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Führung ist keine Dressur – Warum moderne Bewertungssysteme oft mehr schaden als nutzen

Peer-Feedback-Systeme liegen im Trend. Doch dienen sie wirklich der Entwicklung von Mitarbeitenden – oder führen sie zu subtiler Kontrolle durch die Hintertür? „Kolleginnen bewerten Kolleginnen“ – was zunächst nach Augenhöhe und Teamgeist klingt, etabliert sich gerade als neuer Standard in vielen Unternehmen. Google, Zalando, Amazon und andere setzen auf Systeme, in denen Mitarbeitende einander beurteilen, Feedback geben und einander mit Punkten oder virtuellen Coins belohnen können. Doch bei all dem digitalen Glanz dieser Instrumente stellt sich eine grundlegende Frage:

Ist das noch Führung – oder schon Manipulation?

Wer als Führungskraft auf solche Systeme setzt, muss sich ehrlich fragen: Will ich Menschen wirklich fördern – oder will ich sie durch soziale Belohnungssysteme in ein bestimmtes Verhalten lenken? Geht es um Entwicklung, oder geht es um Dressur? Denn eines ist klar: Führung ist nicht das Dressieren von Mitarbeitenden.

Dressur zielt auf Verhalten – Führung auf Haltung

Wenn ich Menschen so forme, dass sie ein bestimmtes Verhalten zeigen, ohne dass sie es wirklich wollen oder verstehen, dann mag das kurzfristig funktionieren. Aber ich verfehle den Kern von Führung. Führung bedeutet, Menschen zu begleiten, zu stärken, in ihrer Reife zu fördern – nicht, sie unmerklich zu steuern.

Instrumente wie Peer-Bewertungen oder digitale Belohnungssysteme setzen oft auf äußere Motivation. Das Problem: Was heute noch als Lob empfunden wird, kann morgen schon als Druck erlebt werden. Wer weiß, dass Kolleg:innen ihn beobachten und bewerten, wird sich nicht mehr authentisch verhalten – sondern angepasst.

Menschen sind keine Maschinen

Viele moderne Führungsinstrumente behandeln Mitarbeitende wie ein variables System von Input und Output. Doch Menschen funktionieren nicht auf Knopfdruck. Sie haben Biografien, Verletzungen, Sehnsüchte und Eigenheiten. Gute Führung respektiert das – und nutzt es nicht aus.

Es ist gefährlich, unbewusste Bedürfnisse von Menschen – etwa das Bedürfnis nach Anerkennung – als Hebel für Leistung zu instrumentalisieren. Wer dies tut, führt nicht – sondern nutzt aus. Und genau hier beginnt das Verheizen von Mitarbeitenden.

Führung beginnt mit echter Beziehung

Statt Belohnungssysteme zu entwerfen, sollten Führungskräfte Beziehungssysteme stärken. Feedback funktioniert nur dann, wenn Vertrauen da ist. Wenn sich Menschen sicher fühlen, auch kritische Rückmeldungen geben und annehmen zu dürfen – ohne Angst, ohne Kalkül, ohne Konkurrenzdenken.

Diese Kultur entsteht nicht durch Tools, sondern durch Haltung. Wer als Führungskraft selbst Fehler eingesteht, wer auf Augenhöhe kommuniziert, wer zuhört statt bewertet, der schafft ein Umfeld, in dem Entwicklung möglich wird.

Sinn schlägt System

Gute Führung ist immer sinnorientiert. Menschen leisten am meisten, wenn sie den Sinn in ihrer Arbeit erkennen – nicht, wenn sie Punkte sammeln oder sich gegenseitig überbieten. Es braucht keine Coins, um Engagement zu erzeugen – es braucht Sinn, Wertschätzung und echtes Interesse.

Extrinsische Motivation? Warum Druck und Anreize langfristig scheitern

Es hält sich hartnäckig die Annahme, man könne Menschen durch Druck oder monetäre Anreize dauerhaft zu Höchstleistungen bringen. Doch meine Erfahrung zeigt: Diese Form der extrinsischen Motivation hat eine extrem kurze Halbwertszeit – oft kaum mehr als drei Monate.

Das neue Auto, der Bonus oder die Beförderung? Anfangs aufregend. Doch schon bald wirkt all das selbstverständlich – und der Hunger nach „mehr“ beginnt von vorn. Aus dem Spiel wird ein „höher, schneller, weiter“-Wettbewerb, in dem Erfolg nur noch daran gemessen wird, wie sehr man andere übertrifft.

Die Schattenseite: Angst und soziale Beschleunigung

Extrinsische Motivation treibt uns in einen Kreislauf, der uns immer weiter von uns selbst entfernt:

  • Wir flüchten in Konsum, Unterhaltung und Vergleich.
  • Wir fürchten Krisen – nicht wegen echter Verluste, sondern weil Statussymbole verschwinden könnten.
  • Wir steigern Leistungsdruck und Frust – für Führungskräfte und Teams gleichermaßen.

Das Ergebnis: Angst statt Erfüllung.

Die Alternative: Eudaimonie statt Druck

Die Philosophie kennt dafür einen Begriff: Eudaimonie – ein Zustand, in dem Menschen das tun, was sie als sinnvoll und stimmig empfinden. Statt Kontrolle, Leistungsdruck und monetäre Anreize sollten wir fragen:

  • Was macht meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich zufrieden?
  • Wo erleben sie Sinn und Wachstum – nicht nur Belohnung?

Wer diese Fragen beantwortet, schafft nicht nur zufriedenere Teams, sondern auch nachhaltigen Erfolg. Denn intrinsische Motivation wirkt tiefer, länger – und macht Organisationen resilienter.

Fazit: Führung darf nicht dressieren – sie muss inspirieren

Wer Menschen führen will, muss ihnen nicht sagen, was sie tun sollen – sondern sie dabei unterstützen herauszufinden, wofür sie wirklich brennen. Dann entsteht Leistung aus Freiheit, nicht aus Kontrolle. Aus Motivation, nicht aus Manipulation. Lasst uns also aufhören, Führung durch Systeme ersetzen zu wollen. Denn was Teams wirklich stärkt, sind keine Bewertungen, sondern Beziehungen.

Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Sie ist so wichtig.

Mit meinen besten Grüßen

Ihr Marcus K. Reif

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