Willkommen auf dem Blog von Marcus K. Reif | Meine Arbeit gibt Ihnen Zeit für Ihre!

Habe das mal auf meinem Blog als Crosspost eingebunden. Erschien eben auf dem Personalblog.

Wie gewohnt schaue ich mir zwei Mal im Jahr die Print-Auflage des Stellenmarkts der F.A.Z. an. Als ehemaliger Projektleiter des F.A.Z.-Online-Stellenmarkts verliere ich mein Faible und die Wertschätzung für die beste deutsche Tageszeitung und den bedeutendsten Print-Stellenmarkt für Fach- und Führungskräfte nicht. Jeden Samstag twittere ich die Anzahl der Stellenmarkt-Seiten.

Ich hatte mich immer gegen die Prognosen gewehrt, dass die Online-Stellenmärkte die Print-Stellenmärkte vollständig substituieren. Während in den wirtschaftlichen Spitzenjahren die Auflage großer Zeitungen selbst anzeigenproduktionstechnische Grenzen überschritten (April 2000, F.A.Z. mit 280 Seiten Stellenanzeigen), sind wir doch heute meilenweit von diesem Niveau entfernt.

Finanzierungsmodell der Zeitungen passé

Die populären Zeitungen finanzier(t)en sich über ein dreisäuliges Modell. Anzeigen-/Werbeerlöse, Einzel- und Abonnentenverkauf sowie Stellenmarkt-Erlöse. Durch die Erosion der Stellenmärkte hin zu und in die digitale Medien entfällt faktisch eine der drei Säulen. Bei manchen Printmedien entsprach diese Säule allerdings gut der Hälfte der Gesamterlöse. Die Einzelverkaufs- und Abonnementerlöse decken heutzutage nicht mal mehr die Logistikkosten für die Distribution der Zeitungen an sich. Für eine große Zeitung sind dies rund 1 Mio. € pro Tag (!). Grob kalkuliert bedeutet das für eine Zeitung mit 400.000 Auflage und einem Einzelverkaufspreis von 2,20 € Kostenunterdeckung in Höhe von rund 100.000 € am Tag. Somit werden Zeitungen viel krisenfühliger und anfälliger für die Zyklen der geschalteten Werbung. Die Kosten, insbesondere Logistik und Produktion, sind völlig vom Wirtschaftszyklus und den Werbemaßnahmen entkoppelt.

Alles in allem liegt es aus Perspektive der Newsweek nahe, das kostspielige Modell der Print-Produktion als Medium mit der untrennbaren Distribution zur Disposition zu stellen. Was nicht nahe liegt, ob das Geschäftsmodell per “Lift & Shift” auf das Internet zu übertragen ist. Manche Studien bescheinigen, dass die digitale Variante des Qualitätsjournalismus nur in Kombination mit dem eigentlichen Print-Medium zu betreiben ist. Dafür spricht, dass Spiegel, Focus, F.A.Z. viele Doppelabonnenten oder Konsumenten haben, die die digitale Variante und die gedruckten konsumieren. Gesetzt den Fall, diese Hypothese stimmt, wird es 2014 schon wieder eng für “Newsweek Global”.

Im Jahr 2011 war der Schnitt des Print-Stellenmarkts der F.A.Z. – über vier Monate gemessen – bei 17 Seiten Stellenanzeigen. Übers Jahr verteilt hat sich der Print-Stellenmarkt nun auf 13,73 Seiten im Schnitt reduziert. Das ist eine Abnahme von rund 20 %. Im ersten Halbjahr 2012 landete der Print-Stellenmarkt nun bei durchschnittlich 11,73 Seiten Stellenanzeigen pro Wochenausgabe (samstags). Dies entspricht einer Abnahme von weiteren über 14 %.

Stellenmarkt der F.A.Z.: im Schnitt 11,73 Seiten pro Samstagsausgabe

Epochenwechsel und Zukunft der Printmedien am Beispiel Newsweek

oder wie die Print-Medien sich verändern werden.

Eine Institution verschwindet vom Markt. Die Wochenzeitung “Newsweek”, ein politisches Magazin in den USA,  stellt seine Print-Ausgabe zum Ende des Jahres ein. Dass auch die hiesige Print-Medienlandschaft mit erodierenden Auflagenzahlen und schwindenden Umsatzerlösen, insbesondere durch den Wegfall der Hauptsäule “Stellenmarkt”, zu kämpfen hat, ist evident. Die einzigen Publikationen mit Wachstum sind die Wochenzeitungen. Gerade die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat wieder einen Auflagensprung der verkauften Auflage verkündet, einhergehend mit weiterhin rückläufiger Auflage für die Tageszeitung Frankfurter Allgemeine. Die Ubiquität der Informationen über das Internet, die hohe Durchdringung der Leserschaft mit Smartphones und Tablets, die veränderten Lese- und Konsum-Usancen tun ihr Übriges.

Das legendäre Blatt Newsweek wurde Opfer der digitalen Revolution. Sein Niedergang zeigt die Krise einer ganzen Branche. Der Trend ist überall gleich. Kostensenkungsprogramme gehen mittelbar oder unmittelbar merklich zu Lasten der Qualität. Irgendwann ist die Auflage auf ein Niveau gesunken, wo selbst die Frequenz der Auflagen zur Disposition steht. Also Erscheinungsweise nicht mehr täglich an sechs Tagen in der Woche, sondern nur noch an einzelnen Wochentagen. Am Ende ist die eingestellte Print-Variante der Newsweek nichts anderes als ein Kulturverlust vieler Generationen. Das Internet und die Online-Ausgabe von “Newsweek Global” werden weder die Haptik, Hintergründigkeit noch das Flair und den Charakter einer gedruckten Ausgabe ersetzen.

Newsweek ab Januar nur noch digital

Nach fast 80 Jahren wird die gedruckte Ausgabe der Newsweek eingestellt. Nur wenige Verlage gehen diesen durchaus mutigen Weg. Der erste Schritt ist sicherlich der schwierigste. Künftig erscheint die Newsweek – wie auf der Internetseite zu lesen ist – zu einem Bezugspreis im Abonnement von 2,99 $/Monat. Natürlich sind die Grenzkosten für eine Tageszeitung ungleich höher als für eine Digitalvariante. Aber 3 Dollar Bezugspreis für einen Monat – also im Schnitt 4 Ausgaben – sind doch eher sehr niedrig einzustufen. Zum Vergleich: das E-Paper der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung gibt es für 10,90 EUR/Monat im Abonnement. OK, das Niveau der beiden Blätter kann man nicht vergleichen. Aber selbst die Bild am Sonntag verlangt 1,70 €/Ausgabe, bei vier Ausgaben im Monat sind dies 6,80 €.

Newsweek kam zuletzt auf 1.527.156 verkaufte Auflage. Der Konkurrent “Time” erreicht 3.276.822 verkaufte Exemplare. Als Begründung für die finanzielle Unterdeckung der letzten vier Jahre nannte Newsweek-Chefredakteurin Tina Brown die schlechte Anzeigensituation im Print-Geschäft.

Bezahlschranke bei Nachrichten

Aktuell wurde auf den Medientagen in München – wiedermal – über die Bezahlmöglichkeiten für Journalismus im Internet debattiert. Nicht zum ersten Mal prophezeien die Verlagsmanager von Welt, F.A.Z. und Süddeutsche, dass das digitale Abonnement unausweichliche Zukunft des Online-Journalismus ist. Die Vorgenannten Gründe machen diesen Schritt logisch, aber nicht zwingend. Bemerkenswert ist, dass in dieser Auflistung der Wegezollforderer der Spiegel fehlt. Mathias Müller von Blumencron hat frühzeitig die Chancen für den Spiegel im Internet erkannt und heute ist Spiegel.de absoluter Marktführer mit einem allseits geschätzten Angebot.

Dieses Zitat wollte ich gerne noch teilen:

Tobias Trevisan, Sprecher der FAZ-Geschäftsführung, bekräftigte, “selbstverständlich” wolle die FAZ die Schranke einführen. Qualitätsjournalismus im Netz sei langfristig nicht allein über Werbung finanzierbar

Der Spiegel zeigt, dass es doch geht. Und die F.A.Z. bleibt leider unerreicht im Verpassen von Marktchancen.

Thesen zur Zukunft der Print-Medien

  • die Erosion der Print-Auflagen wird überproportional zunehmen
  • das Zeitungssterben wird zunehmen, insb. bei Tageszeitungen
  • Wochenzeitungen werden Auftrieb und stärkere Auflagen erhalten
  • Tageszeitungen scheitern am Kostendruck und den Kostensenkungsprogrammen
  • Herausgeber, Verlage und Redaktionen verstehen die Möglichkeiten des Internets zu wenig, daran scheitert das Geschäftsmodell
  • Angst vor der Kannibalisierung des Print-Geschäfts durch eigene Online-Ableger verhindert Erfolg im Internet und beschleunigt das Ende der eigenen Zeitung
  • Fach- und Führungskräfte-Stellenmarkt hat keinen Marktführer mehr
  • und Bezahlmodelle für das redaktionelle Angebot sind und bleiben eine Chimäre

Das Fazit bleibt aber. Die Erosion der Printmedien schreitet weiter und drastisch voran. Innovationskraft der Herausgeber und Verlage reicht nicht aus, diesen Trend umzukehren. “Life” und “Newsweek” sind nur die Vorboten. Und die Erosion insbesondere des F.A.Z.-Print-Stellenmarkts am Samstag zeigt die Entwicklung in aller Dramatik. Während die F.A.Z. über Jahrzehnte lang die Marktführerschaft als Stellenmarkt für Fach- und Führungskräfte inne hatte – mühevoll von der Welt abgerungen -, ist davon heute keine Rede mehr. Im Grunde weiß ich als Fach- und Führungskraft gar nicht mehr, welches “mein” führender Stellenmarkt ist.

Interessante Frage: gibt es eine Korrelation zu Online-Stellenmärkten? Werden Online-Stellenmärkten sich und ihr Portfolio aufwerten können durch eine Bezahlschranke? Das könnten wir Personalblogger mal beleuchten.

Beste Grüße

Marcus Reif

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