Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Vor nicht mal drei Wochen hatte ich einen Beitrag gebloggt zum der Niedergang der Print-Medien und die Erosion der Print-Stellenmärkte. Nun wird dieses Thema einer breiteren Leserschaft dargebracht, weil die altehrwürdige Frankfurter Rundschau – immerhin seit 1. August 1945 am Markt aktiv – nun Insolvenz angemeldet hat. Seit 1946, in diesem Jahr stieg der Sozialdemokrat Karl Gerold bei der FR ein, ist die Frankfurter Rundschau als linksliberales Medium bekannt und geschätzt. In Frankfurt, führende Zeitungsstadt Deutschlands, ist die FR eine hoch geschätzte Publikation. Die finanziellen Schwierigkeiten gibt es nicht erst seit heute. Seit über 10 Jahren wird an den ökonomischen Herausforderungen gedoktort. Als im Jahr 2004 die SPD-Medienholding DDVG einstieg, war der Aufschrei groß – Stichwort: “Woody, der Unglücksrabe” und die “abhängige” Tageszeitung, siehe Berichte unter [1] und [2]. Als Mitte 2006 der Verlag M. DuMont Schauberg einstieg und im Verlauf die überregionale Redaktion mit der Berliner Zeitung zusammenlegte, gab es wieder Protest. Manager, Redakteure und CVDs kamen und gingen, eine klare Linie und Strategie war über Jahre hinweg nicht zu erkennen. Von der Auflage von mehr als 400.000 Exemplaren zu Gründungszeiten hatte die Frankfurter Rundschau letztlich nur noch eine gemeldete Verkaufszahl von knapp 118.000 Exemplaren. Ein leider nicht ganz beispielloser Niedergang, der auch andere Print-Titel trifft.

Die Gründe für die Insolvenz werden derzeit etwas sehr monothematisch auf die darbende Print-Medialandschaft mit Anzeigenrückgang, Erosion des Print-Stellenmarkts und sinkendem Abverkauf geschoben. Fakt ist allerdings, dass die erdrückende Schuldenlast der Frankfurter Rundschau eine ökonomisch sinnvolle Arbeit ohne Schuldentilgung durch einen Investor quasi unmöglich macht. Der Kapitaldienst ist zu intensiv, wird verlautet. Dies bedeutet ergo, dass die Rundschau nun für die Fehler der Vergangenheit die Rechnung bekommt. Die Geschäftsführung der Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH – unter diesem namen firmiert die Frankfurter Rundschau – hat gestern beim Amtsgericht Frankfurt am Main Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Die Hauptgesellschafter “MDS” M. DuMont Schauberg (51%-Anteil) und die SPD-Medienholding “DDVG” Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (40%-Anteil) erklärten: Eine sich nunmehr abzeichnende dauerhafte Finanzierung hoher Verluste sei sowohl für MDS als auch die DDVG nicht länger darstellbar.

Auch der Verlag Gruner+Jahr sieht bei seinen Wirtschaftsmedien dunkle Wolken am Horizont. Ein Manager des Verlags wird in der F.A.Z. mit den Worten „Die Tendenz geht Richtung Schließung“ zitiert.  Die zu G+J gehörenden Wirtschaftsmedien sind u. a. die „Financial Times Deutschland“ (FTD), „Capital“, „Impulse“ und „Börse Online“. Das größte Sorgenkind ist die „FTD“, die seit ihrer Gründung vor rund elf Jahren kein Geld verdient hat und in diesem Jahr einen Verlust von mehr als 10 Millionen Euro erwartet, der sich auf rund 250 Mio. Euro seit Start der Zeitung summiert. Hatte ja, siehe unten, auf die hohen Produktions- und Logistikkosten einer überregionalen Qualitätszeitung hingewiesen, was eine kurzfristige Rendite quasi ausschließt.

Ich erinnere mich noch gut an die Gespräche bei der FR. Als mein Projekt bei der F.A.Z. abgeschlossen war, stand ich vor der Entscheidung zu einer Unternehmensberatung zu wechseln oder ein vergleichbares Projekt für die Rundschau zu übernehmen. Die Wahl zwischen Cord-Sakko und Nadelstreifen führte mich dann doch nach Kronberg zu Accenture ;) Das Gespräch fand damals in den wirklich charakterhaften Räumlichkeiten am Eschenheimer Turm statt. Räume, Gänge, Verlagsleute und Redakteure hatten das Unverkennbare. Die FR stand und steht für einen gewissen Ethos und politische Auffassung. Eine publizistisch vernehmbare Stimme in der Welt der Zeitungen.

Fazit

Das Fazit bleibt:  Die Erosion der Printmedien schreitet weiter und drastisch voran. Innovationskraft der Herausgeber und Verlage reicht nicht aus, diesen Trend umzukehren. “Frankfurter Rundschau”, “FTD”, “Life” und “Newsweek” sind nur die Vorboten. Ich erwarte eine zunehmend intensive Diskussion über “Paid Content” und die Bezahlschranke für Journalismus im Internet. Und dabei prophezeie ich eine Beschleunigung des Zeitungssterbens. Denn so einfach wird eine Debatte über den Innovationsmakel der Zeitungen nicht zu führen sein.

Aus Aktualität verweise ich dann gerne auf meine Betrachtung im letzten Blog-Beitrag:

Finanzierungsmodell der Zeitungen passé

Die populären Zeitungen finanzier(t)en sich über ein dreisäuliges Modell. Anzeigen-/Werbeerlöse, Einzel- und Abonnentenverkauf sowie Stellenmarkt-Erlöse. Durch die Erosion der Stellenmärkte hin zu und in die digitale Medien entfällt faktisch eine der drei Säulen. Bei manchen Printmedien entsprach diese Säule allerdings gut der Hälfte der Gesamterlöse. Die Einzelverkaufs- und Abonnementerlöse decken heutzutage nicht mal mehr die Logistikkosten für die Distribution der Zeitungen an sich. Für eine große Zeitung sind dies rund 1 Mio. € pro Tag (!). Grob kalkuliert bedeutet das für eine Zeitung mit 400.000 Auflage und einem Einzelverkaufspreis von 2,20 € Kostenunterdeckung in Höhe von rund 100.000 € am Tag. Somit werden Zeitungen viel krisenfühliger und anfälliger für die Zyklen der geschalteten Werbung. Die Kosten, insbesondere Logistik und Produktion, sind völlig vom Wirtschaftszyklus und den Werbemaßnahmen entkoppelt.

Alles in allem liegt es aus Perspektive der Newsweek nahe, das kostspielige Modell der Print-Produktion als Medium mit der untrennbaren Distribution zur Disposition zu stellen. Was nicht nahe liegt, ob das Geschäftsmodell per “Lift & Shift” auf das Internet zu übertragen ist. Manche Studien bescheinigen, dass die digitale Variante des Qualitätsjournalismus nur in Kombination mit dem eigentlichen Print-Medium zu betreiben ist. Dafür spricht, dass Spiegel, Focus, F.A.Z. viele Doppelabonnenten oder Konsumenten haben, die die digitale Variante und die gedruckten konsumieren. Gesetzt den Fall, diese Hypothese stimmt, wird es 2014 schon wieder eng für “Newsweek Global”.

Mehr dazu unter der Niedergang der Print-Medien und die Erosion der Print-Stellenmärkte

Die Tageszeitung in der Krise

Die Grafik zeigt ausgewählte Kennzahlen zu Tageszeitungen in Deutschland.

Beste Grüße

Marcus Reif

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