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F.A.Z.-Stellenmarkt 2014 mit durchschnittlich 4,92 Seiten pro Woche im 1. Halbjahr

Meine Berichte über die Entwicklung des F.A.Z.-Stellenmarkts formuliere ich seit Dezember 2010 und sie beginnen stets gleich. Ich bin ein leidenschaftlicher F.A.Z.-Leser und großer Anhänger des dort gelebten Qualitätsjournalismus. Jeden Samstag gilt mein Blick der Auflagenzahl des Print-Stellenmarkts. Als ehemaliger Projektleiter des F.A.Z.-Online-Stellenmarkts verliere ich mein Faible und die Wertschätzung für die beste deutsche Tageszeitung und den bedeutendsten Print-Stellenmarkt für Fach- und Führungskräfte nicht. Jeden Samstag twittere ich die Anzahl der Stellenmarkt-Seiten über meinen Twitter-Account @marcusreif. Und – wie gewohnt – schaue ich mir zwei Mal im Jahr die Print-Auflage des Stellenmarkts der F.A.Z. im Detail an und blogge hierzu auf meinem kleinen Blog. So auch jetzt Mitte 2014 wieder mit Blick auf die letzten 26 Wochen F.A.Z.-Stellenmarkt des kompletten Jahres.

Der Print-Stellenmarkt per se leidet in Deutschland die letzten 13 Jahre hinweg. Während das Jahr 2001 noch eine absolute Hochphasen zeigte, knickte ab Mai/Juni des Jahres 2001 der Anzeigenmarkt und insbesondere der Stellenmarkt den Verlagen weg. Der 11. September 2001 ist nur sinnbildlich das Datum der Trendwende, wurde dadurch eine der massivsten Wirtschaftskrisen eingeleitet, die auch vor dem Print-Medium nicht Halt machte. Dass sich durch die technologische Entwicklung und die Revolution/Evolution neuer Online-Plattformen auch die Mediennutzung und das Konsumverhalten änderte, ist evident. Von dem Tief des Jahres 2001 hat sich kein Print-Stellenmarkt je wieder erholt. Ganz im Gegenteil, die Absetzbewegung der expensiven Print-Stellenanzeigen aus den gedruckten Medien hält weiterhin an. Das ist nichts anderes als eine Erosion, die ich in den nächsten Absätzen noch genauer beschreibe. Der Trend weg vom Print in puncto Anzeigeninsertion ist allerdings bei weitem nicht so massiv, wie wir das im Segment der Print-Stellenanzeigen beobachten. 

Rückgang des Halbjahres-Durchschnitts

Im zurückliegenden Halbjahr ist der Durchschnitt der wöchentlichen Seiten an Print-Stellenanzeigen weiter zurückgegangen auf nun 4,92 Seiten pro Woche. Im ersten Halbjahr des Kalenderjahrs 2011 lag der Schnitt noch bei 15,68 Seiten pro Woche. Dies entspricht einem Minus innerhalb von vier Wirtschaftsjahren in Höhe von über 68 %. Das ist massiv! Die Begründung der letzten Jahre, dass die Dynamik des Arbeitsmarkts sich nicht so eindrucksvoll, sondern eher zurückhaltend zeigte, kann hier nicht mehr greifen. Die Erosion des Print-Stellenmarkts seit der Wirtschaftskrise 2001 ist unverkennbar. Die F.A.Z. steht hier als Primus inter Pares für eine ganze Branche. 68 % Reduktion innerhalb von vier Jahren zeigt die ganze Misere ganz anschaulich. Und ich bemühe jetzt nicht die großen Zahlen, um die 280 Seiten Stellenmarkt aus dem April 2000 mit dem aktuellen Halbjahresschnitt von 4,92 Seiten zu vergleichen. Das wäre statistisch nicht fair, den “Peak” mit der aktuellen “Base” zu vergleichen.

Heute gehen nicht alle Anzeigen über auf die Online-Stellenmärkte. Ein wichtiger Grund sind sicherlich auch die enger werdenden Budgets im Personalmarketing. Während die Cost-per-Hire für Berufserfahrene in den letzten 15 Jahren sich vermutlich eher halbierte – Personalberatungen ausgenommen -, sind Anzeigenschaltung in der F.A.Z. einfach viel zu teuer auf den Effekt “Cost per Application” betrachtet, insbesondere gemessen an dem Messkriterium “Cost per Application” verzeichnen wir nicht nur steigende Insertionskosten, sondern auch noch eine deutliche Reduzierung eingehender Bewerbungen über diesen Kanal. Eine zweifache negative Entwicklung. Eine vierfarbige, vierspaltige Anzeige mit rund 250 mm Höhe in der F.A.Z. ist übrigens nicht für unter 20.000 Euro zu haben.

Hier sehen Sie im folgenden Diagramm die Halbjahres-Durchschnitte der F.A.Z. der letzten vier Jahre: 

Halbjahresdurchschnitt F.A.Z.-Stellenmarkt

Die Zahlen zeigen leider eindeutig das ökonomische Dilemma der F.A.Z. als Beispiel für alle Print-Stellenmärkte. 

Bleiben wir bei einem Zwischenfazit: 

Die Insertion von Print-Stellenanzeigen sind ökonomisch betrachtet nur in wenigen Fällen vertretbar! 

Wir haben eben festgestellt, dass eine Abwanderung von Print- in die Online-Medien geschah. Substituiert der Online-Stellenmarkt den Print-Stellenmarkt? 

Das Rieplsche Gesetz

Ich hatte mich immer gegen die Prognosen gewehrt, dass die Online-Stellenmärkte die Print-Stellenmärkte vollständig substituieren. Während in den wirtschaftlichen Spitzenjahren die Auflage großer Zeitungen selbst anzeigenproduktionstechnische Grenzen überschritten (April 2000, F.A.Z. mit 280 Seiten Stellenanzeigen), sind wir doch heute meilenweit von diesem Niveau entfernt. Nach dem Rieplschen Gesetz – nach dem Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten Wolfgang Riepl benannt – ersetzt kein neues Medium ein probates vollständig. So geschehen bei Kino und Zeitung, Zeitung und Radio, TV und Radio, Internet und TV und so weiter. Neue Medien haben immer zu einer Veränderung der etablierten Medien geführt. So hätte es auch bei den Print-Stellenmärkten sein müssen. So war es aber nicht. Die Verlage haben so lange das Pferd geritten, bis es tot war. Und viele reiten heute noch. Und nun müssten sie absteigen und schauen, wie man weiterkommt. Die Versuche der letzten zehn Jahre, mit crossmedialen Angeboten die Auflage im Print-Medium zu stabilisieren, sind allesamt gescheitert. Die Insertionsbereitschaft gerade im Bereich Personalbeschaffung hat sich eindeutig von den expansiven Print-Titeln hin zu preisgünstigeren Online-Plattformen verschoben. 

Internet kannibalisiert Print

Ich habe ja meine eigene Erfahrung sammeln dürfen in einem sehr spannenden Modernisierungsprojekt. Die Angst vor dem Kannibalismus der eigenen Pfründe und des eigenen Kerngeschäfts durch eigene Online-Geschäftsmodelle war stets größer als die Chancen, etwas neues, beeindruckendes und ökonomisch erfolgreiches auf die Reise zu bringen. Aus meiner Sicht sind die vielen kleinen bis hin zu regionalen Verlagen mutig oder aus Verzweiflung diesen Weg gegangen, der sich als durchaus richtig und erfolgreich dargestellt hat. Auch Online-Produkte, wie Spiegel.de als eigene Online-Redaktion, zeigten, dass man Erfolg haben kann, ohne das eigene damalige Kerngeschäft zu torpedieren. Und selbst wenn irgendwann der “Reverse takeover” geschieht – dass die Online-Ableger mehr Geld verdienen als Print -, unterstreicht das nur die Chancen! 

Man sieht, dass sich “der große Change” von Print zu Internet mittlerweile im kleinen Segment der Apps wiederholt. Skurril, dass Internetangebote punktuell oder generell kostenpflichtig gestellt werden, die App dafür nicht, oder andersrum, dass die App über einen Monatsbeitrag zu erhalten ist, das Online-Angebot hingegen kostenfrei bleibt. Die vollständige Querfinanzierung durch Werbung gelingt leider den meisten Plattformen nicht. 

F.A.Z.-Print-Stellenmarkt

Zurück zum Print-Stellenmarkt der F.A.Z. In diesem Jahr, beginnend mit der Ausgabe vom Samstag, dem 4. Januar 2014, der mit einer Seiten eher beiläufig war, erodierte der Print-Stellenmarkt über das gesamte erste Halbjahr 2014 hinweg zu einem Allzeittief von durchschnittlich 4,92 Seiten pro Woche. Durch einige Anpassungen der F.A.Z.-Bücher per se entfiel auch zum 08.02.2014 der Hinweis auf die Anzahl der Stellenmarktseiten auf der Titelseite der F.A.Z. Seit dem 08.02. zähle ich also die Seiten selbst und runde größtenteils auf. Die Ausreißer in der Auflage sind jedoch stets geringer, wie man auf der nachfolgenden Grafik erkennt. Einmal 9, einmal 13 Seiten, ansonsten größtenteils mit 4-5 Seiten erschien der Stellenteil der F.A.Z., mittlerweile als ein Buch mit Beruf & Chance erscheinend. 

Vergleichen wir mal die Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014 miteinander. Im Jahr 2011 erschienen noch 714 Seiten im Print-Stellenmarkt der F.A.Z., während das Volumen im Jahr 2012 um -25,2 % auf 534 Seiten zurückging. Das Jahr 2013 verzeichnet mit 330 Seiten ein absolutes Tief in der Geschichte des Print-Stellenmarkts der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Doch 2014 wird das unterbieten, verzeichnet das erste Halbjahr eine Gesamtzahl von 128 Seiten Print-Stellenmarkt. Zumindest in der jüngsten Vergangenheit war das erste Halbjahr stets umfangreicher als das zweite. Erleben wir ein Jahr 2014 mit weniger als 250 Seiten Stellenmarkt? Das wäre ein Drittel des Jahres 2011. Das sind schwindelerregende Rückgänge. 

Schauen wir mal auf die wöchentlichen Stellenanzeigen-Seiten:

 Wochen-Ausgaben des F.A.Z.-Print-Stellenmarkts

Die Regressionsgerade zeigt visualisiert den Rückgang an. 

Auflage F.A.Z.-Print-Stellenmarkt am Samstag 

mit Blick auf das Wirtschaftsjahr 2013 und 2014. Zweistellige Stellenanzeigen-Seiten sind die Ausnahme! Diese Grafik beschreibt die samstägliche Auflage des Print-Stellenmarkts der F.A.Z. im Jahr 2013 und des ersten Halbjahres 2014. Die geringen Auflagen in der zweiten Dezemberhälfte sowie während der Sommerferien sind nicht ungewöhnlich und quasi normal. 

Seiten Stellenmarkt 2013+2014

Dazu passt folgende Pressemeldung von turi2 vom 11. Juni 2013:

faz_verlust_gross

“FAZ” schreibt 2012 rote Zahlen

Diversifiziert ins Defizit: Die FAZ-Verlagsgruppe muss fürs Geschäftsjahr 2012 einen Fehlbetrag von 4,3 Mio Euro bilanzieren, weil “das Werbegeschäft und insbesondere der Stellenmarkt” der Zeitung “starke Rückgänge” verzeichnete, wie die “FAZ” heute berichtet. Im Vorjahr 2011 stand unterm Strich noch ein Überschuss von 19,3 Mio Euro, der allerdings dem Verkauf der Märkischen Verlags- und Druckgesellschaft zu verdanken war. Für 2013 erwartet die “FAZ” eine “wirtschaftlich verhaltene Entwicklung”, für 2014 geht die Geschäftsführung von einer “moderaten Erholung” aus. Mit “Kostendisziplin” und dem Ausbau neuer Geschäftsfelder will der Verlag gegensteuern. […]

Quelle: turi2.de unter turi2.de/2013/06/11/heute2-faz-schreibt-2012-rote-zahlen-16112198

Finanzierungsmodell der Zeitungen passé

Die populären Zeitungen finanzier(t)en sich über ein dreisäuliges Modell. Anzeigen-/Werbeerlöse, Einzel- und Abonnentenverkauf sowie Stellenmarkt-Erlöse. Die F.A.Z. generierte sogar die Hälfte ihres Umsatzes durch den Stellenmarkt. Laut Manager-Magazin machte der Stellenmarkt im letzten Jahr allerdings nur noch 15 Mio. Euro Umsatz, also trägt nur noch einen Bruchteil zum Gesamtumsatzes von 260 Mio. Euro bei. Im Jahr 2000 hatte die F.A.Z. noch 235 Mio. Euro alleine mit Stellenanzeigen eingenommen (sic!). Die Geschäftsjahre 2012 und 2013 schlossen mit einem Defizit ab. 2012 mit -4,3 Mio. Euro und 2013 mit rund -10 Mio. Euro. 

Auch die Auflage macht der F.A.Z. Sorgen. Im dritten Quartal 2013 trotz nun in die IVW-Zahl eingerechnete E-Paper auf 334.928 täglich verkaufte Exemplare. Die verkaufte Auflage der Tageszeitungen insgesamt, einschließlich der Sonntagsausgaben und aktuellen Sonntagszeitungen, lag im ersten Quartal 2014 insgesamt bei 19,94 Mio. Stück. Damit verliert die Gattung “Tageszeitung” gemessen am IVW-Index im Quartalsvergleich 0,8 %, innerhalb eines Jahres rund 2,7 % an Auflage (1/2013: 20,50 Mio.). Zwar legten in diesem Zeitraum die digitalen E-Paper-Ausgaben von 0,33 Mio. auf 0,54 Mio. (ein Plus von rund 63 %) Gesamtverkäufe nochmals zu, können in dieser Größenordnung aber die Rückgänge der Papierauflagen insgesamt nicht ausgleichen. Die F.A.Z. hat neben der verkauften Auflage von 334.928 Exemplaren eine Druckauflage von 402.087 Exemplaren. Das E-Paper – übrigens eine wunderbare App fürs iPad – macht mittlerweile schon eine Auflage von 26.901 Exemplaren aus, von denen 15.472 Abonnements sind. Die gedruckte F.A.Z. wird von 221.626 Lesern abonniert. Eine wirklich stabile und treue Zahl! 

Durch die Erosion der Stellenmärkte hin zu und in die digitale Medien sowie dem sich veränderten Preis-Leistungs-Verhältnis der Print-Anzeige entfällt faktisch eine der drei oben beschriebenen Finanzierungssäulen. Die Einzelverkaufs- und Abonnementerlöse decken heutzutage nicht mal mehr die Logistikkosten für die Distribution der Zeitungen an sich. Für eine große Zeitung sind dies schon fast 1 Mio. € pro Tag (sic!). Grob kalkuliert bedeutet das für eine Zeitung mit 400.000 Auflage, davon 330.000 verkauft, und einem Einzelverkaufspreis von 2,30 € Kostenunterdeckung in Höhe von rund 200.000 € am Tag. Die F.A.Z. steuert hier dagegen, in dem sie ihre Samstagsausgabe teurer einzeln verkauft als unter der Woche, nämlich zu 2,50 Euro. Die Sonntagsausgabe ist übrigens für 3,50 Euro zu haben.

Somit werden Zeitungen viel krisenfühliger und anfälliger für die Zyklen der geschalteten Werbung. Die Kosten, insbesondere Logistik und Produktion, sind völlig vom Wirtschaftszyklus und den Werbemaßnahmen entkoppelt.

Bei Statista habe ich ein sehr gutes Diagramm zu diesem Thema gefunden: die verkaufte Auflage der Tageszeitungen in Deutschland. Und wir müssen hier ebenfalls die statistische Realität zur Kenntnis nehmen, dass die verkaufte Auflage in den letzten 20 Jahren um ein Drittel zurückgegangen ist. Das ist epochal!

Verkaufte Auflage der Tageszeitungen

Statistik: Entwicklung der verkauften Auflage der Tageszeitungen in Deutschland von 1991 bis 2013 (in Millionen Exemplaren) | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Thesen zur Zukunft der Print-Medien

  • die Erosion der Print-Auflagen wird überproportional zunehmen
  • das Zeitungssterben wird zunehmen, insb. bei Tageszeitungen
  • Wochenzeitungen werden Auftrieb und stärkere Auflagen erhalten
  • Tageszeitungen scheitern am Kostendruck und den Kostensenkungsprogrammen
  • Herausgeber, Verlage und Redaktionen verstehen die Möglichkeiten des Internets zu wenig, daran scheitert das Geschäftsmodell
  • Angst vor der Kannibalisierung des Print-Geschäfts durch eigene Online-Ableger verhindert Erfolg im Internet und beschleunigt das Ende der eigenen Zeitung
  • Fach- und Führungskräfte-Stellenmarkt hat keinen Marktführer mehr
  • und Bezahlmodelle für das redaktionelle Angebot sind und bleiben eine Chimäre

Das Fazit bleibt aber. Die Erosion der Printmedien schreitet weiter und drastisch voran. Innovationskraft der Herausgeber und Verlage reicht nicht aus, diesen Trend umzukehren. Und die Erosion insbesondere des F.A.Z.-Print-Stellenmarkts am Samstag zeigt die Entwicklung in aller Dramatik. Während die F.A.Z. über Jahrzehnte lang die Marktführerschaft als Stellenmarkt für Fach- und Führungskräfte inne hatte – mühevoll von “Die Welt” abgerungen -, ist davon heute keine Rede mehr.

Meine Fragen dabei: welche Bedeutung wird der Print-Stellenmarkt künftig für das Personalmarketing der Unternehmen haben? Und wie finanziert sich Qualitätsjournalismus zukünftig? 

Beste Grüße

Marcus Reif

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