Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

“ProblemPeer” und “Wahlkampfgenie”

In manchen Gazetten wird Herr Steinbrück schon der “ProblemPeer” oder zynisch das “Wahlkampfgenie” genannt. Die Wahrheit sehen wir am Abend des 22. September, bis dahin ist das letztlich nur subjektive Polemik. Denn am Ende ist es am Wähler, die veröffentlichte Meinung und die Wahlentscheidung mit einem Wahlergebnis zu qualifizieren. Aber dennoch witzig sind sie schon, die vielen kleinen Fettnäpfe des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Die Verfehlungen gehören laut Bekundung von führenden Sozialdemokraten “zum Paket Steinbrück”, wie man den aktuellen Berichterstattungen entnehmen kann.

Angefangen hatte alles mit einem vermurksten Start. “Erst die Inhalte, dann der Kandidat” – so hatte Sigmar Gabriel die späte Festlegung auf einen Kanzlerkandidaten über einen langen Zeitraum des Frühlings und Sommers 2012 begründet, um die Kür Steinbrücks dann doch sehr kurzfristig im September – deutlich in der Planung vorgezogen – vorzunehmen. Ergo Malus Nr. 1 durch die Sturzgeburt ähnliche Inthronisierung.

Seine Arbeit als Finanzminister schätzte ich immer sehr, auch sein Papier zur Finanz- und Steuerpolitik, welches er gemeinsam mit Ministerpräsident Koch erarbeitete, war inhaltlich überzeugend. Wie kommt es also zur Verpuppung des Finanzexperten zum ProblemPeer?

Im Stern stand geschrieben:

“Als Gerhard Schröder 1998 Kanzlerkandidat wurde, löste das einen Sog zur SPD aus. Steinbrück dagegen zieht die Partei nach unten”, sagt Forsa-Chef Manfred Güllner dem Magazin “Stern”

Bei all den unten erwähnten Situationen hagelte die öffentliche Kritik nur so auf Steinbrück ein. Danach folgte immer das gleiche Muster: ein paar pflichtschuldige Verteidigungen von sozialdemokratischer Seite (Frau Nahles, Herr Oppermann), ansonsten duckte sich die Mehrheit der Genossen weg. Weiter weg von Mikrofonen, Reportern und Kameras und Mikrofone konnte man viele namhafte SPDler kopfschüttelnd ihre Fassungslosigkeit bekunden sehen.

Schauen wir mal auf die in den Medien veröffentlichten so genannten Fettnäpfe:

Kavallerie

März 2009: Am Rande eines Treffens der G20-Finanzminister bei London verweist Steinbrück darauf, dass der wachsende Druck auf Steueroasen Wirkung zeige: „Die Kavallerie in Fort Yuma muss nicht immer ausreiten, manchmal reicht es, wenn die Indianer wissen, dass sie da ist.“ Die Schweiz bestellt den deutschen Botschafter ein.

Beinfreiheit

Am Anfang seiner Nominierungsrede bat er um “Beinfreiheit”. Viele, die mit dieser Metapher wenig anfangen konnten, haben durch die Fülle der Ereignisse ein Gefühl dafür bekommen. Nun hat der linke Flügel der SPD dem Kandidaten ein Programm umgehängt, wo Beinfreiheit keine Rolle mehr spielt. Meine Metapher: Ein Torwart wird als Stürmer eingewechselt. Und jeder sieht, dass er kein Stürmer, sondern Torwart ist. Peer Steinbrück wollte mit der “Beinfreiheit” volle Richtlinienkompetenz – und das Recht, das sagen zu dürfen, worauf er gerade Lust hat. Steinbrück hat von diesem Recht reichlich Gebrauch gemacht.

Vortragshonorare

Soziale Gerechtigkeit! Und ein Kandidat, der siebenstellige Beträge “erredet” hat, hauptsächlich beim sozialdemokratischen Feindbild –  Banken, der Finanzindustrie und anderem betuchten Publikum.  Solche lukrativen Nebenjobs sind moralisch für einen Kandidaten, der für die SPD Kanzler werden will, eine schwere Hypothek.

“Heuschrecke” als Berater

Der Buchautor, Unternehmer und Kunstmäzen Roman Maria Koidl sollte als Online-Berater für Steinbrücks Wahlkampf Erfolge planen. Der Österreicher war in der Vergangenheit Berater für einen Hedgefonds, die in der SPD als „Heuschrecken“ verteufelt werden.

Kanzler-Gehalt

Steinbrück findet, dass man den Sparkassendirektor für sein Gehalt beneiden kann. Vor allem, wenn man Regierungschef ist. „Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin“, sagte Steinbrück im Dezember 2012.

Faktisch ist die Aussage richtig, doch inhaltlich liegt vermutlich das Gehalt eines Sparkassendirektors zu hoch, nicht das der Kanzlerin zu niedrig.

Pinot Grigio für 5 Euro – das Glas!

In einer Diskussion um das Thema Kindergeld sagte Steinbrück, schon eine Erhöhung um zehn Euro würde den Staat eine Milliarde kosten. Den Wert von zehn Euro rechnete er dann auf seine Art um. Das seien zwei Schachteln Zigaretten oder zwei Pinot Grigio, sagte er und präzisierte: „Also zwei Gläser Pinot Grigio. Eine Flasche, die nur fünf Euro kostet, würde ich nicht kaufen.“

Und wieder das gestellte Bild! Solidarität und soziale Gerechtigkeit passen nicht zum Kandidaten Steinbrück. Sein Wählerklientel genießt vermutlich mit ungeschmälerter Fröhlichkeit einen Pinot Grigio für 5 Euro die Flasche. Und wieso sollte man das kritisieren.

Thyssen-Krupp und niedrige Strompreise

Ein Zeitungsbericht zeichnete ein Bild einer Aufsichtsratsitzung von Thyssen-Krupp, wo Herr Steinbrück Mitglied ist, sorgte für Unmut. Der SPD-Kanzlerkandidat soll Anfang 2012 in einer Sitzung politische Hilfe für niedrigere Strompreise des Industriekonzerns in Aussicht gestellt haben.

Wohnzimmer-Gespräche bei den Sozen

Was kommt denn besser als wenn die große Politik im Wohnzimmer des kleinen Mannes zuhört. So dachten sich das auch die Wahlkampfleitung Steinbrücks. Das Rezept dafür: “Wohnzimmergespräche”. Doch kaum hatte der SPD-Kanzlerkandidat die Besuchsreihe initiiert, stellte sich heraus, dass Herr Steinbrück mit Kuchen und Entourage ausgerechnet die Eltern einer ehemaligen Mitarbeiterin von SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil besucht hatten.

Peerblog

Der Peer Steinbrück folgte dem Rat seiner Kommunikationsberater: Er müsse auch im Internet Präsenz zeigen. Mit unbekannten Financiers mit rund 100.000 Euro Kapital wollten einige SPD-nahe Unternehmer mit einem unabhängigen Weblog Herrn Steinbrück beim Wahlkampf helfen. Der Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung beendete das Konstrukt innerhalb weniger Stunden. Das Peerblog wurde unter Hinweis auf “Hacker-Angriffe”, die der Webhoster allerdings nicht bestätigen konnte, wieder vom Netz genommen.

Merkels Sympathie-Vorsprung

“Angela Merkel ist beliebt, weil sie einen Frauenbonus hat”, sagte Steinbrück in einem Interview mit der Sonntagszeitung der F.A.Z. Damit attestierte Steinbrück der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Sympathievorsprung. Das klang und klingt nach einer billigen Ausrede für bevorstehende Ergebnisse, ist aber auch wenig feinfühlig in einer Zeit, in der “Gender Gap” und die Bemühungen von Eltern den Einklang von Beruf und Familie irgendwie hinzubekommen.

Italienische Clowns

Mit Äußerungen zum Wahlausgang in Italien provozierte Steinbrück einen handfesten diplomatischen Eklat. Bei einer SPD-Veranstaltung – wieder unter dem Titel “Klartext” – sagte er, er sei bis zu einem gewissen Grad entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen hätten. Damit spielte er auf das Abschneiden des früheren Regierungschefs Berlusconi und des Spitzenkandidaten der Protestbewegung “5 Sterne”, Grillo, an. Italiens Staatspräsident Napolitano sagte wegen der Äußerungen ein Abendessen mit Steinbrück ab. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Oppermann vertrat dagegen die Ansicht, Steinbrück habe es auf den Punkt gebracht. Man dürfe doch politische Ereignisse auch noch politisch kommentieren, wenn man Kanzlerkandidat sei.

Die Aussage von Thomas Oppermann, dass solche Aussagen ein Kanzler Steinbrück nicht treffen würde, ist besonders blamabel. Gerade ein Wahlkampf soll doch zeigen, wie sich der zukünftige Amtsträger verhalten würde und welchen Kanzler die Wähler mit ihrer Stimme wählen. Dafür gibt es doch die Kanzlerkandidatur, inkl. des zeitlichen Vorlaufs von einigen Monaten. Da hat jemand die Welt noch nicht verstanden!

Lesenswert hierbei ist auf jeden Fall dieser Beitrag im Cicero: 

Steinbrück ist inzwischen gefangen in einer „Pipi-Scheiße-Kacka“- Endlosschleife, die er – aus der Not eine vermeintliche Tugend machend – als „Klartext“ präsentiert [weiterlesen auf cicero.de]

Gestern bei Anne Will schlängelte sich Herr Steinbrück durch die Fragen. Als “Klartext” beschreibt die SPD nun die Veranstaltungen, bei denen Herr Steinbrück seine Sicht auf die Herausforderungen dieser Welt von sich gibt. Auf die Fragen, wie hoch und wer überhaupt zukünftig besteuert werden wird, blieb er eine Antwort schuldig. Also kein Klartext. Eine Aussage zur Agenda 20010 gab es:

Ich bin stolz auf die Agenda, sie hat dieses Land fit gemacht

Und weil er so stolz ist, will er Deutschland deutlich weiter nach Links verschieben. Klingt unlogisch. Seine Aussage:

Wir brauchen eine gerechte Besteuerung! Starke Schultern müssen auch mehr tragen

Das ist wieder so eine sozialdemokratische Chiffre. Schon heute ist es doch so, dass durch die progressiven Steuerklassen die Besserverdienenden einen deutlich höheren Beitrag leisten, als diejenigen, die weniger verdienen. Und Bei Frau Will in der Sendung druckste Herr Steinbrück rum, wer denn aus Sicht der Sozialdemokraten alles vermögend ist. Sind es Jahreseinkommen von 64.000 Euro/brutto oder erst bei 100.000 Euro? Viele werden große Augen machen, dass sie als reich und vermögend eingestuft werden. Und alles im Namen der Gerechtigkeit!

Instrument “Klartext”

Das Instrument “Klartext” ist also eine der Not der vielen Fettnäpfe folgender Rahmen, der suggeriert, nur hier findet man ehrliche und ungefärbte Aussagen, was richtig und wichtig ist. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass ein Kanzler ein gewisses Maß an Empathie und Diplomatie dringend braucht. Jedem mit Anlauf ans Knie zu treten, wird Innen- und Außenpolitisch wenig erfolgreich, vermutlich sogar schwerwiegend negativ enden.

Das war mein Senf zur Causa Fettnapf. Wünsche gute Zeit und bleiben Sie frohen Mutes.

Update 10. April 2013

“Das WIR entscheidet”

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Einer der meisten Witze, die ich in den letzten Tagen zu diesem Slogan gelesen habe, war der “Das WIR entscheidet – und DU bezahlst”. OK, geschenkt. Aber dennoch gut ist der nächste Fettnapf. “Ausgerechnet” will man gerne sagen, ja, ausgerechnet die Firma Propartner, eine Leiharbeitsfirma, nutzt den neuen Wahlkampf-Gassenhauer der SPD schon lange für sich und ihre Dienstleistung. Dabei fordert die SPD, als Partei der sozialen Gerechtigkeit, im Wahlprogramm die Eindämmung der Leiharbeit. Das Unternehmen Propartner kündigt bereits an, nicht rechtlich gegen die SPD vorgehen zu wollen. Dies kredenzt die Firma mit dem Hinweis, “dass Leiharbeit offenbar nicht so schlecht sei” ;)

Beste Grüße

Marcus Reif

Creative Commons Quelle des Bildes unter Creative Commons: http://www.flickr.com/photos/spdhh/8182447731/sizes/l/in/photostream/

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