Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Vorweg einmal die Begriffserklärung: New Work/Arbeitswelt 4.0/New Work 4.0 … Meint das alles das Gleiche?

Am Ende der Reise ist das alles Semantik. Der Begriff Arbeitswelt 4.0 wird seit einigen Jahren verwendet, um die sich wandelnden Anforderungen an die Arbeitswelt zu beschreiben. Dieser Begriff wird mehr und mehr durch die populärer gewordene philosophische Betrachtung von Frithjof H. Bergmann ersetzt, der mit New Work ein Gegenmodell zum Kapitalismus schaffen wollte. Heute sind die Begriffe nahezu synonym verwendet und beschreiben den notwendigen Wandel der Arbeit, wie wir sie organisieren, die moderne Entwicklung der Führung und der Kultur von einer Input- zu einer Outputorientierung, von starren Präsenzzeiten hin zu mehr Flexibilität, von Führung durch Weisung und Kontrolle zu mehr Vertrauen und Verantwortung. Das sind Maßnahmen, um die soziale Transformation der Digitalisierung erfolgreich zu machen.

Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, flache Hierarchien… erste Schritte, aber so einfach ist es nicht, oder? Worauf kommt es an?

Natürlich auf die Mischung! Wir dürfen nicht einzelne Bausteine aus einer modernen Arbeitswelt herausnehmen und diese als alleinglückseligmachend ansehen. Ein Beispiel ist die agile Organisation. Viele hypen das nun als das Superinstrument für New Work. Skalierte Agilität ist das Zauberwort. Die Realität wird aus meiner Sicht ein hybrides Modell sein, eine Verbindung aus neuen und etablierten Formen der Arbeitsorganisation. Letztlich dürfen wir den Fachbereichen keine Lösungen versprechen, die unterm Strich nicht völlig tragen. Bei New Work geht es nicht rein um die Verkürzung von Hierarchien, agilen, holokraten oder ambidextren Organisationsformen, es geht nicht um Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit und eben nicht um weniger Wochenarbeitsstunden alleine! Wir müssen die konventionelle Organisation weiterentwickeln. Die Attribute hierfür sind Variabilität der Organisation, Flexibilität des Arbeitsmodells, Vertrauen der Führungskräfte und damit Abschied von “Command & Control” und deutlich mehr Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um sich eigenverantwortlich selbst zu organisieren. Wir brauchen neue Spielregeln, wie wir Arbeit organisieren.

Arbeitswelt: Arbeit ist das, was wir tun. Nicht mehr der Ort, zu dem wir gehen

Gutes Geld reicht also heute nicht mehr aus?

Geld wandelte sich in der letzten Dekade vom Wechseltreiber zum Hygienefaktor, was meint, dass für einen Wechsel weiche Faktoren ein deutlich höheres Gewicht erhalten. Kultur ist wichtiger als Geld. Sinn bei der Aufgabe schlägt den Firmenwagen, eine bessere Balance aus Arbeit und Leben hat eine höhere Priorität.

Was halten Sie vom Achtstundentag? Ist auch dieses Modell überholt?

Im Jahr 1930 prognostizierte der Ökonom John Maynard Keynes seinen Enkeln, sie würden in einigen Jahren nur noch 15 Stunden in der Woche mit der Arbeit verbringen müssen. Mehr wäre nicht nötig. Und es kam anders! Wir müssen den 8-Stunden-Arbeitstag abschaffen. Nur beschäftigt zu sein reicht nicht, um erfolgreich zu sein. Wir müssen viel deutlicher den Wertbeitrag messen, nicht die Zeit des Rumhockens. Nur präsent zu sein macht noch keine herausragenden Resultate! Wir klammern uns immer noch an Kontrolle – Command & Control ist das vorherrschende Führungsprinzip – und heben dabei keinerlei kreatives Potenzial, geschweige denn, wir würden Leidenschaft und Motivation hebeln. Wir lassen damit ungehobenes Potenzial liegen. Ein gutes Modell ist ein vollflexibles Arbeitszeitmodell mit einer Resultatorientierung. Das heißt, dass wir wirklich nur die Ergebnisse messen. Aber eben keine Arbeitsstunden, -tage oder -wochen.

Wir organisieren Arbeit immer noch wie vor 60 Jahren. Abschied vom 8-Stunden-Tag, der 40-Stundenwoche und Command & Control

Wo sollten Chefs anfangen, die sich zum ersten Mal mit dem Thema New Work befassen?

Zuallererst einmal Loslassen! Wenn Sie eine Modernisierung, Disruption und Innovation implementieren wollen, schielen aber immer darauf, das Maximum des Status quo zu bewahren, kommen Sie nicht besonders weit. Viele Beispiele werden derzeit in den Medien vorgestellt. Firmen, die auf eine 20-Arbeitsstundenwoche runtergehen, eine vier-Tage-Woche einführen, Führung aufs Team reduzieren, Führung demokratisch wählen lassen, Büros oder andersrum das Homeoffice abschaffen. Nichts davon wird zum Zeitgeist werden, weil es zu progressiv angesehen wird. Für die Weiterentwicklung gibt es aber schöne Denkaufgaben.

Gibt es Unterschiede zwischen den Bedürfnissen von Männern und Frauen?

Theoretisch nein, praktisch ja. Die Lebenswirklichkeit zeigt immer noch einen deutlichen Hang, dass Frauen nach der Geburt und mehrmonatiger Auszeit in Teilzeit wieder in den Job zurückgehen. Die Karrieren sind mitunter nicht mehr so schnell wie vorher, Personaler sprechen gerne von der gläsernen Decke in der Karriere der Frauen. Auch liegt die Kinderbetreuung noch im Wesentlichen bei den Müttern, auch wenn Väter immer stärker auf eine bessere Balance aus der Arbeitsbelastung und der Familienzeit drängen. Die Bedürfnisse nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind also bei Frauen stärker als bei Männern. Doch auch Väter möchten mehr und mehr Zeit mit den Kindern verbringen, ohne dass dies zu Lasten einer guten beruflichen Entwicklung geht. Auch ein Grund, nicht starr an der Präsenzzeit im Job festzuhalten.

In Deutschland gehört es immer noch zur Kultur und zum guten Ton, permanent gestresst zu sein. Ein Beweis, ein Hochleister zu sein.

Ist New Work in allen Branchen – vor allem auch im Handwerk oder der Industrie – überhaupt möglich? Wie kann das aussehen?

Nur in seltenen Fällen können Sie eine Theorie eins zu eins in die Praxis übertragen. New Work ist eine Methode, eine Art Framework mit neuer Attitüde, die man munter, vielschichtig und mutig in alle Branchen und Jobfamilien übertragen kann. Handwerker auf Montage haben andere Anforderungen an die Arbeitsorganisation als ein Wissensarbeiter mit wechselnden Arbeitsorten. Der Consultant braucht eine andere Form als der kreative Agenturkollege. Doch gute und moderne Führung, eine wertschätzende und Freiraum gebende Kultur sind universell und adaptiert in allen Beispielen nötig. Wir gehen vom Management zum Leadership!

Quelle: Zeitungsbeilage der Ems-Achse mit einer Auflage von 10.000 Stück

Beste Grüße

Marcus K. Reif

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