Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Mit meinen schlechten Noten von damals verdiene ich heute mein Geld

Nein, Sie erwartet keine neue Querele über Menschen, die Potenzial in zwei Minuten erkennen, oder die reine Personal-Auswahl nach Noten. Mir geht es eher um eine andere Perspektive. Was war in der Schule relevant für meinen heutigen Job aus dem Blickwinkel mit 20 Jahren Berufserfahrung? Sehr gute Frage. Ich habe mit zu dem reißerischen Titel “Mit meinen schlechten Noten von damals verdiene ich heute mein Geld” hinreißen lassen, weil manche meiner Noten schlechter als “1” heute eher zu meinen Stärken zählen. In der deutschen Wirtschaft wird hauptsächlich biografieorientiert interviewt und eingestellt. Und da gab es sicherlich einen Zeitpunkt, der den Zyklus aus guten Noten, die einen guten Abschluss bedeuten, der zu einem guten Studienplatz führt, oft auch an renommierten Hochschulen und Universitäten, was wiederum den Berufseinstieg begünstigt. Diese Lesart war konsequent und richtig zu einer Zeit, in der Absolventen sich um wenige gute Jobs rangen. Heute ringen gute und sehr gute Arbeitgeber um die besten Absolventen, auch die Absolventen haben eine sehr gute Chance auf Jobs, die früher nur für die typischen A-Kandidaten mit einser Abschluss, einser Abitur etc. greifbar waren. Was ist “bester” Absolvent, wo beginnt “gut”? Sie sehen, hier gibt es Erklärungsbedarf. Und meist folgen die Aussagen “Top-Kandidat” einem reinen Bauchgefühl und eher subjektiven Kriterien.

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Was haben diese Personen gemeinsam?

Famous people

Lassen Sie sich Zeit. Denken Sie sich zu jeder einzelnen Person ein paar Adjektive. 

Gehen wir mal durch die Attribute durch:

Alle sind sehr bekannt. Erfolgreich. Charismatisch. Meinungsstark. Fesselnd. Zugegeben, einige auch polarisierend. Und, darauf will ich hinaus: wären diese Personen heute 21 Jahre alt mit ihrem faktischen Bildungsstand ein aktueller Bewerber bei Ihnen im Unternehmen – Sie würden sie allesamt absagen. Weshalb? Keine linearen Biografien, keine keimfreien Lebensläufe. Sitzen geblieben, nicht studiert oder Studium abgebrochen, eine 6 in Deutsch, Mathe, Englisch etc. Alle haben “krumme” Lebensläufe, die überall dort auf dem Stapel C landen, wo noch biografieorientiert selektiert wird. 

Aber, wir hätten erkennbar Menschen aussortiert, die eine einzigartige Karriere vor sich hätten. Wie viele große Karrieren ermöglichen wir explizit nicht, weil wir nach Biografie und nicht nach Potenzial einstellen? 

Noten haben eine schlechte Prognose-Wahrscheinlichkeit für gute Performance Klick um zu Tweeten

Attribute erfolgreicher Karrieren 

Wir müssen umdenken, dazu blogge ich ja seit Jahren und verschreibe mich dieser Mission. Diese bemerkenswerte Liste an sehr bekannten und erfolgreichen Persönlichkeiten steht nicht im Widerspruch zu ihren mittelmäßigen schulischen und/oder akademischen Leistungen. Der traditionelle akademische Fokus auf Disziplin, Genauigkeit und Erfolg sowie Normalität ist in vielen Fällen nicht mehr zeitgemäß. Denn es gibt gute Gründe, warum gerade Nicht-Musterschüler später die erfolgreicheren Menschen werden. Schauen wir uns nur mal einige dieser Argumente an:

  1. diese Menschen haben Stehvermögen (sie geben nicht auf; scheitern ist keine Option)
  2. sie denken “from the outside in” – was bedeutet, sieht man am Beispiel Steve Jobs. Er entwickelte seine Produkte mit dem Blick auf das, was morgen State of the art sein wird
  3. sie sind führungsstark, können Entscheidungen treffen und dabei andere mitnehmen 
  4. sie lernen jeden Tag und entwickeln sich weiter
  5. sie können in verschiedene Persönlichkeitsmodelle springen und haben eine hohe emotionale Intelligenz 
  6. sie sind keine Micromanager (der Blick auf die perfektionistische Detailebene grenzt zu sehr den Weitblick ein)
  7. sie sind kombinatorisch und können logisch denken 
  8. sie sind kreativ 

Überprüfen Sie mal ganz objektiv, ob Sie auch nur eine der oben genannten Personen verlässlich zu einem Interview eingeladen hätten. Ich bin ziemlich sicher, dass Ihre Selektionskriterien hier zu einer negativ assoziierten Auswahl geführt hätten. Gehen Sie doch mal ein Stück weiter. Machen Sie mal “Mysterie-Applying” mit besonders zusammengestellten Lebensläufen, beispielsweise Ihrer Top-Führungskräften und High-Performern. Nehmen Sie deren Biografien, dichten Sie diese um in einen typischen Bewerber im Alter von 20-24 Jahren, bewerben Sie sich regulär bei Ihrem eigenen Unternehmen damit und warten mal ab. Und ich bin sicher, Sie haben nach diesem Live-Test eine andere Sicht auf die Funktionalität Ihrer Personalauswahl. 

Eignungsdiagnostik notwendig

Das aus Sicht vieler Experten zu beklagendes Manko ist, dass wir kein potenzial- und talentorientiertes, sondern ein abschlussorientiertes Bildungssystem haben. Die Personalauswahl findet anhand der Biografie statt, was schon recht dysfunktional ist, zuweilen sogar notenorientiert, was aus meiner Sicht gar keine günstige Performance-Prognose für die nächsten fünf Jahre zulässt. 

Was sind heute meine Stärken? Führung. Darüber hinaus bin ich ein sehr rationeller und analytischer Mensch. Der Umgang mit Zahlen, die Einschätzung und Erkenntnisse daraus fallen mir recht einfach. Auch der Umgang mit anderen Kulturen, unterschiedliche Sprachen und das Einstellen auf andere liegt mir. Ziehe ich meine biografischen Daten zu Rate, kann man diese Dinge nicht belegen. Nehme ich übliche Persönlichkeitsmodelle, wie bspw. DISC, Social Styles, Myers Briggs, erhalte ich eine ganz andere Darstellung meiner Kompetenzen und Potenziale. Für mich ist das ein Beispiel, weshalb Eignungsdiagnostik einen viel größeren Raum in der Auswahl von Menschen und Beurteilung deren Fähigkeiten einnehmen muss. 

Werte und Ideen?

Besser als gute Noten sind doch erfolgreiche Gedanken, oder? Helfen uns nicht die besten Ideen dabei, eine gute Karriere zu machen? Sind nicht Werte, wie Integrität, Loyalität, Zuverlässigkeit und Leidenschaft für den Job die Elemente, die eine gute Karriere ausmachen? Sind das nicht auch die Elemente, die in einem modernen Leistungsbeurteilungsprozess betrachtet werden? Performance-Management ist ja viel mehr in den Dimensionen Entschlossenheit mit Handlungs- und Umsetzungsorientierung, Konfliktbereitschaft und Durchsetzungsfähigkeit; Antrieb, Interaktionsfähigkeit mit Teamkompetenz, Empathie, emotionaler Intelligenz und Kontaktfreude; Neugierde mit Offenheit und Wissbegierde sowie kognitives Vermögen mit Mindset und Outside-in-Denken aufgehoben. Nicht ausschließlich, aber mindestens in diesen Dimensionen sollte eine Leistung über eine zeitliche Periode hinweg gemessen werden. 

All das sind wieder Dinge, für die man keine Noten in der Schule bekommt, die man weder im Zeugnis, noch im Lebenslauf findet. Weshalb also schauen wir uns so intensiv genau diese Sachen für eine Vorab-Selektion an? Die üblichsten Instrumente der Selektion sind die Analyse der Bewerbungsunterlagen sowie in einem weiteren Schritt das Interview. Die Fehlerquellen anhand unserer Filter, die wir alle im Leben als Routine, Erfahrung, Werte und Überzeugungen nutzen, sind weit beschrieben. Wir verlassen uns bei Personalentscheidung zu sehr auf diese Filter und das sprichwörtliche Bauchgefühl. Das ist nicht im Kern falsch, wir brauchen dennoch einen höheren Grad der Selektionsobjektivierung. 

Deshalb meine Empfehlung: rekrutiere Haltung, Persönlichkeit und Charakter – trainiere Fähigkeiten. Das ist ein Erfolgsrezept und kein Geheimnis, wenn es darum geht, Potenzial und Talent zu erkennen, zu fördern und zu heben. Für die Kompetenzvielfalt spielt das sicherlich eine wichtige Rolle! Nichtsdestotrotz ist das eine Abkehr des Gewohnten! Nicht nur die Wirklichkeit der Lebensläufe ist einer der Veränderungsimpulse, sondern auch unterschiedliche Bedürfnisse der Generationen. 

Lebenswirklichkeit heutiger Biografien erfordert ein Umdenken bei der Personalauswahl Klick um zu Tweeten

Und deshalb mein Appell – schauen Sie nicht auf die Noten. Selbst Ihre Noten sind nicht ursächlich für Ihre eigene Karriere!

Beste Grüße 

Ihr Marcus Reif 

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