Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

„Homeoffice schadet der Wirtschaft“, titelte die F.A.Z. in einem Artikel. “Homeoffice stand für modernes Arbeiten, doch viele Chefs rudern nun zurück”, wird dort das Thema intoniert. Und mich beschäftigt das auch sehr stark.

Sie kennen die Liebe Ihrer Mutter zu sich? Dieses Gefühl, Mama bringt mich abends ins Bett und egal, was passiert, sie ist für mich da und alles wird wieder gut? Das ist Urvertrauen. Es bildet sich in den ersten Monaten unseres Lebens und entwickelt sich aufgrund der Lebenserfahrungen weiter. Wenn wir Liebe, Zuneigung und Aufmerksamkeit erfahren, stehen die Chancen gut, dass sich ein Urvertrauen bildet. Das Urvertrauen ist entscheidend dafür, wie wir Risiken einschätzen. Stark verkürzt erklärt: je ausgeprägter das Urvertrauen ist, desto positiver ist unser Blick. Doch wenn es gering ist, eventuell sogar bis zum Urmissvertrauen geht, schätzen wir Risiken höher ein, können nicht mehr vertrauen und gehen mit Sorgen durch die Welt. Und all das sind kindliche Prägungen, die wir bei Führungskräften beobachten können.

Ist der Wunsch vieler Arbeitgeber, verstärkt wieder ins Büro zu kommen, ein Zeichen von Modernität, von wachsendem Kontrollbedürfnis oder fehlendem Vertrauen?

Wir erleben eine Reaktion auf die Krisen. Das Leben in der Polykrise ist noch mal komplexer und vielschichtiger. In der Krise steht man enger beisammen. Mitarbeiter kündigen weniger oft, man bleibt im Safe-Space. Doch was steckt hinter dieser Reaktion? Wieso müssen nun reihenweise die Mitarbeiter ihre Homeoffice-Zeit reduzieren und mehr oder vollständig wieder aus den Büros der Arbeitgeber arbeiten? Ich hatte mich hierzu schon mal ausgelassen: Wie kam es dazu, dass Homeoffice während der Lockdowns Firmen rettete und heute den Beigeschmack des Arbeitszeitbetrugs hat?

Aus meiner Sicht hat das im Kern mit Vertrauen zu tun. Wir befördern immer noch den besten Sachbearbeiter zum Teamleiter. Was dabei geschieht, ist, dass wir den besten fachlichen Mitarbeiter verlieren und eine Führungskraft, die keine Führung kann, sondern anfängt mit stupidem Management. Das Ergebnis des Verwaltens von Fachlichkeit nennt man Micromanagement. Kaum Vertrauen in die Expertise und Professionalität der eigenen Teammitglieder sowie die Überzeugung, man selbst ist der Beste und muss für den eigenen Qualitätsanspruch mehr Kontrolle ausüben. Fatal eigentlich.

Natürlich gehört zur Wahrheit dazu, dass durch Corona das Thema “Remote Work” mehr Konjunktur bekommen hat, als es in normalen Zeiten bekommen hätte. Das sorgt nicht nur für Führungswirksamkeitsineffizenzen (schönes Wort übrigens), sondern auch für einen Ausdruck von “Kontrolle hat ausgedient”. Und damit sind wir beim Kern des Problems. Auf Linkedin beschwerte sich vor einigen Tagen ein Chef über seine Mitarbeiterin. Was war passiert? Der Chef findet im Kalender seiner Mitarbeiterin einen Friseurtermin – und das im Homeoffice tagsüber zur normalen Arbeitszeit. Der Unternehmer tobt und sieht darin Arbeitsverweigerung. Und dies sind die Dinge, die mühsam entwickeltes Vertrauen zerstören. Da gebe ich ihm Recht.

Anwesenheit mit Performance verwechseln

Mitarbeitern wird nicht selten unterstellt, in den Büros bei physischer Anwesenheit besser zu arbeiten. Führungskräfte, gerade wenn sie wenig Leadership-Prinzipien und -Style leben, führen gerne durch Nähe und Zuruf, wenn sie ihre Mitarbeiter quasi sehen können. In vielen Firmen ist es aber auch einfach nur so, dass es Strukturen gibt, die nie darauf ausgelegt waren, verteilt zu arbeiten. Dort fällt der Shift jetzt schwer. Oft fehlt es ihnen einfach an Ideen, wie Arbeiten remote und hybrid funktionieren kann. Für mich ist eine zu pauschale Aussage über Anwesenheit in Verbindung mit besserer Effizienz in Führung sinnbildlich für eine Unternehmenskultur, die den Schritt in die Moderne nicht geschafft hat. Arbeit ist nicht mehr der Ort, zu dem ich gehe, sondern ist das, was ich tue! Wir verwechseln bei dieser Debatte viel zu Oft Anwesenheit mit Leistung (oder Performance).

– Marcus K. Reif

Remote-Work ist eigentlich der zu verwendende Begriff, denn Home-Office ist semantisch zu nahe an der Heimarbeit, die andere arbeitsrechtliche Regelungen erfordert. Ich halte einen hybriden Mix aus Remote- sowie Office-Work für zeitgemäß und unabdingbar. Zwei Tage die Woche von zu Hause aus zu arbeiten, um konzentrierte Fokusarbeit auszuüben, während die Zeit im Büro der Kommunikation, dem Austausch und Brainstormings dienen sollte, für richtig. Überall dort, wo nun Remote-Work unter Feuer steht, besteht kein Vertrauen darin, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lage sind, von allein eine Antwort auf die Herausforderungen flexibler Arbeit zu entwickeln. Das Bedürfnis nach Selbststeuerung wird den Leuten abgesprochen. Wenn Menschen heutzutage noch zu 100 Prozent ins Büro bestellt werden, obwohl ihre Aufgaben etwas anderes zulassen, haben sie zurecht das Gefühl, dass ihnen misstraut wird. Und das allein hat schon schlimme Auswirkungen auf die Unternehmenskultur. Sie treiben damit ausschließlich Fluktuation, aber keine Effizienz, weder Effektivität, noch Produktivität.

Was sind die Auswirkungen von strikten Präsenz-Regelungen?

Strikte Präsenz-Regelungen reduzieren die Motivation, Produktivität und erhöht Bürokratie. Sie werden Mitarbeiter haben, die Dienst nach Vorschrift erledigen und innerlich kündigen. Von aufkeimendem Zynismus über verlorene Motivation bis hin zur Kündigung ist natürlich alles dabei. Wir haben wirklich nur zwei Aspekte, die unsere Arbeitgeberbindung ausmachen.

  • Einbindung und Einbettung in ein Gefüge, ein Team, einen Bereich, mit vertrauensvollem Miteinander und eigenen Gestaltungs- und Entscheidungsspielräumen. Wissenschaftlich wird das als Netzwerkverbindung beschrieben. Kippt dieses Gefühl, startet der Prozess der inneren Kündigung, die zur faktischen führt 
  • das Gefühl “kann ich was bewirken” ist das zweite Merkmal. Hier geht es um Anerkennung, Wertschätzung und Belohnung für den eigenen Wertbeitrag und das eigene Wirken. Wie selbstverantwortlich kann ich arbeiten, wie frei kann ich mich durch die Hierarchie hinweg bewegen, wie wichtig ist der Vorgesetzte, welchen Grad an Micromanagement erlebe ich usw.

Hier sind noch mehr Details zu diesen beiden Aspekten: Warum manche kündigen und manche bleiben: eine überraschende Erkenntnis zum Thema Kündigung

Wenn wir das Gefühl haben, dass uns misstraut wird, obwohl wir doch alles gegeben haben, wenden wir uns enttäuscht ab. Wir fühlen uns nicht gesehen und auch nicht ernst genommen. Die emotionale Bindung zum Arbeitgeber sinkt. Am Ende verlassen die Menschen meist das Unternehmen, denn niemand möchte in einer Beziehung bleiben, in der nicht vertraut wird. Auch nicht in einer Arbeitsbeziehung.

Wir können uns vermutlich darauf einigen, dass alle eindimensionalen Modelle nicht tragfähig sind. Weder sind es 100 % Remote-Work, noch 100 % reine Office-Präsenz. Die ideale Mischung ist ein hybrides Modell aus Remote- und Office-Work. Welche Aufteilung für Ihr Unternehmen richtig ist, dürfte höchstindividuell sein. Aus Erfahrung denke ich, dass 50/50 gut ist. In manchen Wochen sind es drei Tage im Büro, in anderen nur zwei. Die Mischung macht es. Beispielsweise zieht die Deutsche Bank für 2025 die Zügel an. Die Mitarbeiter dürfen nur noch zwei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Personalarbeit.

Mit meinen besten Grüßen

Ihr Marcus K. Reif

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