehmen voranbringen.
Und damit ist Ihr Leistungsbeurteilungssystem auch nicht mit langen Gesichtern verbunden!
Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.
Beste Grüße
Ihr Marcus K. Reif