Aus meinen 25 Jahren Erfahrung als Führungskraft kann ich einiges an Fehler und gelungenen Dingen beitragen. Auch ich habe den Fehler gemacht, die ersten Jahre auf Basis der Fachlichkeit zu führen. Micromanagement, Unfähigkeit zur Delegation, Perfektionismus nach meinem Gusto, meine Perspektive musste die der anderen sein. Habe keine anderen Lösungs- und Arbeitswege zugelassen, außer die meinigen. Das sind typische Fehler, gepaart mit Egozentrik, fehlender eigener Führungserfahrung und vielen anderen Facetten mehr.
Die wenigsten Unternehmen bereiten ihre potenziellen Führungskräfte auf Führung vor. Das ist meist der selbst gewählte Einstieg ins Micromanagement. Ich erkläre es Ihnen gerne:
Um was geht es in der Führung?
Die Daseinsberechtigung von Führung wird sehr unterschiedlich betrachtet. Doch Führung ist kein Selbstzweck. Hier meine Definition von Führung:
Führung ist die zielgerichtete Einflussnahme auf andere durch Kommunikation.
Aber wissen Sie, worum es bei Führung garantiert nicht geht? Kontrolle! Viele Management-Berater sehen eine Renaissance der engen Führung mit tradierten Managementmethoden, wie “Command & Control”. Ich empfinde die Analyse als zu verkürzt. Aus meiner Überzeugung geht es darum, vom tradierten und transaktional geprägten Management hin zu einer transformationalen Führung zu kommen. Nennen wir es Leadership. Das Pendel schlägt allerdings gerade wieder zu den althergebrachten Instrumenten aus, wie Personalabbau, Büropräsenz, enges Management, weniger Freiraum, mehr Kontrolle.
Was ich in 25 Jahren Führung gelernt habe
- Führungskraft zu sein heißt, Sie sind nicht länger für den Prozess verantwortlich. Sie sind für Menschen verantwortlich, die für den Prozess verantwortlich sind
- die erste Führungsaufgabe sollte niemals an die fachlich beste Person übertragen werden, denn das ist der Einstieg ins Micromanagement. Übertragen Sie Führung an Menschen, die für Führung vorbereitet wurden und die dafür das Potenzial haben
- Bürokratie und Micromanagement killen alle Energie im Team!
- Kontrolle hat als Führungsparadigma ausgedient. Vertrauen Sie!
- seien Sie offen für Veränderungen (im Team, in den Prozessen, in Routinen)
- Psychologische Sicherheit Ihrer Teammitglieder ist essenziell für Erfolg
- Fehlerlernkultur! Fehler müssen gemacht werden, niemals sanktioniert. Fehlersanktionen führen zu nichts, außer, dass Ihre Mitarbeiter keine Entscheidungen mehr treffen
- Entscheidungsautonomie ist essenziell. Delegieren Sie die Kompetenz für Entscheidungen
- mehr Fragen stellen als Antworten geben. Zuhören können, Fragen stellen ist für die Augenhöhe und den Respekt wichtiger als der Allwissende durch das Leben zu gehen. Lassen Sie das Eltern-Ich weg
- Meinungen Ihrer Mitarbeiter gelten lassen. Empowerment fängt genau dort an, wo eine Meinung relevant wird
- Ermöglichen Sie Flexibilität, schauen Sie auf den Input, nicht den Output. Es geht immer nur um den Wertbeitrag am Ende des Tages. Nicht um die Kultur des Rumhockens, bis die acht Stunden voll sind
- Führung ist kein Selbstzweck. Führung produziert Sinn, stiftet einen Purpose, weshalb man wirkt. Führung schafft Kultur und gelingt nur durch Empathie
Wofür stehen Sie?
Stellen Sie sich die Frage, was Ihre Werte als Führungskraft sind. Wofür wollen Sie stehen? Seien Sie die Führungskraft, die Sie früher gerne selbst gehabt hätten. Denn gute Führung kann durch KI nicht ersetzt werden.
- Wofür will ich stehen?
- Wie möchte ich mich mir selbst und anderen Menschen gegenüber verhalten?
- Welche Werte sollen mich als Chef leiten?
Führungskraft sein ist immer eine Reise ins Ungewisse. Wir wissen nie, was der Tag bringt. An schönen Dingen, aber auch an Herausforderungen. Wir müssen immer gewappnet sein.
Spannungsfelder
In der Führung haben wir in der heutigen Zeit aber auch ein Spannungsfeld, welches uns jeden Tag aufs Neue fordert.
- Immer mehr Leistung erbringen mit immer weniger Mitarbeitern
- Immer mehr Wandel in immer kürzerer Zeit
- Immer mehr Aufgaben und Stress bei gleichbleibender Zeit
Seien Sie die Führungskraft, die Sie früher gerne selbst gehabt hätten. Viel Erfolg in Ihrer Führungsaufgabe!
Ihr Marcus K. Reif
Sehr geehrter Herr Marcus Reif!
Vielen Dank für Ihren sehr guten Artikel zum Thema Leadership. Ich habe ein wichtiges Anliegen, das aufgearbeitet werden sollte.
Der sich in den letzten Jahren deutlich gezeigte „a-soziale Saustall“ könnte nun endlich einen notwendigen Paradigmenwechsel einläuten. Immer mehr deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland und/oder haben Schwierigkeiten bei der Besetzung von branchenübergreifenden Transformatoren.
Wenn Politiker und Führungskräfte bereit sind, sich “ganz neu“ aufzustellen, dann treten Selbstverantwortung, lebenslanges Dazu-Lernen und vernetztes (KI-) Denken + Handeln über alle Bereiche als Werte (sog. Tugenden) in den Vordergrund. Mercedes hat z.B. das Ziel, die Strukturen und Prozesse “radikal zu hinterfragen und neu zu gestalten” und das mit Hilfe Künstlicher Intelligenz..
„Wir können uns mit unserem Gehirn dieser transformalen Situation jederzeit anpassen – wenn wir es nur wollen…“ (Prof. Dr. rer. nat., Dr. med. Gerald Hüther, Neurobiologe und Hirnforscher, Uni Göttingen).
Wenn wir Deutschland nach vorne bringen wollen, dann braucht es einen Paradigmenwechsel in den Führungsköpfen. Unsere Wirtschaft, unsere Politiker und Verwaltungen verschlafen hier strategische Chancen, weil die festgezurrten Führungs-Organisationen nicht gerade ideal sind neue, nachhaltige Wege in die Zukunft zu gehen.
Eine Studie von PwC „The World in 2050“ macht deutlich, dass Deutschland, so wie es aufgestellt ist, nicht zukunftstauglich ist.
Mehr dazu lesen Sie in meinen eBooks „Führung 5.0: Intelligent vernetzen – unterstützen – entfalten“, Teil 1 und 2 – herunterzuladen im internationalen eBook-Verlag: http://www.bookboon.com. Diese sind von der Uni St. Gallen zur Anwendung empfohlen… Vielleicht empfehlen Sie die eBücher auch Ihren Mitarbeitern weiter…
Mit freundlichen Grüßen und guten Wünschen,
Ihr
Prof. Günther H. Schust – München.
Alumnus + Executive MBA + Gastdozent + Trainer für transformale Leadership & Kommunikation & Innovation der Uni St. Gallen / Schweiz.
Website: http://www.human-performance-management.de
https://www.scopar.de/hierarchiefreie-collaboration
https://www.scopar.de/schust-eff-2024
Guten Tag, lieber Herr Prof. Schust,
das sind spannende Gedanken. Wollen wir dazu mal einen Podcast machen? Ich bin sicher, das ist ein guter Kanal, um die Gedanken in eine Story zu packen. Freue mich auf Ihren Kontakt.
Ihr Marcus K. Reif