Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Die Thesen sind: 80 % Ihrer Einstellungen sind falsch. Und eine Kündigung kostet Sie mindestens 150 % des jeweiligen Jahresgehalts (185 % Vakanzkosten). Weshalb haben wir im Recruiting eigentlich an so vielen Fronten zu kämpfen? Woran liegt das? In aller Kürze dürften Ihre Antworten in diesen Aspekten liegen: Zu viel Bauchgefühl, mangelnde Objektivität, keine Struktur, Bewerber steht nicht im Mittelpunkt, zu hohe Innenorientierung, zu fixes Idealbild, Stringenzfetisch und ein Hang zu Stereotypen sowie zu geringes Maß an Digitalisierung.

Wir führen Recruiting so durch, als gäbe es keinen Fachkräftemangel.

1. Sie rekrutieren reaktiv – und das ist das Problem

Die meisten Unternehmen rekrutieren nur dann, wenn eine Lücke entsteht. Also: Fluktuation, Abgang, Exit – und dann beginnt das große Suchen. Dabei wissen wir längst, dass Nachfolgeplanung kein reaktives Event sein darf, sondern ein strategischer Dauerprozess.

Was passiert stattdessen? Der Fachbereich meldet den Bedarf, HR schaltet Stellenanzeigen auf der Karriere-Website und den üblichen Plattformen. Vielleicht wird noch ein LinkedIn-Profil durchgeklickt, aber systematisch? Fehlanzeige. Talent Relationship Management ist bei Professionals die Ausnahme, nicht die Regel – obwohl es gerade hier den Unterschied machen würde.

2. Sie wissen gar nicht, wen Sie eigentlich suchen

Klingt hart, ist aber so:

  • Die Stellenanzeige? Voller interner Begriffe, kaum anschlussfähig für externe Kandidaten.
  • Das Profil? Nicht ansatzweise auf einem validen Kompetenzmodell aufgebaut.
  • Die Zielgruppe? Nicht definiert.
  • Die Sourcing-Strategie? Existiert nicht – außer Sie nennen “post & pray” eine Strategie.

Am Ende ist das Recruiting mehr Mutmaßung als Methode.

3. Ihr Bewerbungsprozess schreckt ab

Seien wir ehrlich: Wer heute noch Bewerber zwingt, ein Kundenkonto anzulegen, zehn Seiten auszufüllen und Infos doppelt einzutragen, will keine Talente – er will Verwaltung.

Ein guter Bewerbungsprozess ist schnell, einfach und mobil möglich. Alles andere ist Bewerberbremse – und die haben wir nun wirklich nicht nötig.

4. Terminplanung? Take it or leave it!

Interviews werden nach dem Kalender des Hiring Managers gelegt, nicht nach dem der Kandidaten. Was wie eine Kleinigkeit klingt, ist ein klares Signal: Wir – nicht du – bestimmen die Spielregeln. In Zeiten von Arbeitnehmermärkten ein grober Fehler.

5. Das Interview ist eine Farce

Struktur? Gibt’s nicht.
Objektivität? Fraglich.
Validität? Kaum messbar.

Stattdessen wird auf Noten, Stationen und Bauchgefühl gesetzt. Dabei wissen wir längst: Eine Abschlussnote sagt nichts über berufliche Leistung aus. Nichts. Null. Gar nichts. Und doch selektieren wir immer noch danach.

Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach: Kompetenz zeigt sich nicht im Lebenslauf, sondern im Verhalten. Wir brauchen Interviews, die das erfassen – nicht die Biografie abfragen.

6. Der Stringenzfetisch ruiniert Chancen

Lineare Lebensläufe? Überbewertet. Sprünge, Auszeiten oder Studienwechsel? Sofort ein Makel.

Das Problem: Wir pressen Menschen in vorgefertigte Schablonen. Statt Potenzial zu sehen, vergleichen wir mit dem eigenen Idealbild. Wer da nicht reinpasst, fliegt raus – selbst wenn er oder sie das Team bereichern würde.

Dabei wissen wir: Soft Skills, Engagement und Haltung sind die wahren Karriere-Treiber.

7. Beurteilungsfehler – täglich unterschätzt

„Potenzial erkenne ich in zwei Minuten.“
Solche Sätze sagen viel – über den Entscheider, nicht über den Kandidaten. In zwei Minuten erkennen Sie vielleicht Sympathie, aber ganz sicher kein Potenzial.

Wir sind alle anfällig für Beurteilungsfehler – Halo-Effekt, Ähnlichkeitsfehler, Confirmation Bias und viele mehr. Wer das nicht systematisch in seinen Auswahlprozess einbaut, entscheidet nach Gefühl. Und das ist bei der Personalauswahl selten ein guter Ratgeber.

8. Ihr Vertragsangebot ist zu langsam

Der Bewerbungsprozess lief super – aber dann?
Der Arbeitsvertrag dreht erst mal ein paar Ehrenrunden durchs Unternehmen, bevor er beim Kandidaten ankommt. Das nennt sich dann „Offer-Management“. In Wahrheit ist es: Beharrung im Papierzeitalter.

9. Digitalisierung? Nur in homöopathischer Dosis

Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Aber sie ist ein mächtiges Werkzeug für eine bessere Candidate Experience. Warum also nicht:

  • Vertragsangebote über einen digitalen Angebotsraum?
  • Sourcing mit smarten Tools?
  • Datenbasierte Entscheidungshilfen?

Was uns fehlt, ist der Wille zur Veränderung – und manchmal schlicht das Wissen um bessere Alternativen.

Zukunft des Recruitings: Empathie, Daten & Dialog

Recruiting wird menschlicher. Der Mensch rückt wieder ins Zentrum – nicht als „Application ID“, sondern als Individuum. Wer künftig erfolgreich sein will, braucht:

  • Empathie statt Prozessverliebtheit
  • Digital- und Datenkompetenz
  • Business-Verständnis auf Augenhöhe
  • Kommunikationsstärke in alle Richtungen

Und vor allem: den Mut, sich von alten Denkmustern zu verabschieden.

Fazit (tl;dr)

  • Lösen Sie sich von biografieorientierter Einstellungslogik
  • Vergessen Sie Abschlussnoten als Leistungsindikator
  • Rekrutieren Sie nach Potenzial, nicht nach Lebenslauf
  • Stellen Sie Haltung und Softskills über das Papier
  • Etablieren Sie ein Kompetenzmodell für Ihr Geschäftsmodell von morgen
  • Und bauen Sie eine HR auf, die das alles versteht – und auch umsetzt

Beste Grüße

Ihr Marcus K. Reif

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