Schaut man sich in der Unternehmenslandschaft um, ist HR zumeist eine sehr operative Einheit mit wenig strategischem Einfluss auf die Geschäftsstrategie. Recruiting muss funktionieren. Vakanzen müssen schnell besetzt werden, Fluktuation wird meist nur auf der Wirkungsseite bearbeitet (Vakanz), nicht an der Ursache (schlechte Führung, fehlende Perspektive, toxische Situationen etc.). Fort- und Weiterbildung, Personal- sowie Führungskräfteentwicklung wird wie ein Lichtschalter an- und ausgeschaltet. Budgets in guten Zeiten gewährt, in schlechten Zeiten gekürzt oder gar ganz gestrichen. Das ist das Dilemma des operativen Personalwesens. Keinen Impact!
HR – gefangen im Tagesgeschäft? Zeit für echte Talentstrategie!
Eine langfristige Talent-Strategie ist ein umfassender Ansatz, den Organisationen verfolgen sollten, um sicherzustellen, dass sie dauerhaft über die notwendigen Fähigkeiten und Talente verfügen, um ihre Geschäftsziele zu erreichen. Diese Strategie umfasst mehrere Schlüsselaspekte, wie die Identifizierung, Gewinnung, Entwicklung und Bindung von Talenten. Ziel ist es, eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit durch ein qualifiziertes und engagiertes Personal zu gewährleisten. Viele HRler betrachten dies im Talentzyklus, also Personalmarketing, Recruiting, Personalbetreuung sowie Personalentwicklung. Doch eine langfristige Talent-Strategie umfasst sehr viel mehr. Es geht um die Frage, wie soll meine Belegschaft sich entwickeln. Wohin entwickle ich meine Belegschaft kurz-, mittel- und langfristig?
Warum eine langfristige Talent-Strategie der Schlüssel ist
Wir sind ziemlich gut bei der Beurteilung des Produktportfolios. Modell- und Produktlaufzeit. Update- und Facelifting-Strategie. Neue Modellentwicklung. Dich wie intensiv geht das Hand in Hand mit der entsprechenden Talentstrategie? Eine langfristige Talent-Strategie fragt nicht: „Wie viele Stellen müssen wir bis zum Quartalsende besetzen?“ Sie fragt:
- Welche Kompetenzen braucht unser Unternehmen in drei oder fünf Jahren?
- Wie soll sich unsere Belegschaft entwickeln?
- Wie schaffen wir es, Potenziale zu entfalten – nicht nur zu verwalten?
- Wie halten wir die Menschen im Unternehmen, weil sie wachsen können – nicht, weil sie gerade nichts Besseres finden?
- Für das neu zu entwickelnde Produkt, mit dem wir in 5 Jahren Marktführer sein wollen, braucht es in 2 Jahren welche Talente im Unternehmen?
Vom Reparaturbetrieb zur strategischen Kraft
HR darf nicht länger nur Feuerwehr spielen. Wer ständig Vakanzen hinterherläuft, Fluktuation verwaltet und Maßnahmen von Budgetzyklen abhängig macht, wird nie echten Impact generieren. Es braucht eine klare Vision: Wie sieht unsere Organisation in fünf oder zehn Jahren aus? Welche Fähigkeiten brauchen wir dann – und wie kommen wir dahin?
Eine echte Talentstrategie denkt vom Ziel her. Sie analysiert nicht nur den Status quo, sondern definiert zukünftige Skill-Gaps, strukturiert Entwicklungswege und gestaltet Lernreisen. Sie berücksichtigt demografische Entwicklungen, Digitalisierung und Wertewandel. Und sie ist integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie – nicht deren nachgelagerter Dienstleister.
Führung wird zum entscheidenden Hebel
Ein zentraler Faktor für den Erfolg jeder Talentstrategie ist Führung. Denn egal wie gut ein Recruitingprozess oder ein Weiterbildungsprogramm ist: Wenn Führungskräfte kein Interesse an der Entwicklung ihrer Mitarbeitenden haben, wird kein HR-Instrument wirken. Leadership muss also nicht nur operativ funktionieren, sondern strategisch mitgestalten. Wer Talente gewinnen und binden will, braucht Führung, die inspiriert, fordert und fördert – und nicht nur verwaltet.
HR als Architekt des Wandels
Damit HR aus dem Hamsterrad des Tagesgeschäfts ausbrechen kann, braucht es Mut und Unterstützung vom Top-Management. Eine Personalabteilung, die sich nur über KPIs wie „Time-to-Hire“ oder „Weiterbildungsstunden pro Kopf“ definiert, wird übersehen, wenn es um strategische Entscheidungen geht. HR muss sich als Architekt des organisatorischen Wandels positionieren – mit einem klaren Plan für den Aufbau der Workforce der Zukunft.
Es ist Zeit, dass HR nicht länger nur reaktiv agiert, sondern den Wandel proaktiv gestaltet. Zeit für eine echte Talentstrategie.
Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Sie ist so wichtig.
Mit meinen besten Grüßen
Ihr Marcus K. Reif