Die Debatte über die Rückkehr ins Büro konzentriert sich zu sehr darauf, wo die Arbeit erledigt wird. Aber nicht wie! Arbeit ist nicht mehr der Ort, zu dem ich gehe, sondern ist das, was ich tue.
Wir können uns vermutlich darauf einigen, dass alle eindimensionalen Modelle nicht tragfähig sind. Weder sind es 100 % Remote-Work, noch 100 % reine Office-Präsenz. Die ideale Mischung ist ein hybrides Modell aus Remote- und Office-Work. Welche Aufteilung für Ihr Unternehmen richtig ist, dürfte höchstindividuell sein. Aus Erfahrung denke ich, dass 50/50 gut ist. In manchen Wochen sind es drei Tage im Büro, in anderen nur zwei. Die Mischung macht es. Beispielsweise zieht die Deutsche Bank für 2025 die Zügel an. Die Mitarbeiter dürfen nur noch zwei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten.
Laut einer KMPG-Studie sind 68 % der deutschen Top-Entscheider überzeugt, dass ihre Angestellten binnen drei Jahren wieder Vollzeit im Büro arbeiten werden. Dies wird verknüpft mit der Erwartung auf mehr Teamgeist und Effizienz.
Mich würde mal wirklich ernsthaft interessieren, welchen Effekt sich die Top-Entscheider von 100 % Office-Präsenz erhoffen. Offiziell geht es um den Teamgeist und die Förderung von Zusammenarbeit. Führungskräfte kommen zunehmend zu der Überzeugung, dass kreativer Austausch nicht durch virtuelle Meetings ersetzt werden kann. Auch sehen sie den Teamzusammenhalt leiden, wenn alle nur noch im Homeoffice arbeiten. Also was ich logisch verstehe, dass die lieb gewonnene Kommunikation am Schreibtisch fehlt. Doch echte Kommunikation ist in der Wirksamkeit nicht an einen Kanal gebunden. Dass in der Remote-Work Gefahren lauern, wie Isolation des Mitarbeiters, aber auch Arbeitszeitbetrug – geschenkt, das sollte aber nicht der Antrieb sein, alle Leute zu 100 % ins Büro zurück zu bitten. Das sagt mehr über das mangelnde Vertrauen des Arbeitgebers aus als über die Mitarbeiter, die im Generalverdacht stehen.
Pro und Kontra
- Kontrollbedürfnis
- Teamgeist stärken
- Kreativität steigern
- starre Auffassung der Arbeit
- Pendelei führt zu …
- Flexibilität leidet
Das Homeoffice wird nicht sterben, jedoch das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre Unternehmen hingegen schon. Wir verspielen mit der unterschwelligen These, dass im Homeoffice nicht richtig gearbeitet wird, massiv an Vertrauen und schwächen die Unternehmenskultur!
Das Homeoffice wird nicht sterben, jedoch das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre Unternehmen hingegen schon. Wir verspielen mit der unterschwelligen These, dass im Homeoffice nicht richtig gearbeitet wird, massiv an Vertrauen und… Share on XFlexibilität hat Priorität
Ich erlebe, dass sich Betriebsräte mit Maximalforderungen an Remote-Tagen mit Unternehmensvertretern kabbeln, die ihrerseits auf der anderen Seite des Pendels ihre Maximalforderung haben. Das wird so nichts. Ein hybrides Arbeitsmodell mit Flexibilität sollte die Maßgabe sein. Lösen wir uns von Maßgaben, die sich auf Wochen beziehen. In vielen Jobs sind die Tage geprägt von Routine-Tätigkeiten. Die Arbeit im Büro sollte aber mehr zu bieten haben. Das sind Kommunikationstage. Konzentrationsarbeit zu Hause, Miteinander und Austausch im Büro. Wenn dies gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeitet wird, dabei eine eigenständig beeinflussbare Flexibilität für die Mitarbeiter gewährleistet wird, gelingt es auch, die Tage im Büro zu erhöhen. Alles ist eine Frage der Kommunikation. Mit Druck alleine entsteht keine gute Unternehmenskultur. Sie werden dadurch nur eins erreichen: eine höhere Fluktuationsrate und sinkende Mitarbeiterzufriedenheit.
In Zeiten des Fachkräftemangels wird Flexibilität zur Schlüsselressource.
Lieb gewonnene Errungenschaften aufzugeben, ist nicht einfach
Natürlich geben wir nicht gerne Privilegien auf. Insbesondere, weil während der Pandemie das “Privileg” Remote-Work die Unternehmen haben überleben lassen.
Die Geschichte ist einfach erzählt. Der demografische Wandel und die Digitalisierung auf der einen, die Globalisierung und der Wertewandel der Generationen Y und Z auf der anderen Seite machen die Arbeitswelt komplexer als zuvor. Und die Arbeitswelt ist deutlich komplizierter für Führungskräfte – mit zunehmender Tendenz. Als Personaler, die wir an unterschiedlichen Stellen intra und extra muros versuchen, durch Aussagen und Gestaltungswillen einen Einfluss und Wirkung auf Verhalten zu generieren, stehen mittendrin in dieser Entwicklung. In unserer Rolle begegnen wir doch oftmals einen Unwillen für Veränderung. Ein Teil der Veränderungsresistenz liegt sicherlich in der Kultur des Unternehmens und/oder der Führungskraft begründet. Das ist meist eine individuelle Führungskultur, die von lauteren Motiven geleitet wird. Diese Motive können kollektive Ursachen haben, denn Führungskräfte werden natürlich protegiert von deren Führungskräften, was zum Teil zu Sozialisierungen mit althergebrachten Werten führt. Also ist das Teil der Biografie und der Entwicklung der eigenen Werte über einen längeren Zeitraum hinweg.
Ich bin sicher: Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort ist ein Wettbewerbsfaktor!
Anwesenheit mit Leistung verwechseln
Ein beliebtes Beispiel für diese Art der Resistenz ist das Führungsverhalten Anwesenheit. Und daraus folgen natürlich auch Wertungen für Leistung, deshalb sind das exorbitant wichtige Treiber in der Unternehmenskultur. Ist Anwesenheit ein wichtiges Attribut, ist folgerichtig Abwesenheit kein bewusst wahrgenommener Teil der Leistung. Denn es wird aus dieser Sicht nur geleistet, wenn man Präsenz zeigt. Und das ist das Dilemma, wenn die Motive zur Beurteilung von Leistung aus der Zeit gefallen sind. Nur den Input und die Präsenz beurteilen, hat leider ziemlich wenig mit der tatsächlichen Performance im Ergebnis zu tun.
Keine Studie der Welt zeigt diese Korrelation, auf der anderen Seite gibt es gesicherte Erkenntnisse, dass die Kultur des Rumhockens wenig mit Leistung und Performance der Arbeit zu tun hat. Doch führt aus dem Führungsattribut Anwesenheit eine über dem Durchschnitt liegende Beanspruchung von Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort mehrheitlich zur schlechteren Beurteilung der Leistung.
Gerade für die jüngeren Generationen ist eine Definierung über die Inputorientierung wesensfremd. Weshalb sollte man neun Stunden am Tag rumhocken, wenn man das gleiche Ergebnis, bspw. aus dem Homeoffice heraus, in sieben Stunden hinbekäme. Wieso wird dem Input eine so hohe Performance-Beachtung geschenkt, der Effizienz und Effektivität auf der Output-Seite aber nicht? Wieso sollte ich 90 Minuten am Tag ins Büro pendeln, um dort in einem Großraumbüro mit Kopfhörern auf den Ohren das Gleiche erledige, wie zu Hause, aber dort entspannter.
Diesen Widerspruch heben wir mit starren und kruden Präsenzvorgaben zur Arbeit im Büro nicht auf. Wir verschlimmern ihn, weil wir den Kontrast des Dilemmas vergrößern.
Treffen Sie für Ihre Mitarbeiter die richtige Entscheidung. Uns HRlern obliegt es, die richtige Entscheidung zu beeinflussen.
Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.
Mit meinen besten Grüßen
Ihr Marcus K. Reif