Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

“Shaping the Organization” ist eine Kategorie in Organisationsoptimierungen oder Restrukturierungen. Und in Zeiten der Polykrise sind viele Unternehmen gerade genau an diesem Thema. Neben Kostensenkung und dem Ausdünnen von unnötigen Kosten, ausgedehntem OPEX-Management steht natürlich auch der Personalkörper als Ganzes, aber auch die Führungsspannen als solches im Fokus. Diesem Thema will ich mich mal widmen.

Unternehmen wie Microsoft und Amazon setzen auf flachere Managementstrukturen, um schneller und effizienter zu werden. Business Insider kam die Tage mit einem Artikel genau zu diesem Thema um die Ecke: “Größere Teams, weniger Manager: Warum Google, Microsoft und Co. ihr mittleres Management radikal reduzieren“.

Hierarchisch strukturierte Organisationen wurden auf der Grundlage des traditionellen Managementkonzepts entwickelt, bei dem die Führungskräfte „den Leuten sagen, was sie zu tun haben, Ziele setzen und Standards festlegen“. Im Gegensatz dazu werden bei vielen neuen Managementmodellen die Ziele von unten gesetzt, bspw. mit OKRs, die Führungskräfte werden nach ihrer Leistung und nicht nach der Führungsspanne bewertet. Die Leistungsbewertung erfolgt kontinuierlich und nicht nur einmal im Jahr.

Das mittlere Management wird weiter ausgedünnt. Untersuchungen zeigen, dass US-Unternehmen heute eine durchschnittliche Führungsspanne – die Anzahl der Mitarbeiter, die einem Vorgesetzten unterstellt sind – von 9,7 haben. In großen Unternehmen diese Quote sogar auf 11,4 ansteigt. Trotz der massiven Veränderungen, die derzeit stattfinden, werden in dieser neuen Welt formelle und flexible Strukturen weiterhin nebeneinander bestehen. Ironischerweise sind formale Strukturen nach wie vor erforderlich, um sicherzustellen, dass die Struktur von Teams effektiv funktioniert. In der Praxis bedeutet dies, dass die Fähigkeit, Teams schnell zu bilden, einzusetzen, aufzulösen und zu reformieren, für die heutigen Organisationen von entscheidender Bedeutung ist. Entscheidender als starre Modelle, die wenig Elastizität bei der Steuerung eines Unternehmens zeigen. Funktionale Organisationen werden also nicht verschwinden, aber sie werden durch Shared Services, also die Standardisierung von transaktionalen Prozessen, und Kompetenzzentren, den Centers of Expertise ergänzt, um Skaleneffekte zu erzielen und Verwaltungsaufgaben zu konsolidieren. Um diese Art von Betriebsmodell zu ermöglichen, müssen Funktionen, wie IT, HR und Finanzen so organisiert werden, dass sie solche Teams vor Ort unterstützen.

Bauchgefühl und Hörensagen

Stellt sich die Frage, was ist der richtige Span of Control, also die Führungsspanne?

  • Studien sagen 1:7 in der Realität
  • Wissenschaft sagt 1:5 ist ideal
  • Erfahrung sagt 1:7-10 ist verbreitet

Tauchen wir mal ein.

Führungsspannen in Banken und Beratungsunternehmen

Definition: Die Führungsspanne (Span of Control) bezeichnet die Anzahl der Mitarbeitenden, die direkt einer Führungskraft unterstellt sind Sie ist ein zentrales Element der Organisationsstruktur und beeinflusst Effizienz, Kosten und Führungsqualität. Die optimale Führungsspanne hängt von vielen Faktoren ab – etwa vom Aufgabenprofil, dem Erfahrungsgrad der Mitarbeiter und der Managementkultur – und variiert je nach Hierarchieebene und Branche erheblich.

Allgemeine Grundsätze der optimalen Führungsspanne

Als Faustregel gilt in vielen Unternehmen eine Spanne von ca. 7 bis 10 Mitarbeitenden pro Führungskraft (Quelle: kienbaum.com). Diese Bandbreite wird oft als guter Kompromiss gesehen: Sie ist groß genug, um ausreichend Autonomie im Team zu ermöglichen und die Zahl der Führungsebenen gering zu halten, aber klein genug, damit die Führungskraft noch überschaubare Kontrolle und Coaching bieten kann (Quelle: personio.de). So strebt z.B. Google an, dass eine Führungskraft im Schnitt 7–10 direkte Mitarbeiter führt (Quelle: personio.de).

Tatsächlich gibt es jedoch keine universell “richtige” Zahl. Studien zeigen eine breite Varianz in der Praxis. Eine Analyse von Great Place to Work ergab, dass die Mehrheit der Unternehmen Führungsspannen von 3 bis 6 Personen nutzt (Quelle: greatplacetowork.de). Interessanterweise war die Zufriedenheit mit der Unternehmenskultur in dieser Gruppe am niedrigsten und stieg bei etwas größeren Teams sogar leicht an (Quelle: greatplacetowork.de) – ein Hinweis, dass zu kleine Teams mit sehr enger Betreuung nicht immer optimal sind (Stichwort Mikromanagement). Andererseits gilt eine zweistellige Führungsspanne als anspruchsvoll: Wenn eine Führungskraft 15 oder mehr Mitarbeiter direkt führt, kann dies Überlastung fördern und erfordert ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Vertrauen im Team (Quelle: gewinnermagazin.demckinsey.com). Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigte extreme internationale Unterschiede: In Deutschland kommen rechnerisch 26 Mitarbeiter auf eine Führungskraft, während es in den USA nur etwa 7 sind (Quelle: gewinnermagazin.de). Dies spiegelt weniger kulturelle Unterschiede als unterschiedliche Organisationsprinzipien wider. Kleine Spannen erlauben mehr Kontrolle, während große Spannen nur mit eigenverantwortlichen Mitarbeitern und einer vertrauensbasierten Führungskultur funktionieren (Quelle: gewinnermagazin.de).

Moderne Trends gehen tendenziell zu flacheren Hierarchien mit größeren Spannen. So hat sich z. B. die durchschnittliche Anzahl direkter Unterstellter von CEOs in großen US-Unternehmen innerhalb von 20 Jahren von etwa 5 auf fast 10 verdoppelt (Quelle: hbr.org). Eine Auswertung von über 1.000 Unternehmen ergab einen Durchschnitt von rund 9 direkt Berichtenden pro Manager (in Großunternehmen sogar ~11. Quelle: namely.com). Allerdings ist diese Entwicklung mit Vorsicht zu genießen – zu große Leitungsspannen können die Führungsqualität beeinträchtigen. Sowohl zu geringe als auch zu breite Spannen wirken sich nachteilig auf die Performance aus (Quelle: personio.de). Es kommt auf den richtigen Kontext an.

Einflussfaktoren: Die optimale Führungsspanne hängt stark von der Arbeits- und Unternehmenssituation ab. Wichtige Faktoren sind u.a.:

  • Komplexität der Aufgaben: Bei hochkomplexen, variablen Tätigkeiten ist eine enger gefasste Spanne ratsam, da die Führungskraft viel abstimmen und anleiten muss (Quelle: kienbaum.com). Sind die Aufgaben der Mitarbeiter dagegen weitgehend standardisiert oder routiniert, kann eine Führungskraft mehrere Personen gleichzeitig effektiv führen (Quellen: www2.deloitte.com sowie kienbaum.com).
  • Qualifikation und Erfahrung des Teams: erfahrene, hochqualifizierte Mitarbeiter benötigen weniger engmaschige Anleitung. Hier sind größere Teams pro Chef eher handhabbar (Quelle: kienbaum.com). Unerfahrene oder neue Mitarbeiter erfordern intensiveres Coaching – die Spanne sollte entsprechend geringer sein.
  • Arbeitsteilung und Interdependenz: Wenn Mitarbeiter überwiegend ähnliche Aufgaben selbstständig bearbeiten oder moderne Tools nutzen, kann eine Führungskraft mehrere Leute koordinieren. Müssen jedoch im Team alle eng zusammenwirken (starke Aufgabenabhängigkeiten), sind kleinere Teams sinnvoller, um Abstimmung und Kommunikation zu erleichtern (Quelle: www2.deloitte.com). Auch die Verfügbarkeit von Technologie beeinflusst dies – digitale Workflows und Automatisierung können Führungskräften erlauben, größere Teams zu managen, ohne den Überblick zu verlieren (Quelle: personio.de).
  • Führungsstil und Kultur: In einer vertrauensorientierten, partizipativen Kultur mit delegierendem Führungsstil sind größere Spannen eher möglich (Quelle: kienbaum.com). In stark hierarchisch oder autoritär geprägten Umfeldern tendiert man zu kleineren Spannen.

Diese Faktoren verdeutlichen, dass die ideale Führungsspanne kontextabhängig ist. Im Folgenden wird beleuchtet, wie sich das in zwei Branchen – Banken und Beratungsunternehmen – konkret darstellt, jeweils auf den wichtigsten Hierarchieebenen.

Führungsspanne in klassischen Banken

Klassische Banken (Großbanken oder Retail-Banken) weisen traditionell eher hierarchische Strukturen auf. Allerdings gibt es innerhalb der Branche Unterschiede: kleinere Banken oder Filialen haben oft flachere Strukturen und damit breitere Führungsspannen, während Großbanken mit vielen Abteilungen tendenziell mehr Ebenen und geringere Spannen pro Ebene haben (Quelle: theorgchart.com). Grundsätzlich nimmt in klassischen Organisationsmodellen die Leitungsspanne mit jeder höheren Führungsebene ab (Quelle: gewinnermagazin.de) – d.h. Teamleiter führen mehr Mitarbeiter direkt als Abteilungs- oder Bereichsleiter, die ihrerseits weniger direkt Unterstellte haben als ein Vorstand.

Betrachten wir typische Hierarchieebenen in Banken und ihre Spannen in der Praxis:

  • Teamleitung (z.B. Filialleitung oder Teamleiter in einer Fachabteilung): Auf dieser unteren Führungsebene variiert die Spanne je nach Tätigkeit. In Filialen oder operativen Einheiten mit standardisierten Abläufen (z.B. Kassierer, Kundenberater im Standardgeschäft) kann eine Führungskraft relativ viele Mitarbeiter effektiv betreuen. Ein Richtwert im Filialgeschäft sind etwa 6 bis 15 Mitarbeiter pro Filialleiter (Quelle: opsdog.com). Spannen deutlich über 15 gelten jedoch als kritisch, da der Manager dann “zu dünn gespreizt” wäre und die Betreuung leidet (Quelle: opsdog.com). In hoch spezialisierten Teams (etwa im Investmentbanking, M&A, Risikomanagement, Firmenkundengeschäft oder IT) ist die optimale Teamgröße oft kleiner, z.B. 5 bis 8 Direktunterstellte, da hier die Aufgaben komplexer sind und mehr Abstimmung erfordern (Quelle: kienbaum.com). Insgesamt liegt die übliche Teamgröße in Banken meist im einstelligen Bereich. Zum Vergleich: Eine Analyse ergab, dass deutsche Unternehmen im Schnitt pro Vorgesetzten 26 Mitarbeiter zählen (Quelle: gewinnermagazin.de) – dieser Wert erscheint hoch und dürfte in Banken nur in Ausnahmefällen (z.B. sehr große Filialteams oder Call-Center) erreicht werden. Viele Banken streben deutlich geringere Spannen an, um Führungsqualität und Risikokontrolle zu gewährleisten.
  • Abteilungsleitung: Eine Abteilung in der Bank umfasst typischerweise mehrere Teams oder Filialen. Abteilungsleiter (z.B. Leiter Kreditabteilung, IT-Abteilungsleiter) führen daher primär andere Führungskräfte. Ihre Führungsspanne ist entsprechend kleiner als auf Teamleiterebene. Praktische Benchmarks legen nahe, dass auf dieser mittleren Führungsebene eine Spanne von ungefähr 4 bis 8 direkte Unterstellte angemessen ist (Quelle: sullivancotter.com). Studien im Executive-Bereich zeigen, dass Vice Presidents (vergleichbar mit Abteilungsleitern) meist einen Korridor von 4 bis maximal 10 Direktberichtenden haben – bei weniger als 4 oder mehr als 10 sollte die Struktur hinterfragt werden (Quelle: sullivancotter.com). In vielen Banken findet man Abteilungsleiter mit etwa 5–7 direkten Teamleitungen. So bleibt genug Kapazität für strategische Aufgaben, und jede/r Teamleiter/in erhält noch ausreichend Betreuung. Eine zu geringe Spanne (z.B. wenn ein Abteilungsleiter nur 1–2 direkte Mitarbeiter führt) deutet auf unnötige Hierarchie hin und wird oft aus Effizienzgründen vermieden (Quelle: sullivancotter.com).
  • Bereichsleitung (Divisionsleitung): Bereiche oder Geschäftssegmente (z.B. PrivatkundenFirmenkundenAsset Management) bündeln mehrere Abteilungen. Bereichsleiter gehören i.d.R. zur oberen Führungsebene knapp unter dem Vorstand. Ihre direkte Führungsverantwortung umfasst meist nur wenige Abteilungsleiter – häufig zwischen 3 und 6. Eine solch überschaubare Spanne ermöglicht es, sich auf bereichsübergreifende Steuerung, Strategie und Ergebnisverantwortung zu konzentrieren. Gleichzeitig ist diese Ebene gefordert, Silos zu vermeiden und die Informationen von unten nach oben zu konsolidieren. Tendenziell gilt: Je höher die Ebene, desto mehr steigt die Komplexität der einzelnen Berichtswege, weshalb die Zahl direkter Reports eher klein gehalten wird (Quelle: gewinnermagazin.de). (In einigen modernen Bankorganigrammen werden Bereichsleitungen allerdings auch breiter aufgestellt, um Hierarchiestufen abzubauen – z.B. könnten Bereichsleiter direkt mehrere Dutzend Filialen betreuen, wenn Zwischenebenen abgeschafft werden. Solche Modelle erfordern aber hervorragend funktionierende Kommunikation und klare Standardprozesse.)
  • Vorstand/Geschäftsführung: Die oberste Führungsspitze einer Bank – in Deutschland typischerweise der Vorstand – hat die geringsten Führungsspannen. Ein CEO oder Vorstandsvorsitzender hat oft nur die übrigen Vorstandsmitglieder bzw. einige Bereichsleiter als direkt Unterstellte. In großen Banken besteht der Vorstand bspw. aus rund 5-10 Personen, sodass der CEO um die 5-10 direkt Berichtende hat. Das entspricht auch dem beobachteten Trend: Vor einigen Jahrzehnten führten CEOs im Schnitt nur etwa fünf Top-Leute direkt, heute sind es eher um die zehn (Quelle: hbr.org). Einzelne Vorstände (für Ressorts, wie Risiko, Finanzen, Vertrieb etc.) führen wiederum die unterstellten Bereichsleiter, meist ebenfalls in einer Größenordnung von einer Hand voll direkten Reports. Bei einem Vorstand mit z.B. drei Ressortleitern wäre die Spanne sehr klein (3), was eher ungewöhnlich ist – in solchen Fällen wird die Struktur häufig angepasst, um Verantwortung breiter zu verteilen (Quelle: sullivancotter.com). Insgesamt streben Banken an der Spitze eine klare, konzentrierte Aufbauorganisation an: Jeder Top-Manager soll genug Übersicht behalten und nicht zu viele Direktunterstellte haben, da die Führungsaufgabe auf diesem Niveau sehr zeitintensiv ist (Abstimmung mit Gremien, Regulatorik, Strategie etc.). Gleichzeitig dürfen es nicht zu wenige sein, um nicht unnötig Hierarchieschichten einzuziehen.

Branchenspezifische Besonderheiten in Banken: In Banken spielt das Thema Regulierung und Risikomanagement eine große Rolle. Das begünstigt tendenziell geringere Führungsspannen, da man Kontrolle und Compliance sicherstellen will. Gleichzeitig stehen Banken unter Effizienzdruck – insbesondere seit der Finanzkrise – und versuchen, Kosten zu sparen, u.a. durch Abbau von Hierarchieebenen. Viele Institute haben in den letzten Jahren ihre Organisation delayered (verschlankt) und die durchschnittliche Führungsspanne erweitert, um flachere Strukturen zu bekommen (Quelle: theorgchart.com). Beispielsweise wurde in einigen Filialbanken die Zahl der Zwischenebenen reduziert, sodass ein Regionalleiter nun direkt mehr Filialen betreut als früher. Solche Veränderungen müssen aber gut ausbalanciert werden: zuvor zu geringe Spannen (überdimensioniertes Mittleres Management) können Kosten und Bürokratie verursachen, übermäßige Spannen dagegen Überlastung und Qualitätsrisiken. Daher ist es Best Practice, regelmäßig die Führungsspannen zu überprüfen und bei Bedarf nachzujustieren. Insgesamt bewegen sich Banken je nach Funktion im Spannungsfeld zwischen Kontrolle und Eigenverantwortung: Routinebereiche (z.B. Back-Office, Standardvertrieb) vertragen relativ breite Spannen, während kritische oder komplexe Bereiche (Risiko, Trading, Spezialberatung) eher kleine Teams pro Chef erfordern.

Führungsspanne in Beratungsunternehmen

Beratungsunternehmen (Management- und Strategieberatungen) haben tendenziell flachere Hierarchien als Banken, aber ihre Projektarbeit erfordert eine besondere Betrachtung der Führungsspanne. In klassischen Beratungshäusern gibt es meist wenige offizielle Hierarchieebenen (z.B. Analyst/Consultant – Manager/Projektleiter – Partner), doch die effektive Führungsspanne wird vor allem durch die Projektorganisation bestimmt. Charakteristisch für die Beratung ist der Pyramidenaufbau von Projektteams: Einige seniorere Berater führen mehrere juniorere. Die Spanne hängt stark von der Projektart und -größe ab. Ich habe in meiner Karriere Projektteams von einer Person bis hin zu fast 10.000 gesehen. Das sind völlig andere, sehr komplexe Steuerungen, die man hier nicht pauschal betrachten sollte.

  • Projekt- bzw. Teamleitung (Manager/Engagement Manager): Auf dieser Ebene führt der Berater ein Team von Consultants im Rahmen eines Kundenprojekts. Da Beratungsprojekte oft hochanspruchsvolle, neuartige Aufgaben umfassen, sind die Teams absichtlich klein gehalten. Ein typischer Projektleiter hat meist nur etwa 3 bis 6 Teammitglieder direkt unter sich. McKinsey bezeichnet solche Rollen als “Player/Coach”, die sowohl inhaltlich mitarbeiten als auch coachen – hier liegt die optimale Spanne bei drei bis fünf direkten Mitarbeitern (Quelle: mckinsey.com). In anderen Worten: Ein Consulting-Projektleiter betreut selten mehr als ein halbes Dutzend Berater gleichzeitig, um jedem genügend Guidance zu geben. In sehr kleinen Strategieprojekten kommt es sogar vor, dass das Verhältnis 1:1 ist (ein Partner oder Manager arbeitet direkt mit einem einzelnen Consultant. Quelle consultantsmind.medium.com). Mehr als 6–7 direkte Berater pro Manager gelten im Consulting als schwierig, außer die Aufgaben sind ausgesprochen standardisiert. Auch hier bestätigt sich das Prinzip: Komplexe, wissensintensive Arbeit erfordert kleine Teams und viel Führung – eine Beratung lebt vom Apprenticeship-Modell (Training on the job), was mit zunehmender Teamgröße schnell leidet.
  • Principal/Senior Manager/Projekt-Direktor: In vielen Beratungen gibt es zwischen Partner und Projektleiter noch erfahrene Führungskräfte (Titles variieren: Senior Manager, Director, Associate Partner, Principal o.ä.). Diese haben oft die Aufsicht über mehrere Projekte oder Teams gleichzeitig. Ihre Führungsspanne bemisst sich daran, wie viele Projektleiter ihnen direkt berichten. In der Praxis koordiniert ein Principal z.B. 2 bis 4 Manager parallel, die jeweils eigene Teams führen. Somit kann ein Principal indirekt sich um vielleicht 10–20 Berater über seine Projekte hinweg kümmern, doch direkt berichtet ihm nur die Hand voll Projektleiter. Diese Struktur hält die formale Führungsspanne überschaubar, während die gesamt verantworte Mitarbeiterzahl deutlich höher sein kann. Entscheidend ist, dass die Projektleiter selbst sehr kompetent und relativ autonom agieren – der Principal greift bei Bedarf steuernd ein. Eine größere Spanne wäre hier denkbar, wenn es sich um ähnliche Projekte handelt, ist aber unüblich, da ein Senior Manager seine Aufmerksamkeit nicht zu dünn verteilen kann. Oft richtet sich die Spanne auch nach inhaltlichen Schwerpunkten – ein Principal betreut z.B. 3 Projektteams in seinem Fachgebiet, ein viertes würde möglicherweise an einen anderen Principal gegeben, um die Qualität zu halten. Insgesamt bewegen sich Führungsspannen auf dieser Ebene typischerweise im niedrigen einstelligen Bereich (meist ~3–5 direkte Reports).
  • Partner/Geschäftsführer: Partner bilden die höchste Führungsebene in Beratungsfirmen. Ihnen obliegt die Akquisition von Projekten und die Gesamtverantwortung. In der Projektführung agieren sie als Mentoren und Qualitätsgaranten, während das Tagesgeschäft vom Manager/Teamleiter gemacht wird. Ein einzelner Partner kann mehrere Projekte gleichzeitig betreuen – beispielsweise durch regelmäßige Steuerungsmeetings mit den jeweiligen Projektleitern. Direkt führt ein Partner also in erster Linie die Projektmanager (und ggf. einige Stabsmitarbeiter). Eine typische Spanne könnte sein, dass ein Partner zur gleichen Zeit 3–5 Projektleiter als direkte Berichtswege hat. In großen Projekten mit vielen Teilsträngen kann die Zahl der direkten Reports auch höher gehen. Ein bekanntes Beispiel aus der Praxis: In einem umfangreichen Supply-Chain-Projekt arbeitete ein Partner mit 4 Managern und insgesamt 15 Beratern darunter zusammen (Quelle: consultantsmind.medium.com) – hier war die Führungsspanne des Partners 4 (die Manager), während die Manager selbst im Schnitt je ~3–4 Consultants leiteten. In einem kleineren Strategieprojekt hingegen war das Verhältnis 1 Partner : 1 Manager : 1 Berater (Quelle: consultantsmind.medium.com). Diese Beispiele zeigen die Bandbreite: Je nach Projektart variiert die tatsächliche Führungsspanne erheblich. Bei “Brain projects” (hochkomplexe Strategieaufgaben) ist die Struktur sehr steil (geringe Spanne, viele Führungskräfte für wenige Juniors). Bei “Procedure projects” (standardisierte, umsetzungsorientierte Projekte) wird eine flachere Pyramide mit mehr Junior-Beratern pro Chef gewählt.
  • Firmenleitung (Managing Partner etc.): An der Spitze eines Beratungsunternehmens steht oft ein Managing Director oder Managing Partner. Diese Führungsspitze hat eine ähnliche Funktion wie ein Vorstand in einem Unternehmen. Allerdings ist die Beratung oft als Partnerschaft organisiert, was bedeutet, dass viele Partner gemeinsam die Firma tragen. Der Managing Partner selbst führt daher primär die Partnergruppe bzw. Bereichsleiter (z.B. Verantwortliche für Practice Groups oder Regionen). Die direkte Führungsspanne auf dieser obersten Ebene ist meist gering – ein Managing Partner hat zirka 5–8 direkte Reports (etwa Leiter der wichtigsten Regionen, Services oder internen Funktionen). Wichtig ist hier vor allem die qualitative Führungsarbeit (Vision, Kultur, Auswahl der richtigen Leute für Schlüsselrollen), weniger tägliche Mitarbeitersteuerung. Der Fokus liegt auf dem Business. Große Beratungsfirmen achten darauf, die Führungsaufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen (z.B. regionale Verantwortliche, Service Line Leader etc.), sodass die Top-Leute nicht zu viele Direktunterstellte haben. Insgesamt ähnelt die Struktur insofern klassischen Unternehmen: Die obersten Führungskräfte in Beratungen haben nur eine kleine Anzahl direkter Berichtswege, trotz der mitunter großen Zahl an Gesamtmitarbeitern.

Branchenspezifische Besonderheiten in Beratungen: In der Beratung ist das Verhältnis von Senior- zu Junior-Kräften (Leverage) ein zentraler Stellhebel. Beratungsfirmen kalkulieren genau, wie viele Nachwuchsberater pro erfahrenem Manager eingesetzt werden, um effektiv und profitabel zu arbeiten. Eine hohe Führungsspanne (viele Juniors pro Senior) bedeutet einen “flachen” Pyramidenaufbau, der kosteneffizient ist, aber nur bei ausreichend Routine oder gut definierter Methodik funktioniert. Eine geringe Spanne (wenige Mitarbeitende pro Leader) führt zu intensiver Betreuung und eignet sich für hochwertige, individuell zugeschnittene Beratungsleistunge.

Beratungsunternehmen wechseln je nach Projektphase oft von enger zu breiter Spanne: In der Konzeptionsphase eines Projekts arbeiten wenige Berater eng mit den Partnern (kleine Teams). Später, in der Implementierung, wird das Team aufgestockt und die Spanne erweitert, indem mehr Juniorberater unter einem Senior arbeiten (Quelle: consultantsmind.medium.com). Dieses flexible Model ermöglicht sowohl Qualität als auch Skaleneffekte. Wichtig ist, dass die Führungskräfte in Beratungen hervorragend delegieren können – sie müssen großen Teams Vertrauen schenken, ohne Qualitätseinbußen zu riskieren. Insgesamt sind die beobachteten Führungsspannen in Beratungsunternehmen etwas enger als in vielen traditionellen Industrien, was der Wissensarbeit geschuldet ist. Gleichzeitig wird mit flachen Strukturen geworben („wenig Hierarchie“), was praktisch heißt: relativ wenige Manager, die aber jeweils mehrere Rollen ausfüllen (Projektleiter, Mentor, Vertriebler) und daher nicht zu viele Direktunterstellte haben dürfen, um diese Aufgaben bewältigen zu können.

Fazit und Empfehlungen

Zusammenfassung der Erkenntnisse: Eine optimale Führungsspanne ist kontextabhängig. Allgemein liegt sie oft im mittleren einstelligen Bereich – weder zu klein noch zu groß. In klassischen Banken zeigen sich tendenziell etwas formalere Strukturen mit kleineren Spannen in kritischen Bereichen, während in standardisierten Bereichen durchaus höhere Spannen praktiziert werden (z.B. Filialleitung 10+ Mitarbeiter). Beratungsunternehmen halten aufgrund der komplexen Wissensarbeit ihre unmittelbaren Teams klein (oft 5 oder weniger pro Manager), nutzen aber bei geeigneten Aufgabenstellungen breitere Pyramiden um Effizienz zu steigern. Beide Branchen müssen einen Ausgleich finden zwischen Kontrolle und Eigenverantwortung: Zu enge Spannen riskieren Bürokratie und Demotivation gut ausgebildeter Mitarbeiter (Mikromanagement), zu weite Spannen gefährden Führung, Feedback und Qualität der Arbeit

Handlungsempfehlungen: Für Manager und Organisationsgestalter lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

  • Führungsspannen regelmäßig analysieren und optimieren: Unternehmen sollten ihre Organisation periodisch auf geeignete Spannen und Ebenen überprüfen. Insbesondere bei Umstrukturierungen, Wachstum oder Kostendruck lohnt ein Spans-and-Layers-Review. Dabei ist zu fragen: Gibt es Hierarchieebenen mit unnötig kleinen Spannen (Hinweis auf Überorganisation)? Oder Führungskräfte, die überlastet sind, weil sie zu viele Direktberichte haben? Oft lassen sich durch moderate Anpassungen (Zusammenlegung von Teams, Einziehen oder Entfernen einer Ebene) Effizienzgewinne und bessere Führungsergebnisse erzielen.
  • Aufgaben und Fähigkeiten berücksichtigen: Die ideale Führungsspanne sollte fallbezogen festgelegt werden. In Bereichen mit hohem Routinegrad oder sehr selbständigen Mitarbeitern kann man bewusst größere Teams je Leader zulassen, ohne Qualitätseinbußen – das spart Kosten und fördert Selbstorganisation. Wo hingegen hohe Komplexität, Innovationsarbeit oder intensive Kundenbetreuung gefragt sind, sollten Teams kleiner gehalten werden, damit Führungskräfte wirklich coachen und steuern können. Diese Differenzierung kann sogar innerhalb einer Organisation stattfinden (wie z.B. in Banken: Filialnetz vs. Spezialisteneinheiten). One size fits all ist hier falsch.
  • Führungskultur und -kompetenz entwickeln: Breitere Führungsspannen funktionieren nur, wenn die Führungskräfte entsprechend kompetent sind und eine Kultur der Vertrauen und Delegation herrscht. Daher sollte in Trainings und Führungskräfteentwicklung gezielt vermittelt werden, wie man größere Teams führt: z.B. über klare Ziele, Delegation von Teilverantwortung an Senior Teammitglieder, effiziente Kommunikationsstrukturen und Nutzung von Technologie. Umgekehrt müssen Mitarbeiter befähigt werden, eigenständig zu arbeiten. Agile Methoden und digitale Tools können hier unterstützen, indem sie Transparenz schaffen und Abstimmungen erleichtern, sodass eine Führungskraft mehr Leute koordinieren kann, ohne Details aus den Augen zu verlieren.
  • Konzentration auf wertschöpfende Führung: Jede Führungsebene sollte einen klaren Wertbeitrag liefern. Zu kleine Spannen deuten oft darauf hin, dass Führungskräfte operativ mitarbeiten (statt zu führen) oder dass Aufgaben redundant verteilt sind. Ideal ist, wenn mittlere Manager hauptsächlich führen und verbessern, statt selbst „Sachbearbeiter“ zu sein (Quelle: www2.deloitte.com). Größere Spannen erzwingen gewissermaßen, dass sich Führungskräfte auf Führungsaufgaben fokussieren – was positiv sein kann, solange die Personen dafür geeignet sind. Es lohnt sich, Führungsrollen und -spannen gemeinsam zu planen: Welche Struktur ermöglicht es unseren Leadern, genug Nähe zu ihren Mitarbeitern zu haben und dennoch strategisch zu denken?

Zusammenfassend sollten sowohl Banken als auch Beratungsfirmen ihre Führungsspannen bewusst gestalten und an die jeweiligen Anforderungen anpassen. Allgemeine Benchmark-Werte (wie “7 +/- 2 Regel”) sind ein guter Startpunkt, müssen aber an Branche, Aufgaben und Menschen gespiegelt werden. In Banken könnte dies bedeuten: flachere Strukturen im Massengeschäft bei gleichzeitiger engerer Führung in kritischen Bereichen. In Beratungen: kleine Kernteams für Qualität, aber flexible Erweiterung der Teams bei Standardaufgaben zur Effizienzsteigerung. Entscheidend ist, die Balance zu finden, damit weder die Mitarbeiterführung noch die operative Leistungsfähigkeit leidet. Eine klug gewählte Führungsspanne – unterstützt durch passende Kultur und Prozesse – kann sowohl die Leistung der Organisation steigern als auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter fördern. In der Praxis bewährt es sich, das Thema Führungsspanne nicht statisch zu behandeln, sondern als steuerbaren Parameter der Organisationsentwicklung zu begreifen, um langfristig effektiver und agiler zu werden.

Auch andere Branchen arbeiten an diesem Thema:

Bayer: Er zersägt die Karriereleiter

Bayer befindet sich in einer fundamentalen Krise. Das Rezept des Chefs Bill Anderson: Chefs abschaffen. Führt das ins Chaos, oder bringt es die Rettung? Bericht aus einem verunsicherten Konzern

Quelle: zeit.de/2025/20/bayer-bill-anderson-pharmaindustrie-chemiekonzern-aktien

Quellen: Die obigen Aussagen basieren auf einer Vielzahl von Studien und Fachbeiträgen, u.a. Benchmark-Analysen (z.B. Hans-Böckler-Stiftung, Deloitte), Branchenbeispiele und Managementliteratur. Diese belegen die genannten Spannen und zeigen die unterschiedlichen Herangehensweisen in klassischen Banken und Beratungsunternehmen. Die Empfehlungen stützen sich auf Erkenntnisse zur optimalen Führungsspanne aus wissenschaftlichen Untersuchungen und Best Practices aus der Unternehmensführung. Jede Organisation sollte auf Basis solcher Informationen ihre eigene ideale Balance finden.

Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Sie ist so wichtig.
Mit meinen besten Grüßen
Ihr Marcus K. Reif


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